Coronale Koordination
Etwas gilt es direkt vorweg zu nehmen: Die Tatsache, dass ein Event dieser Art überhaupt wieder möglich war, zählt mittlerweile zu den Dingen, für die wir dankbar sind in der Pandemie, die so von Unplanbarkeit durchsetzt ist, dass ein Sechser im Lotto als vorhersehbar wirkt. Eben aus diesem Grund wurde strikt darauf geachtet, dass regelmäßig getestet, Impfnachweise vorgezeigt und AHA-Regeln eingehalten wurden. Schließlich soll das nicht der letzte Kälten-Treff gewesen sein. Und: Es ist die erste Veranstaltung in unserer Branche, die in 2021 in Präsenz durchgeführt wurde.
Schloss mit lustig
Auch wenn die rund 65 Kälten und ein Hund sowohl einem Schloss, einer Burg und einem Wagendorf untergebracht sind, lässt sich der Jugendherbergs-Flair nicht übersehen und erzeugte eine Einfachheit, die es in einem Tagungshotel nicht gegeben hätte. Diese nostalgische Atmosphäre und das schon immer unter Kälten etablierte „Du“ ersetzte das „Sie“ sehr schnell und brachte die Menschen hinter den Konzernnamen hervor, brach das Eis und machte Netzwerken zu einem lockeren Vergnügen.
„Du machst das schon“
Es ist Donnerstag. Wir sind, wie viele andere, einen Tag vorher angereist, um aufbauen zu können, die Technik zu überprüfen und den Getränkekühler in Betrieb zu nehmen. Wie erwartet sind schon heute die meisten Kälten da und treffen auf alte Bekannte und neue Namen, sodass der Kälten-Treff bereits an diesem Vorabend an Fahrt aufnehmen kann. Dass es hier aber nicht (nur) um drei Tage Feiern geht, versteht sich von selbst. Darum sind die zwei Präsentationstage ausgefüllt mit insgesamt 18 halbstündigen Vorträgen, die sowohl von den Referenten professionell gehalten, als auch von den Kälten mit großem Interesse aufgenommen werden. KK-Chefredakteur Dirk Rehfeld kümmerte sich derweil zusammen mit Wolle Schäfer von Caretaker um die auserkorene, zentrale Anlaufstelle des Events – der PINK-Anhänger, der sich im Verlauf der Veranstaltung noch als sozialer Magnet herausstellt. Was jedoch bedeutet, dass die Moderation durch die Vorträge mir, Oliver, oblag. Dem Neuen in der KK-Redaktion. Hier stand ich nun: Erster Kälten-Treff, erste Woche als neuer Volontär im Verlag, fast alle Gesichter neu und ich darf zwei Tage durchmoderieren. Kein Druck also. Im tiefen Wasser lernt man das Schwimmen schließlich am schnellsten.
Die Vorträge – Tag 1
Nach einer Begrüßung von Dirk und einer Einweisung der einzuhaltenden Corona-Verhaltensweisen durch Anke Nehrkorn vom WDL-Schloss geht es direkt am Freitag los mit Markus Dreier von Tyczka Industrie-Gase (TIG), der über die fachgerechte Rücknahme brennbarer Kältemittel aufklärt und dabei wichtige Punkte wie die Differenzierung zwischen Begriffen wie Recycling, Wiederaufbereitung oder thermischer Spaltung erklärt. Thomas Saliger von Aspen Pumps Deutschland folgt direkt mit Tipps und Tricks zu Minipumpen und derer Installation aus akustischer Sicht, bevor Steffen Schüssl von Toshiba nach einer kurzen kältischen Pause das WaveTool vorstellt, mit dem der Service an einer Toshiba-Klimaanlage durch das Smartphone erleichtert wird. Michael Hendriks von Rivacold hat den ersten undankbaren Slot erwischt: direkt vor dem Mittagessen, hielt aber dennoch die hungrigen Kälten bei Laune, indem er die Sache mit dem ΔT, Überhitzung, Unterkühlung und den Überhitzungsgrad in Theorie und Praxis anschaulich darstellt und dann die Bühne freigibt für Christoph Lichtblau, der für LG über die Produkte zur Luftreinigung spricht und dabei auf die Vor- und Nachteile von HEPA Filtern, Ionisierung der Raumluft oder UV Nano Technologie eingeht. Frank Bahke stellt für Danfoss den Coolselector 2 und die RefTools App vor, mit denen sich die Auswahl und Artikelsuche von Anlagenkomponenten im Kältekreis durchführen lassen, bevor Andreas Risius von Kimo über Energie-Einsparmöglichkeiten durch verbesserte Regelung von Verflüssigungssätzen spricht und dabei die grundlegende Frage stellt, wann welcher Effekt eine Regelung besser macht. Daniel Haas präsentiert für Johnson Controls das nachhaltige Heizen mit Wärmepumpen, deren Einsatzgebiete und allgemeine Technik und übergibt an Frank Meyer zur Heide, der für DeTec mit einem Vortrag zur adiabatischen Kühlung am Mikrofon steht, indem er den auch als Verdunstungskälte bekannten Effekt und dessen Einsatz z. B. zur Luftkühlung in Industriehallen oder als Luftvorkühler an Verflüssigern darstellt.
