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Deutsche Kälte- und klimatagung 2016 in Kassel

Neues und Bewährtes aus Theorie und Praxis

Der folgende Bericht beinhaltet ausgewählte Vorträge vorrangig aus den Arbeitsabteilungen II.2 (Anlagen und Komponenten der Kälte- und Wärmepumpentechnik) und III (Kälteanwendung). Zu Beginn des Jahres 2017 wird es wieder den kompletten Tagungsbericht als CD von der DKV-Geschäftsstelle geben, mit dem die Vorträge komplett allen Interessierten zur Verfügung stehen. Schwerpunkte der Tagung waren die Anwendung der Kältemittel mit geringem Treibhauspotenzial und die energetische Optimierung der Kreisprozesse.

R744 als Kältemittel mit Ejektor als Entspannungsorgan

Dabei spielte traditionsgemäß das Kältemittel R744 (CO2) eine große Rolle. Obwohl schon fast 30 Jahre seit der Wiedergeburt dieses natürlichen Kältemittels vergangen sind, gibt es von Jahr zu Jahr Fortschritte bei seiner Anwendung.

Manuel  Fröschle von GEA Bock stellte sich gleich zu Beginn dieser Problematik mit der Darstellung der Anforderungen an Verdichter für aktuelle R744-Anlagen. Er hob einleitend hervor, dass es sich dabei um ein Kältemittel der Zukunft handelt, während er die HFO-Kältemittel und deren Gemische als mittelfristige Lösung ansieht. Im Fokus der R744-Anwendung stehen dabei Booster-Anlagen für die Supermarktanwendung mit Tief- und Normalkühlbedingungen mit Wärmerückgewinnung bzw. Wärmepumpenfunktion. Die Effizienzsteigerungen werden erreicht durch verlustarme Leistungsregelungen, wassergekühlte Gaskühler, Unterkühler, Anwendung der Parallelverdichtung und Einbindung von Ejektoren bzw. arbeitsleistenden Entspannungsorganen. Die Verdichter werden diesen Anforderungen gerecht durch Ansteuerung über Frequenzumrichter mit Antriebsfrequenzen von 20 bis 70 Hz und mit einem zuverlässigen Ölmanagement. Liefer- und Gütegrade der Verdichter können durch Parallelverdichtung um bis zu 10 Prozent und durch Ejektoranwendung um weitere 10 Prozent an-gehoben werden.

Mit der Anwendung von Ejektoren in R744-Supermarktanlagen befasste sich Armin Hafner von NTNU und SINTEF in Trondheim, indem er ein norwegisches Forschungsprojekt zur Schaffung einer Standardlösung mit Parallelverdichtung und Ejektor vorstellte. Dazu wurde ein Prüfstand zur Simulation vor normalen Lastzyklen im Supermarkt geschaffen, wobei der Verdichter stufenlos drehzahlregelbar ist und sowohl trans- als auch subkritisch betrieben werden kann. Die Anpassung der Ejektoren an das Leistungsspektrum erfolgt durch mehrere parallel arbeitende Ejektoren in einem Multiejektorblock, der auch mit Drucksensoren ausgestattet ist, um die Betriebszustände zu erfassen. Dieser als sehr komplex zu bewertende Prüfstand verspricht ein reales Testen der zukünftigen Anwendungen hinsichtlich Systemkonfiguration, Komponentenauswahl und Regelstrategie. Mit der Einbindung der Klimatisierung des Supermarktes im Sommer durch den Parallelverdichter erschließt sich nach Aussage des Referenten ein wesentlicher Vorteil des Parallelverdichtungssystems.

