Im Gewerbepark Jena-Göschwitz führte die Erweiterung von Forschungseinrichtungen sowie der Zuzug eines weiteren gewerblichen Kunden zu einer Verdoppelung des Kältebedarfs auf insgesamt rund 1000 kW. Mit der bis dahin ausreichenden Kühlleistung von etwa 500 kW, die von zwei Kaltwassersätzen und einem Aggregat zur freien Kühlung bereitgestellt wurde, konnte der Kältebedarf des Gebäudes somit nicht mehr abgedeckt werden. Besondere Aspekte bei diesem Projekt waren neben einem anlagenspezifischen Lastmanagement, dass die Installationen und der Umbau während des laufenden Betriebes erfolgen musste und dass die beiden älteren Kaltwassersätze ebenso wie das Register zur freien Kühlung in das neue Anlagen-Konzept zu integrieren waren, schildert Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Baumann von der HA u. S GmbH Jena zwei wesentliche Anforderungen dieses Projektes. Das technische Generalunternehmen entwickelt und betreut Gewerke übergreifend die komplexe Anlagentechnik des Gewerbeparks und hat auch die Verdoppelung der Kühlleistung sowie die Erweiterung der Kälte- und die Regelungstechnik umgesetzt.
Zwei Erweiterungsoptionen
Ein weiteres Ziel des Ausbaus war es, den Energieverbrauch während der Lastspitzen deutlich zu verringern und dadurch eine dauerhaft wirtschaftliche Betriebsweise zu erreichen. Die Anlage war bereits so konfiguriert, dass eine Integration weiterer Kühlkomponenten in das bestehende System möglich war. Dies machte jedoch den Umbau der vorhandenen Kälteanlage sowie eine Auslegung am aktuellen Anforderungsprofil erforderlich, erläutert Fachplaner Dipl.-Ing. Lutz Thomas vom Büro Freier Ingenieure Air-Consult, der die Planung und Berechnungen durchgeführt hat. Zur Auswahl standen hier zwei Erweiterungsszenarien, für die entsprechende Wirtschaftlichkeitsprognosen erstellt wurden. Dabei sah die konventionelle Lösung die Ergänzung der Anlage um zwei zusätzliche Kaltwassersätze vor, während das in Hinsicht auf die Betriebskosten optimierte Szenario den Einbau eines Eisspeichers und nur eines zusätzlichen Kaltwassersatzes beinhaltete.
Aus langfristigen wirtschaftlichen Überlegungen heraus stellte die Möglichkeit, die vorhandene Anlage einfach um zwei weitere Kaltwassersätze zu erweitern, aus Sicht des Betreibers keine optimale Lösung dar. Zum einen, weil dies zu einer Verdoppelung des Stromverbrauchs geführt hätte. Zum anderen, weil damit die Möglichkeit der Verringerung des Energieverbrauchs zu Spitzenlastzeiten entfallen wäre. Mit einem Eisspeicher und einem weiteren kompakten Kaltwassersatz wurde stattdessen eine adäquate Lösung für diese aus hydraulischer und planungstechnischer Sicht besondere Herausforderung gefunden. Im Sinne einer nachhaltigen Gebäudebewirtschaftung erschien es zweckmäßiger, die anspruchsvollere und hochwertigere Lösung zu wählen, die dazu führt, dass die laufenden Betriebskosten auf lange Sicht wesentlich geringer ausfallen, begründet Jürgen Dittmar, Geschäftsführer der HA u. S GmbH Jena, die Entscheidung für das zweite Szenario.
Komplexe Hydraulik
Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung erstellte TGA-Fachplaner Lutz Thomas ein Anlagenkonzept, bei dem als Lösung ein Eisspeicher von Ciat Cristopia mit einem Volumen von 55 m³, einer Entladeleistung von 500 kW und einer spezifischen Speicherkapazität der PCM-Kugelspeichermodule von 3100 kWh zum Einsatz kommt. Außerdem plante er einen zusätzlichen Powerciat Kaltwassersatz ein, der bei einer Systemauslegung mit einem Vorlauf von 6°C und einem Rücklauf von 12°C eine Kühlleistung von 247 kW erbringt.
