Die viel zitierte Kreditklemme ist noch kein volkswirtschaftliches Phänomen könnte es aber werden. Die Statistiken der Bundesbank zeigen klar, dass die Kreditausleihungen an Unternehmen weiter ansteigen. Andererseits berichten die Medien regelmäßig, dass laut Umfragen bei den Kreditinstituten, viele ihre Kreditmaßstäbe weiter verschärfen (zuletzt: Handelsblatt vom 13.1.2009).
Zu Unterscheiden von der Kreditklemme = weniger oder kein Kredit mehr ist die Frage der Kreditzinsen. Hier sind Anhebungen derzeit weitverbreitet.
Das bedeutet zweierlei:
- Wer heute bereits Kreditzurückhaltung spürt, sollte die Ursachen im Gespräch mit der/den Banken/Sparkassen intensiv besprechen.
- Wer noch keine Kreditzurückhaltung spürt, sollte sich jetzt darauf vorbereiten, wie er agiert, wenn eine solche käme; bzw. was er tun kann, damit es dazu gar nicht erst kommt.
Für beide Situationen Gespräch mit der Bank und Vorbereitung geben die folgenden Punkte Hinweise für ein gezieltes Vorgehen.
Ausgangssituation 1: Die aktuelle Unternehmenssituation Ende 2008
Machen Sie für sich eine klare und ungeschminkte(!) Analyse der Situation Ihres Unternehmens zum Ende 2008:
- Zahlensituation: Ausgangslage ist die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) Dezember einschließlich Abschreibungen Sachanlagen und aller Bestandsveränderungen; außerdem bewerten Sie kritisch Ihre Kundenforderungen und Warenbestände und nehmen die Abwertungen bzw. Rückstellungen vor, die realistischer-weise anstehen ungeschminkt.
- Marktsituation: Wo waren Sie 2008 erfolgreich wo weniger?
- Interne Strukturen: Wo wird gut und produktiv gearbeitet, wo besteht (zwingender) Verbesserungsbedarf.
Diese Analyse ist einerseits Grundvoraussetzung für Ihre Ziele und Aktivitäten 2009. Andererseits ist sie eine gute Basis für die Gespräche mit den Banken denn die werden im Zweifelsfall genau Fragen in diese Richtung stellen.
Gut wäre es darüber hinaus, wenn der Jahresabschluss 2008 spätestens zum 30. Juni auf dem Tisch liegt je früher, desto besser! Für Sie: alle Zahlen sind klar. Für die Bank: positive Bewertung in der Risikoklassifizierung/Rating.
Ausgangssituation 2: Die konkreten Perspektiven 2009
Auf der Basis der aktuellen Analyse können Sie jetzt die Ziele und Aktivitäten für 2009 erarbeiten. Ihre Ziele legen für Sie und Ihre Mannschaft den roten Faden durch das Jahr. So wissen Sie immer, wo Sie stehen (Soll-Ist-Vergleich) und können rechtzeitig weitere Aktivitäten ergreifen falls erforderlich. Für Ihre Banken machen Ziele klar, dass Sie nicht nur ein guter Fachmann Ihrer Branche sind, sondern auch ein Kaufmann mit klarer Orientierung (Kriterium im Rating).
Als Anregung für Ihre eigenen Überlegungen einige Beispiele für Ziele 2009:
- Gewinnziel: Ein Gewinn von xxx Euro soll erreicht werden; dieser deckt die privaten Bedürfnisse (Entnahmen bzw. bei GmbH Höhe des Geschäftsführergehalts) ebenso ab, wie die Anforderungen des Unternehmens (Wachstum des Eigenkapitals).
- Umsatzziel: hier wird oft mit einer pauschalen Zahl gearbeitet. Besser ist es, etwas tiefer zu schauen und zwar immer unter dem Aspekt: Wo ist möglichst ertragreicher Umsatz machbar:
Großkunden: Wie wird sich deren Geschäft und damit das eigene entwickeln bestehen evtl. (gefährliche) Abhängigkeiten? Geschäft ausbauen oder zurückfahren?