In einem weiteren Vortrag widmete sich Hafner der Anwendung eines Ejektors in einer R744-Bahnklimaanlage. Ausgangspunkt der Überlegungen ist dabei die Ablösung der bisher dominierenden Kältemittel R134a und R407C sowie der überwiegend elektrischen Widerstandsheizung. Bisherige vereinzelte Anwendungen mit Wärmepumpenschaltung sind auf wenige Grad Celsius unter dem Gefrierpunkt begrenzt. Mit der neuen, vom Kühlen auf Heizen umschaltbaren und mit Ejektor ausgestatteten Anlage wird die Energiebilanz eines Eisenbahnwagens deutlich verbessert und die Wärmepumpenanwendung kann bis auf 25 °C ausgedehnt werden, was insbesondere für die Anwendung in Norwegen bedeutend ist. Die Versuchsanlage wird bei Faiveley Transport gebaut und erprobt, die Anlagenerprobung erfolgt auf einem FLIRT-Zug bei der norwegischen Bahn. Ein hoher Gütegrad gewährleistet vor allem eine Minderung der Verdichteraufnahmeleistung, d. h. eine Entlastung des Verdichters durch Erhöhung des Saugdruckes. Vorausberechnungen des Leistungsverhaltens ergeben, je nach Betriebspunkt, COP-Verbesserungen von 5 bis 10 Prozent. Die Einsatz-Erprobung wird demnächst beginnen und durch die Ausstattung mit entsprechender Messtechnik kann die Verifizierung der Vorausberechnungen erfolgen. Eine Besonderheit der Anlage ist die Verwendung eines Druckausgleichsbehälters zur Begrenzung des Stillstandsdruckes.

Jonas Schönenberger von Frigo-Consulting stellte ein R744-Booster-System für Supermärkte zum Heizen und Kühlen mit Ejektoranwendung vor. Die Einbindung der Heizung im Winter erfolgt bei 40 °C, wodurch aber der Treibdruck für den Ejektor nicht ausreicht. Deshalb erlaubt die Schaltung die Anhebung des Treibdruckes auf 80 bar. Die Heizung ist dabei so ausgelegt, dass sie über die Abwärmenutzung hinaus den gesamten Wärmebedarf des Marktes abdeckt. Dazu ist in Wärmepumpenschaltung ein zusätzlicher Außenverdampfer vorgesehen. Das Optimierungspotenzial solcher Anlagen besteht in einer kompakteren Anordnung der Komponenten, der besseren Ausschöpfung der Ejektorwirkung, der Auskopplung eines Normalkühlverdichters als Parallelverdichter und in der Nutzung des winterlichen Wärmepumpenverdichters als sommerlichen Klimaverdichter. Zusätzlich kann die Komplexität gesteigert werden durch Abgabe überschüssiger Wärme im Sommer an andere Nutzer. Allerdings sind für derartig optimierte Systeme maßgeschneiderte Ausführungen erforderlich. Der Referent stimmte in den allgemein vernehmbaren Chor ein, dass R744 unweigerlich auf dem Vormarsch ist.

Expander als Entspannungsorgan

Eine weitere Komponente für die Steigerung der Effektivität von R744-Anlagen stellt ne-ben dem Ejektor eine Entspannungsmaschine zur Nutzung der arbeitsleistenden Entspannung im transkritischen Bereich dar. Nachdem auf früheren Tagungen bereits eine solche Entwicklung von der TU Dresden vorgestellt worden war, konnte nun Jörg Nickl von der TU Dresden eine stark verbesserte Ausführung zeigen, die nach umfassender Erprobung der Erstentwicklung entstanden ist. Der Expander ist im Gegensatz zur zweistufigen Erstausführung nur noch einstufig und die inneren Abdichtungen wurden durch die Verwendung von Kolbenringen und Dichtleisten verbessert. Der Verdichtermassenstrom wurde vom Expander entkoppelt und freiwerdende Expansionsleistung wird mittels eines Wärmeübertragers zur zusätzlichen Unterkühlung benutzt. Damit kann eine Anlagen-COP-Verbesserung von bis zu 22 Prozent erreicht werden.

R744-Wäschetrockner

Eine interessante R744-Anwendung in ei-nem Kleingewerbe-Wäschetrockner stellte Thomas  Alpögger vom ILK Dresden vor. Die Wärmepumpenanwendung in Wäschetrocknern ist Stand der Technik, allerdings mit dem Kältemittel R134a. Außer Propan, das für Füllmengen unter 150 g in Betracht kommt, ist bei darüber liegenden Leistungen R744 eine zu erprobende Perspektive. Ein Prüfstand zur Trocknung von 7 kg Wäsche von 60 auf 0 Prozent Feuchteanteil wird dazu verwendet. Energieverbrauch und Trocknungszeit sind Optimierungsziele. Nach der Schaffung eines physikalischen Simulationsmodells des dynamischen Trocknungsprozesses erfolgt im Weiteren die Validierung und Kalibrierung durch die Versuchsergebnisse. Das Optimierungspotenzial besteht in der Verwendung eines drehzahlstellbaren Verdichters und in der Anpassung der inneren Wärmeübertrager. Entsprechend ist der Prüfstand ausgelegt.