Aufgrund der Einbindung in einen Kühlprozess für Forschungszwecke und industrielle Anwendungen sind die Betriebssicherheit und eine hohe Entladeleistung des Eisspeichers bei gleichzeitig niedrigen Systemtemperaturen zwei zentrale Aspekte. Um diese Anforderungen zu erfüllen, sieht das Anlagenkonzept eine hydraulische Trennung in zwei Primärkreise vor. Hierbei werden ein Kaltwassersatz, die freie Kühlung und der Eisspeicher auf der einen Seite und die zwei anderen Kaltwassersätze mit zwei Pufferspeichern auf der anderen Seite durch einen Wärmetauscher voneinander getrennt. Zusätzlich zur Einbindung des Eisspeichers wurde das Flüssigkeitsvolumen im entsprechenden Kreislauf um 2500 l erweitert und auf Glykolbetrieb umgestellt. Drei Pumpenstationen übernehmen den Transport des Wasser-Glykol-Gemisches bzw. des Wassers in den beiden Kältekreisläufen.
Vor eine zusätzliche Aufgabe stellte die Anlagenplaner und Monteure dabei die Aufstellung und Installation des Speichers und der Rohrleitungen, die fast durchgängig in den Nennweiten DN 200 und DN 150 aus Stahlrohr zu verlegen waren. Eine Innenaufstellung kam aufgrund des Speichervolumens nicht in Frage, denn das hätte bedeutet, zu viel vermietbare Fläche mit Versorgungstechnik zu belegen. Da aber in unmittelbarer Umgebung des Gebäudes eine freie Fläche von 4,5 x 4,5 m für die Aufstellung zur Verfügung stand, lag es nahe, den Eisspeicher stehend zu installieren. Bei einer Höhe von 12,5 m lässt der ausgewählte Speichertyp genügend Platz, um trotz des knapp bemessenen Raumes noch eine angemessene Dämmschale und die Blechummantelung anzubringen.
Eine weitere Herausforderung bestand darin, die Montage der neuen Anlagenkomponenten sowie den Umschluss aufgrund der Zusammenlegung von neuer und alter Anlage während des laufenden Betriebs der Forschungseinrichtungen durchzuführen. Dafür wurde jeweils ein freier Kaltwassersatz für den Anlagenbetrieb im Netz belassen, während die anderen beiden für den Umschluss vorbereitet wurden. Dass dies so zügig und reibungslos gelang, lag unter anderem auch daran, dass der verwendete Speichertyp mit nur einem internen Kreislauf ausgestattet ist. Insgesamt fällt dadurch die periphere Anlagentechnik etwas weniger aufwendig aus und ist zudem sehr kosteneffizient. Darüber hinaus konnten wir die Hydraulik im Sinne der Betriebssicherheit und der Wartungsfreundlichkeit trotz der Komplexität der Anlage unkompliziert und überschaubar gestalten, so Fachplaner Thomas.
Neben der übersichtlicheren Hydraulik bietet das Einkreis-Speichersystem den weiteren Vorteil, dass nur ein Kältemengenzähler erforderlich ist, um den jeweiligen Ladezustand des Eisspeichers zu erfassen. Durch das magnetisch-induktive Messverfahren registriert der Kältemengenzähler die Strömungsumkehr beim Be- und Entladevorgang und erleichtert dadurch die Einbindung des Eisspeichers in die Regelung der komplexen Anlage. Bei einem der Planung zugrundeliegenden Jahreskältebedarf von 3,6 MWh wurde im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung ein Zeitraum von fünf Jahren ermittelt, nach dem sich die Mehrkosten des Eisspeichers gegenüber einer konventionellen Lösung amortisiert haben.