Kundengruppen: Mit welchen Teilmengen der breiten Kundschaft wird besonders gut und leicht ein Geschäft zu machen sein? In welchen Kundengruppen wird die Kaufzurückhaltung weniger zu spüren sein? Dort sollte versucht werden, das Geschäft zu forcieren und damit auch das Marketing zu konzentrieren.
Produkte und Dienstleistungen: Welche sind unter den Aspekten Ertragsbringer und Absetzen vom Wettbewerb besonders attraktiv. Diese sollten im Vertrieb forciert werden. Natürlich mit der Frage: In welchen Kundengruppen können wir mit diesen Produkten/Dienstleistungen besonders gut landen.
- Interne Ziele: Diese können sich beziehen auf Organisations- und Produktivitäts-Verbesserungen. Wichtig ist auch die Mitarbeiterführung: Welche Mitarbeiter/-innen rechne ich zu meinen Leistungsträgern diese will ich gezielt unterstützen und halten. Wenn es eng werden sollte: Von welchen Mitarbeiter/-innen würde ich mich als Erstes trennen und wie wäre dies arbeitsrechtlich zu bewerkstelligen (unbedingt Fachanwalt für Arbeitsrecht vor(!) den Entscheidungen einbeziehen).
- Finanzierungsbedarf für 2009: Welche Kreditmittel (Darlehen, Kontokorrent) benötigen Sie in welcher Höhe, um Ihre Ziele erreichen zu können. So haben Sie eine Ausgangslage für Ihre Bank-gespräche.
Wenn Sie sich Ziele setzen: Diese sollten einerseits ehrgeizig sein, aber auch realistisch. Und bitte nur Ziele setzen, die dann auch praktikabel kontrolliert werden können Soll-Ist-Vergleich. Und dies dann auch regelmäßig tun.
Vorbereitung 1: Wissen, wie Kreditentscheidungen in Banken funktionieren
Kreditentscheidungen in Banken werden in aller Regel (gemäß Vorgabe der Bankaufsichtsbehörde) von zwei Personen gemeinsam getroffen. Sie kennen Ihren Kundenbetreuer dieser übernimmt den persönlichen Part. Die zweite Entscheidungsperson in der Bank sollen Sie gar nicht kennen: Die Mitarbeiter/-innen in der sogenannten Marktfolge der Bank entscheiden allein nach Papierform. Dabei liegen zwei Arten von Unterlagen vor:
- die Aktenvermerke, die Ihr Betreuer aus den Gesprächen mit Ihnen schreibt. Diese sind bewusst/unbewusst bereits gefiltert
- die Unterlagen, die Sie im Original abgeben. Auf diese kommt es besonders an!
Vorbereitung 2: Alle Informationen für das Rating der Bank geben
Wichtig ist bei Ihren Unterlagen, dass Sie mit diesen Informationen zu allen Fragen liefern, welche die Bank im Rahmen des von der Bankaufsicht geforderten Risikoklassifizierungssystems (Rating) beantworten muss. Das Ergebnis des Ratings ist zwar nicht die Kreditentscheidung, aber eine wesentliche Grundlage. Von diesem Ergebnis (und Ihrer Sicherheitensituation) hängen auch die Kreditzinsen ab.
Schlussfolgerung: Am besten fragt man die Banken, welche Informationen diese für die anstehenden Gesprächspunkte (Krediterhöhung, -verlängerung, Sicherheitenfragen, Kreditkonditionen, Kreditklemme ...) benötigen und reicht diese in einem vollständigen Paket vor dem Gespräch bei der Bank ein.