Der Dorfplatz
Unterdessen kümmert sich Dirk als “Papa der Kälten” zusammen mit Wolle u. a. um die ganzen Wehwehchen der Kälten, besorgt Wasser, zieht den Anhänger vom Schloss zur Burg usw. Dass der PINK-Anhänger auffällig ist, ist jedem klar, der den blau leuchtenden, schwarz lackierten und mit Kälten-Aufklebern gepflasterten Würfel mit Rädern und Anhängerkupplung vor der idyllischen Seeburg stehen sieht. Dort und zusammen mit dem Getränkekühler bildet sich eine Art soziales Zentrum für allerlei Gespräche, aber auch für das unweit davon stehende Grillbuffet, welches die Crew vom WDL-Schloss für uns vorbereitet. Mit Masken und Einweghandschuhen bewaffnet, überfallen wir die aufgereihten Speisen und lassen den Abend bei dem ein oder anderen Bier, sowie mit großartiger, musikalischer Untermalung unseres hauseigenen, venylschwingenden DJs Igor Knöller ausklingen. Denn schließlich haben wir ja noch einen weiteren Tag Programm und Bildung vor uns.
Die Vorträge – Tag 2
Der Samstag startet nach einem gemeinsamen Frühstück und mit einer Selbsttest-Phase. Sicher ist sicher. Rüdiger Geier von Panasonic eröffnet und teilt seinen Vortrag in zwei Themen auf: Die CO2-Kälte und die Luftreingiung mit nanoeX – Technologie und übergibt an Bernd Hansemann vom VDE-Verlag, der sich direkt mit einer Vorstellung der Brainyoo-Oberfläche, einer digitalen Version des Karteikarten-Lernens, anschliesst.
Axel Kähn referiert für Schiessl über die Vermeidung von Problemen mit der Ölrückführung mit Fokus auf kleinere Verbundsysteme und Martin Schulz von ebm-papst erzählt von Unterschieden bei Ventilator- und Motortypen. Dalibor Sandor steht für Bock auf der Bühne und präsentiert die LG-Verdichterbaureihe für den Einsatz von Low-GWP-HFO-Kältemitteln, bevor Daniel Rosenberg für Midea die M-Thermal Wärmepumpen und deren Einsatzbereiche vorstellt. Michael Buchta geht für Spirotech auf typische Probleme bei Inbetriebnahme und Betrieb von Kaltwassersätzen ein und Dennis Frieske übernimmt für die Westfalen AG die Bühne mit einem Vortrag über Sicherheit im Umgang mit brennbaren Kältemitteln. Ali Atay von Emerson hat zwar mit dem letzten Vortrag des Wochenendes den undankbarsten Slot erwischt, erntet aber dennoch Applaus von den immer noch bei Laune gehaltenen Kälten, nachdem er die CopelandTM ZX-Verflüssigungssätze für A1 & A2L-Kältemittel, deren technische Daten und Einsatzbereiche, sowie Tools wie die „Select 8“ – Software vorstellt.
Glück im Unglück
Unglück ist für den Schloss-Betreiber, wenn während einer Veranstaltung der Tiefkühler ausfällt. Und das auch noch am Wochenende, wo doch selbst unter der Woche kaum Handwerker zu bekommen sind. Glück jedoch ist, wenn auf dieser Veranstaltung zufällig 65 Kältefachkräfte anwesend sind und auch noch das passende Handwerkszeug und Kältemittel dabeihaben. Dirk hat mich mitten in einem Vortrag angerufen und gebeten, einen Kälten rüber zur Burg zu schicken, um die dortige Anlage zu reparieren. Nachdem ich den Sachverhalt in den Saal hinein erkläre, melden sich unverzüglich mehrere Kälten und eilen zur Rettung. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt und der Tiefkühler schnurrte wieder wie ein Kätzchen nach dem Gang ins Granulat.