Vorhandenes Lastmanagement genutzt
Wesentliche Voraussetzung für den energieeffizienten Einsatz des Eisspeichers war das bereits vorhandene Lastmanagement. Hierdurch konnten die einzelnen Kaltwassersätze je nach Kältebedarf im Teillastbetrieb gefahren oder ganz abgeschaltet werden. Auch nach dem Umbau wird die gesamte Anlage über definierte Aufgabenzuweisungen der einzelnen Aggregate, Pumpen und Armaturen gesteuert. Dabei wird der kleinere der beiden Kaltwassersätze im Wasserkreislauf jetzt ausschließlich in Volllast betrieben und schaltet sich dementsprechend erst ab einer ausreichenden Grundlast hinzu. Der zweite Kaltwassersatz übernimmt die jeweils erforderliche Teil- sowie die Spitzenlast. Der dritte Kaltwassersatz im Wasser/Glykol-Kreis dient hauptsächlich zur Eisspeicherladung und wird nur im absoluten Spitzenlastfall zur direkten Kaltwasserversorgung zugeschaltet. Auf dieser Anlagenseite ist auch die freie Kühlung angeordnet, die bei entsprechend niedrigen Außentemperaturen und geringerem Leistungsbedarf der Anlage die Rückkühlung mit minimalem Energieeinsatz gewährleistet.
Differenzierte Betriebsarten
Zur Pufferung der Kälte wird der Speicher zu einem günstigen Nachtstromtarif mittels eines Kaltwassersatzes geladen. Im Abtaubetrieb deckt der Eisspeicher tagsüber die Lastspitzen ab und entlastet die Kaltwassersätze. Durch das Zusammenspiel von Lastmanagement mit dem Eisspeicher ergeben sich wesentliche Einsparungen an Elektroenergiebetriebskosten, insbesondere durch die Kappung von teuren Leistungsspitzen, erläutert Hans-Jürgen Baumann den Vorzug der bedarfsorientierten Lastverteilung. Zwei exemplarisch vorgestellte Betriebsarten, die jeweils bei vordefinierten Rahmenbedingungen ausgewählt werden, verdeutlichen hier das Lastmanagement:
Betriebsart 1 Tagesaußentemperatur unter 0°C bei nur teilgeladenem Eisspeicher: Aufgrund der niedrigen Außentemperaturen ist der Leistungsbedarf der Anlage in diesem Fall sehr gering. Der Kaltwassersatz im Wasser/Glykol-Kreislauf befindet sich dann im Solebetrieb und lädt den Eisspeicher. Die geringe Kühllast wird über die freie Kühlung abgedeckt. Die beiden Kaltwassersätze im Wasserkreislauf sind außer Betrieb.
Betriebsart 2 Hohe Außentemperaturen mit Spitzenlastbedarf von 1000 kW: In diesem Fall erzeugen alle drei Kaltwassersätze in Volllast zusammen 768 kW. Die verbleibende benötigte Leistung wird über die Entladung des Eisspeichers bereitgestellt. Sinkt der Leistungsbedarf unter einen bestimmten Wert, schaltet sich zunächst einer der drei Kaltwassersätze automatisch ab. Der Eisspeicher bleibt weiterhin im Entladebetrieb. Sinkt die Kälteanforderung weiter, geht der nächste Kaltwassersatz in den Ruhezustand über. Erst in den Abendstunden, wenn die Leistungsanforderung gering und der Speicher weitestgehend entladen ist, übernimmt der Primär-Kaltwassersatz wieder die Kälteversorgung und die Ladung des Speichers.
Fazit
Die erforderliche Verdoppelung der Leistungskapazität in einem Teilabschnitt des Gewerbeparks Jena-Göschwitz machte eine Erweiterung der Kaltwassererzeugung erforderlich. Ziel der Planungen war es mit Blick auf die langfristigen Verbrauchskosten eine möglichst flexible und wirtschaftliche Variante umzusetzen. Mit dem Einsatz des Kugeleisspeichers konnte auf einen wesentlich größeren bzw. einen zweiten zusätzlichen Kaltwassersatz verzichtet werden. Weiterhin können durch das Zusammenspiel von Eisspeicher und übergeordnetem Lastmanagement teure Elektroenergiespitzen vermieden werden. Darüber hinaus gewährleistet der Eisspeicher die Bereitstellung von Kälte für den Havariefall. So können produktionsrelevante Prozesse gezielt heruntergefahren werden, um mögliche Schäden an den Industrie- und Forschungsanlagen gering zu halten. -
Dipl.-Ing. Uwe Piater
Niederlassungsleiter Ost Ciat Kälte- und Klimatechnik, Dresden