Das Kraftwerk ist das Herzstück des Industrieparks Weinheim. Es arbeitet auf Basis der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK), wodurch es einen sehr hohen Primärenergienutzungsgrad von bis zu 85 Prozent erreiche. Betrieben wird es von der Freudenberg Service KG, die 40 im Industriepark zwischen Dämmen angesiedelte Produktions- und Dienstleistungsgesellschaften pro Jahr mit 100 Mio. kWh Strom versorgt, was etwa dem Bedarf von 30000 Privathaushalten entspreche. Die produzierte Wärmemenge liege bei 300 Mio. kWh pro Jahr.
Kälte für Fertigung und Klimatisierung
Zudem liefere das Kraftwerk im Industriepark Weinheim etwa 22 Mio. kWh Kälte jährlich. Zur Verteilung wird ein Kaltwassernetz mit einer Vorlauftemperatur von 8°C und einer Rücklauftemperatur von etwa 12°C betrieben. Die Kälteleistung wird hauptsächlich gebraucht, um Produktionsanlagen zu kühlen vorwiegend für anspruchsvolle Prozesse unter genau definierten klimatischen Bedingungen aber auch zur Klimatisierung von Büroräumen. Die Kälteerzeugung erfolgte bislang über zwei Absorptions- und zwei Kompressionskältemaschinen und bei niedrigen Außentemperaturen mittels freier Kühlung über Kühltürme.
Mit der Installation der vier neuen Kühltürme und einer zusätzlichen Kompressionskältemaschine steigerte die Freudenberg Service KG die Leistungsfähigkeit der Kältezentrale auf knapp 11 MW.
Effizienzsteigerung bei den Kühltürmen
Die neuen Verdunstungskühltürme aus glasfaserverstärktem Kunststoff weisen jeweils eine Grundfläche von 6 x 6 m aus und sind 6,70 m hoch. Jeder Turm kühle 540 m³ Wasser pro Stunde bei einer Wärmeleistung von 5 MW. Die Lieferung erfolgte über RCS Richter Consultancy & Service in Bochum.
Die neuen Kühltürme seien wesentlich effizienter als ihre Vorgänger, weshalb jetzt vier statt der bisher fünf Kühltürme ausreichen: Die neuen Türme verfügen über wesentlich bessere Ventilatoren und Kühlwaben, erläutert Kai Randoll, Leiter Technik und Instandhaltung des Bereichs Energie der Freudenberg Service KG. Drei Türme werden im Dauerbetrieb genutzt. Der vierte Turm komme bei Spitzenlastbedarf zum Einsatz im Hochsommer ab 36 °C oder wenn einer der anderen Türme zwecks Wartung außer Betrieb genommen werden müsse. So erreichen wir maximale Flexibilität und damit hohe Versorgungssicherheit für unsere Kunden, betont Kai Randoll.
Geringere Instandhaltungskosten
Durch die größere Effizienz der Türme lasse sich das Wasser pro Jahr etwa 800 Stunden mehr als vorher ausschließlich über die Kühltürme kühlen. Diese Art der Kühlung sei bei niedrigen Außentemperaturen möglich. Dann könnten die Kältemaschinen abgeschaltet werden, was erhebliche Energiekosten einspare. Weniger Kühltürme mindern zudem die Instandhaltungskosten, zumal die neuen Türme durch Tropfabscheiderjalousien verschlossen seien. Diese würden einen Lichteinfall und damit auch das Algenwachstum vermindern. Bisher mussten wir die Türme zweimal jährlich reinigen und das Wasser behandeln. Künftig reicht eine Reinigung pro Jahr aus, erklärt Kai Randoll.