Grillen & Chillen
Samstag, später Nachmittag. Alle Vorträge sind durch. Ich bedanke mich bei den Kälten für ihre Aufmerksamkeit und Disziplin. Denn in der Zeit von Always-On-Smartphones mit ständiger Erreichbarkeit und Ablenkung ist das an solch langen Tagen auch nicht selbstverständlich. Ebenfalls bedanke ich mich dafür, dass mich die alten Hasen der bisherigen Kälten-Treffs als neuen Welpen ins Rudel auf- und angenommen haben. Und während ich mich noch frage, ob mein Chefredakteur auch nochmal auf die Bühne kommen will, macht sich der gesamte Saal schon auf Richtung Seeburg, wo das Grillbuffet und eben jener Dirk Rehfeld “veranstaltungsumfeldorganisierend” am PINK-Anhänger mit den Teilnehmerzertifikaten, Handtücher und T-Shirts wartet, um zum angenehmen Teil des Abends überzugehen: Grillen und Bier trinken.
Nachwuchsgewinnung light
Während des Nachmittags haben uns zwei jugendliche WDL-Mitarbeiter im Anhänger besucht (Bild 6). Dirk und Wolle haben diese Gelegenheit genutzt, um die Neugier der beiden zu befriedigen und haben über unseren Beruf aufgeklärt.
Wer will, kann sich noch eines der Boote schnappen oder schwimmend den See unsicher machen. Die Jungs von Midea bieten derweil noch eine „Challenge“ an: Das Zerlegen eines Klima-Wandgerätes auf Zeit um den Hauptpreis einer Trockenfritteuse. Ich gewinne hier nichts und auch der Dirk geht leer aus. Eine Sache lasse ich mir dann später nicht nehmen: Meine Gitarre und ich sind unzertrennlich und so gebe ich meinem Drang nach, von der Bühne (in dem Fall der PINK-Anhänger) die blau beleuchteten Gestalten, von denen ich nur annehme, dass sie zu den Teilnehmern gehören, zu unterhalten und muss zugeben, dass mir genau das in den letzten Monaten gefehlt hat. Einfach mal wieder live vor Publikum zu spielen. Da ich wie rund die Hälfte der Teilnehmer nicht in der Seeburg, sondern im 500 m entfernten Schloss übernachten, werde ich viele der Kälten am nächsten Morgen nicht verabschieden können. Also beginne ich um ca. 0:30 Uhr damit, die ersten Kälten, nun persönlich kennend, zu verabschieden. Wobei ich nicht mehr genau weiß, wie lang das gedauert hat. Schon Albert Einstein meinte ja, dass Zeit relativ sei und wer bin ich, ihm da zu widersprechen? Glücklicherweise finden sich am nächsten Morgen noch ein paar Kälten, die uns beim Aufräumen helfen, sodass nicht alles an Dirk, Wolle Schäfer und mir hängenbleibt.
Ende Gelände
Das war sie also: meine Feuertaufe als Neuling. Insgesamt gar nicht mal so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Zumindest wenn man das Feedback der Kälten berücksichtigt. So hat Martin Schulz von ebm-papst die Veranstaltung als „sehr hochwertig und gelungen empfunden“ und „sich auch sehr über direkte Rückfragen und Gespräche im Anschluss an seinen Vortrag gefreut“.
Frank Meyer zur Heide meinte: „Der 7. Kälten-Treff war mein erster. Ein tolles Treffen mit vielen tollen Gesprächen und interessanten Vorträgen. Und am Samstag mit viel Sonne, so dass wir spontan noch den Vortragsraum mit unserem zweistufigen adiabatischen Kühlsystem belüften konnten. Einen großen DANK an Dirk mit seinem Team!“
Auch wir, Chefredakteur Rehfeld und Redakteur in Ausbildung Barner danken allen Teilnehmern, Gästen, Referenten und der Crew vom WDL-Schloss für drei Tage voller Bildung, Spaß und neuer Kontakte. Und wir erinnern daran: Nach dem Kälten-Treff ist vor dem Kälten-Treff.
Diesen Nachbericht in noch etwas detaillierterer Version, viele Fotos, das offizielle Video, die Vorträge als PDF zum Download u. v.m. können Sie im KältenKlub ansehen. OB