Viele Banken sind allerdings zurückhaltend, wenn es um die Themen im Rating geht. Sie können davon ausgehen, dass die folgenden Themenbereiche in den Ratingsystemen abgefragt werden:
- Ertragskraft und Liquidität (Cashflow)
- Eigenkapitalausstattung und Verschuldungssituation
- Leistungsangebot einschl. Weiterentwicklungen und Innovationen (Forschung und Entwicklung)
- Wichtigste Einzelkunden mit Umsatzanteilen, Bonität, Geschäftsperspektiven
- Wichtigste Kundengruppen
- Marktbeobachtungsaktivitäten und Trends der Zukunft (Branchen-, Mega-)
- Wettbewerbssituation in den relevanten Märkten
- Betriebswirtschaftliche Steuerungs-instrumente Qualität und Nutzung: u.a. Kalkulationssystem, Forderungsmanagement, Ertragsplanung mit Soll-Ist-Vergleich (qualifizierte BWA), Liquiditätssteuerung
- Wichtigste Lieferanten, Abhängigkeit von wenigen Lieferanten
- Aufgabenverteilung, Qualifikationen in der Geschäftsführung und auf der 2. Ebene
- Notfallplanung für den Ausfall des/der Geschäftsführer
- Nachfolgeplanung (ab 50 Jahren erste Überlegungen, ab 55 Jahren Konzept)
- Technischer Standard der Produktionsanlagen
Vorbereitung 3: Nicht auf einem Banken-Bein stehen
Viele Unternehmen haben unverändert eine Hausbankverbindung und nur diese. Selbst wenn diese hervorragend funk-tioniert: Es besteht eine klare und ein-seitige Abhängigkeit. Es könnte ja sein, dass sich die Bonitätsmaßstäbe der Bank verändern (siehe erster Abschnitt) und dass damit trotz unverändert guter Situa-tion Ihres Unternehmens plötzlich nicht mehr alles das möglich ist, wie es bisher war. Zum Beispiel werden tageweise Überziehungen der vereinbarten Kredit-linie für klar definierte Auftragsvolumina nicht mehr zugelassen. Oder nicht ausgenutzte Kreditlimite sollen gestrichen werden.
Daher gehört es heute zur Finanzierungspolitik des Mittelständlers, mindestens zwei kreditgebende Bankverbindungen zu haben. Dabei kann die eine unverändert Hauptbankverbindung sein. Aber achten Sie darauf, dass die Gewichtungen nicht zu unterschiedlich ausfallen. Damit Sie im Falle eines Falles die Chance haben, mit einem Großteil Ihrer Bankgeschäfte umzuschwenken.
Sollten Sie bisher noch keine zweite Bankverbindung haben, dann bauen Sie diese jetzt auf. Bedenken Sie, dass das in der Regel einige Zeit braucht es geht schließlich darum, Vertrauen aufzubauen. Und spielen Sie von Beginn an mit offenen Karten siehe Abschnitt Vorbereitung 2.
Bitte wundern Sie sich nicht, wenn Sie zu Anfang etwas Reserve spüren sollten. Viele Banken denken bei Neukunden erst einmal: Bekommt der woanders nichts mehr?
Umsetzung: Bank- und Kreditgespräche aktiv führen
Auf dieser Basis können Sie Ihre Kreditgespräche gut vorbereitet führen. Noch ein paar Tipps:
- Klären Sie vorher mit der Bank die von beiden Seiten zu besprechenden Themen das vermeidet Überraschungen.
- Machen Sie sich einen Themenfahrplan legen Sie zu jedem Thema Ihren Zielkorridor fest.
- Fragen Sie unverdrossen nach Sie müssen verstehen, was Sie vereinbaren.
- Vertagen Sie sich ggf., wenn Ihnen Dinge zu unklar sind oder zu viele Fragen offen bleiben.
- Sichern Sie am Ende des Gesprächs die getroffenen Vereinbarungen nochmals ab damit keine Missverständnisse entstehen.
Zusammenfassend: Sehen Sie die Bankenkommunikation als strategische Chefaufgabe und widmen Sie diesem Thema ausreichend Zeit. -
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Carl-Dietrich Sander,
Dipl.-Kfm., diplomierter Bankbetriebswirt und Unternehmerberater, Leiter Fachgruppe Finanzierung-Rating im KMU-Berater-Verband, Neuss