Kältemaschine mit Turboverdichter
Als Ergänzung zu den neuen Kühltürmen wurde am Jahresanfang zusätzlich zu den bereits vorhandenen Kältemaschinen eine weitere Kompressionskältemaschine mit einer Kälteleistung von 1200 kW installiert. Zum einen verzeichnen wir einen stetig steigenden Bedarf an Kälte und zum anderen brauchen wir die neue Maschine, um Leistungsspitzen abzufangen, erläutert Randoll. Die neue Maschine aus der Baureihe Quantum von Axima Refrigeration laufe daher häufig im Teillastbereich. Auch hier zeige sich ein hoher COP von deutlich über sechs.
Das Herzstück des Verdichters ist ein drehzahlgeregelter Radialturboverdichter. Die Lagerung der Antriebswelle erfolge öl-frei mit Magnetlagertechnologie. Das verhindere den mechanischen Verschleiß an rotierenden Teilen, minimiere das Ausfallrisiko und sorge für einen niedrigen Anlaufstrom. Die Verdichterwelle laufe mit 30000 bis 48000 Umdrehungen pro Minute. Zum Vergleich: Die Drehzahl von älteren Turbo-Kältemaschinen liege in der Regel lediglich zwischen 13000 und 20000 Umdrehungen pro Minute.
Die magnetische Lagerung verbrauche zudem nur 0,18 kW anstatt der bei herkömmlicher Lagerung durch Reibungsverluste üblichen 10 kW. Die Reibungsfreiheit gestatte zudem auch eine ölfreie Lagerung der Verdichterwelle und sie wirke sich auch günstig auf die Lärmemissionen aus. Es entstehen uns im Vergleich zu anderen Maschinen erheblich weniger Instandhaltungskosten, so Randoll. Zudem verbraucht die neue Hochleistungs-Kältemaschine 30% weniger Strom als die bisherigen.
Die Modernisierung rechnet sich
Die Investitionen in die neue Kältetechnik belaufen sich insgesamt auf 750000 Euro. Davon entfallen rund 450000 Euro auf die Kühltürme und rund 300000 Euro auf die Kältemaschine. Das ist gut angelegtes Geld, unterstreicht Randoll. Die zeitgleiche Erneuerung der Kühltürme habe den Vorteil, dass sich die komplexen Strukturen der Kraftwerksanlage entflechten und sich dadurch die Anlagenteile besser einzeln steuern ließen: Wir können die Anlage jetzt in Hybridfahrweise betreiben. Das heißt, je nach Bedarf und Außentemperaturen nutzen wir sowohl die Kühltürme als auch die Kältemaschinen zur Kälteerzeugung. In Übergangszeiten lässt sich durch die flexible Kombination der Anlagen stets eine wirtschaftlich optimale Fahrweise einstellen. Mit der Modernisierung der Kältezentrale werde nicht nur die Leistung und Energieeffizienz gesteigert, sie biete den Kunden im Industriepark Weinheim auch eine höhere Versorgungs- und damit auch Produktionssicherheit.
Service-Bereich eines Konzerns
Der Geschäftsbereich Service gehört zur Unternehmensgruppe Freudenberg, einem Familienunternehmen mit Aktivitäten in den Bereichen Dichtungs- und Schwingungstechnik, Vliesstoffe, Haushaltsprodukte, Chemikalien sowie IT-Dienstleistungen.
Unter diesem Dach vereinigt der Teilkonzern Freudenberg Service mit über 700 Beschäftigten verschiedene Gesellschaften wie die Freudenberg Service KG. Das Dienstleistungsspektrum des Teilkonzerns insgesamt umfasst Bereitstellung und Betrieb der notwendigen Industrieparkinfrastruktur, die Bereiche Energiedienstleistungen, Instandhaltung und Verlagerung von Maschinen und Anlagen, Serviceleistungen rund um das Gebäude, die Gestaltung von Messeauftritten und Ausstellungsräumen sowie Werksverpflegung, Gästebewirtung und Cateringservice.
Seit 1995 tritt Freudenberg Service als eigenes Unternehmen am Markt auf und erwirtschaftete im Jahr 2007 einen Umsatz von rund 116 Mio. Euro.-