R290 als Kältemittel

Robert Baust vom Fachgroßhändler Schiessl widmete sich einer R290-Anlage im Vergleich zu einer R404A-Lösung. Dabei ging er sowohl auf die Sicherheitsaspekte ein als auch auf die Anlagenkonzeption nach aktuellem Standard. Die Kälteleistung beider Anlagen beträgt 120 kW und die R404-Anlage arbeitet mit Direktverdampfung gegenüber einer Kaltsolelösung mit Glykol für R290. Die Propanfüllmenge von 44 kg bedarf nach den Sicherheitsbedingungen eines Technikraumes für die Kältemaschine oder der Aufstellung im Freien. Alle Komponenten besitzen die Propanzulassung und eine zweistufige Propansensoren-Ausstattung (Voralarm bei 25 Prozent des Hauptalarms) bringt hohe Sicherheit. Verdichter und Verflüssigerventilator sind FU-geregelt und ein elektronisches Expansionsventil sorgt für optimale Überhitzungswerte. Die Altanlage mit R404A regelt durch taktenden Betrieb, hat ungeregelte Ventilatoren und taut elektrisch ab. Die R290-Anlage steht zwar mit 140 Prozent der Kosten gegenüber der R404-Anlage zu Buche, die Energiekosten betragen jedoch nur 50 Prozent. Damit amortisiert sich die neue Anlage in zwei Jahren und während angenommener 15 Jahre Lebensdauer ergibt sich eine Einsparung von 260 000 Euro.

Turboverdichter in der Kältetechnik

Fabian Dietmann von der schweizerischen Celeroton AG berichtete über einen neuen miniaturisierten Turboverdichter für Wärme- und Kälteanlagen, der sich noch in Entwicklung befindet. Der Verdichter besitzt dynamische Gaslagerung und ist robust gegen Vibrationen. Er ist für Butan ausgelegt, kann aber für andere Stoffe, auch für Luft, eingesetzt werden. Der Außendurchmesser des Laufrades beträgt 25 mm und die Austrittsbreite 1,2 mm, was die Abmessungen deutlich macht. Die Einhaltung von engen Fertigungstoleranzen spielt bei diesen Abmessungen eine große Rolle. Die Drehzahl beträgt 200 000 U/min. Bei der Anwendung für R600a wird ein Druckverhältnis von 2,5 erreicht, die Aufnahmeleistung ist 2 kW und der COP er-reicht 2,34. Eine Demonstration zeigte ihn als Luftverdichter für eine Brennstoffzelle. In diesem Anwendungsfall kommt die Kompaktheit des Verdichters und seine Ölfreiheit besonders zum Tragen. Als nächster Schritt der Entwicklung ist eine Kleinserienfertigung vorgesehen.

Großes Interesse fand der Vortrag von Jürgen Süß von Effizient Energy zur Anwendung von Wasser als Kältemittel für Kühlaufgaben mit geringem Temperaturhub, d. h. bei hohen Vorlauftemperaturen für das Kaltwasser. Dieser Anwendungsfall ist vorrangig bei der Kühlung von Rechenzentren und bei der Prozesskühlung gegeben. Durch Nutzung der freien Kühlung bei tieferen Außentemperaturen werden sehr hohe mittlere COP-Werte erreicht. Durch modulare Bauweise von zwei 35 kW-Einheiten wird eine Kälteleistung von bis zu 70 kW realisiert. Die Einzelheiten dieser bemerkenswerten Entwicklung sind in der KK 12/2016, S. 22–25, nachlesbar.

Wärmepumpen

Ein System von kombinierter Wärmepumpenanwendung mit Ultraschallbefeuchtung für 6 kW Heizleistung und 4 kW Kühlleistung stellte Arne Müller von Carel Deutschland vor. In einem Musterprojekt Einzelwohnungen bzw. Einfamilienhäuser wurde die Kombination beider Techniken als integrierte Lösung bisherigen Einzellösungen gegenübergestellt. Ein Gerät besteht aus Lüftungsmodul, Wärmepumpenmodul mit Kühlfunktion, Ultraschall-Befeuchtungsmodul und Brauchwasserbereiter. Damit kann im Heizfall die meist viel zu trockene Luft in den Behaglichkeitsbereich befeuchtet und im Sommer damit ein zusätzlicher adiabatischer Kühleffekt erreicht werden. Die gewählten Komponenten der Wärmepumpe entsprechen dem Stand der Technik mit leistungsgeregeltem Verdichter und elektronischem Expansionsventil sowie mit Ventilatoren mit EC-Antriebstechnik. Beim verwendeten Kältemittel R410A fehlt allerdings der Schritt zu einer noch umweltverträglicheren Lösung.

Eine effektive Luft/Wasser-Wärmepumpe für Mehrfamilienhäuser mit 30 kW Heizleistung und dem Kältemittel R290 stellte Andreas Zottl vom Austrian Institute of Technology GmbH (AIT) vor. Der Scrollverdichter mit Dauermagnetmotor ist drehzahlgeregelt, der Verdampfer basiert auf der Microchannel-Technik mit gutem Abtauverhalten und optimierter Kältemittelverteilung. Der Verflüssiger ist ein Aluminium-Rohrbündelapparat, ebenfalls mit Nutzung von MPE-Rohren. Die Luftführung und die drehzahlregelbare Ventilatorlösung sind auf geringen Geräuschpegel und gute Effektivität ausgelegt. Durch die MPE-Wärmeübertragertechnik konnte eine geringe Kältemittelfüllmenge von nur 65 g/kW erreicht werden. Beim Bezugspunkt A7/W36 wurde durch Absenkung der Ventilatordrehzahl auf 60 Prozent ein COP-Wert von 4,1 erreicht, was für Luft/Wärmepumpen-Anlagen einen Spitzenwert darstellt.

Mit der optimalen Auswahl der Wärmequellen für Wärmepumpen befasste sich der Vortrag von Franziska Bockelmann von der TU Braunschweig, Institut für Gebäude und Solartechnik. Dabei handelte es sich um ein vom BMWi finanziertes Forschungsprojekt. Als Niedertemperaturwärmequellen werden Erdreich, Grundwasser, Luft und Eisspeicher einbezogen. Als Bewertungskriterien dienen der Flächenbedarf, die Überbaubarkeit, der Kostenvergleich und die CO2-Emission. Unter diesen Randbedingungen wird eine Optimierungssoftware entwickelt, die den Energiebedarf, die Investitionskosten und den Primärenergieaufwand vergleicht. Die Verdampferwärmequelle hat dafür die entscheidende Bedeutung. Die Arbeit am System ist noch nicht abgeschlossen, das weitere Ziel besteht darin, eine Marktrecherche zu den Wärmequellen-Wärmeübertragern einzuarbeiten.

Was es noch gab

Mit diesem Resümee konnte nur ein geringer Teil des umfangreichen Tagungsprogramms vorgestellt werden. Es gab weitere bemerkenswerte Vorträge zu Komponenten, beispielsweise von Martin Schulz von ebm-papst Mulfingen zu energieeffizienten Ventilatorlösungen für die Kältetechnik, von Laurent Tousch von Emerson Industrial Automation zur Optimierung der Antriebstechnik durch zunehmende Verbreitung von Permanentmagnetmotoren, von Ursina Oechsle von der Universität Stuttgart zu Eisspeichern und deren Möglichkeiten, die Eisbildungstemperaturen abzusenken.

Die Kältemittelproblematik bezüglich der Phase-Down-Zielstellungen wurde in mehreren Vorträgen ausführlich behandelt, wobei Ersatzkältemittel für die abzulösenden Kältemittel mit hohem GWP im Mittelpunkt standen. Diese umfassende Thematik wurde bereits an vielen anderen Stellen aktuell beschrieben und kann besonders im Hinblick auf ihre Komplexität hier nicht in allen Einzelheiten behandelt werden. UA

Fußnoten

Bei mehreren Verfassern eines Vortrages wird immer nur der vortragende Verfasser benannt.

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