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Regelungsprinzipien im Praxistest

Geregelte Kaltgangeinhausung steigert Energieeffizienz

Steigende Stromkosten und ein gestiegenes Umweltbewusstsein fordern von den Rechenzentrumsbetreibern eine stetige Steigerung der Energieeffizienz. Die Trennung von Kalt- und Warmluft mittels Blindplatten, Bürsten für Kabeleinführungen oder Kaltgangeinhausungen wurde vielerorts bereits realisiert. Eine exakte Anpassung der Lüfterdrehzahl der Umluftkühlgeräte ermöglicht eine weitere Optimierung. Durch die richtige Wahl der Regelung kann der Betreiber enorme Stromkosten einsparen und die Verfügbarkeit erhöhen. Zur Steuerung der Lüfterdrehzahl gibt es zwei hauptsächlich gebräuchliche Regelungsprinzipien die Druckregelung und die Regelung über die Kaltgangtemperatur. Diese beiden Verfahren hat Emerson Network Power für ein mittelgroßes Rechenzentrum untersucht.

Druckregelung mit etwa 20 Pascal

Bei der Überdruckregelung wird der Druck im Doppelboden und in den eingehausten Kaltgängen permanent auf einen Differenzdruck von typischerweise 20 Pascal (Pa) eingeregelt. Die Server saugen die zur Kühlung benötigte Luftmenge an. Die Drehzahl der Lüfter in den Umluftkühlgeräten wird über einen Drucksensor geregelt (siehe Bild 1). Wenn die Server einen höheren Luftvolumenbedarf haben, als die Umluftkühlgeräte liefern, sinkt der Druck im Doppelboden und in den Einhausungen. Infolgedessen wird die Drehzahl erhöht. Bei einem niedrigeren Bedarf an Kühlluft hingegen erhöht sich der Druck und die Drehzahl der Lüfter in den Umluftkühlgeräten wird gesenkt. Der Kaltgang wird folglich permanent etwas überversorgt. Die Regelung erfolgt im Partner-Modus, das heißt, alle Umluftkühlgeräte laufen mit gleicher Drehzahl.

Regelung mittels Temperatur

Bei der Regelung über die Kaltgangtem­peratur werden die Lüfter in den Raum­klimageräten über die Zulufttemperatur für die Server geregelt. Besonders effektiv ist diese Methode dann, wenn der Tempe­ratursensor in einer Luftregulierungsöffnung zwischen Raum und Kaltgangeinhausung platziert wird (siehe Bild 2). Da der Temperatursensor indirekt die Luftströmungsrichtung (also warm aus dem Raum, kalt aus dem Kaltgang) misst, spricht man in diesem Zusammenhang auch von einer indirekten Druckregelung. Diese Art der Kaltgangregelung ist noch neu. Sie wurde speziell für die Anwendung in komplett geschlossenen Kaltgangeinhausungen entwickelt und im Mai 2011 durch Emerson Network Power patentiert. Sie kommt demnächst unter dem Namen Smart Aisle auf den Markt.

Bei der Temperaturregelung wird im Doppelboden nur ein minimaler Überdruck erzeugt. Pro Kaltgang gibt es mindestens zwei Temperatursensoren. Die Luftzirkulation entsteht, indem die Server exakt die Menge an Kaltluft ansaugen, die sie zur Kühlung benötigen. Es strömt somit nur eine kleine Menge an Kaltluft durch die Luftregulierungsöffnung der Kaltgangeinhausung. Genau an dieser Stelle wird der Temperaturfühler T 1 positioniert. Seine Aufgabe ist es, die Drehzahl der Lüfter in den Umluftkühlgeräten zu regeln. Wenn die Server einen höheren Luftvolumenbedarf haben, als die Umluftkühlgeräte liefern, strömt warme Luft am Temperatursensor vorbei in Richtung Kaltgang und die Durchströmungsrichtung am Temperatursensor T 1 verändert sich. Infolgedessen regelt die Kontrolleinheit die Drehzahl der Lüfter in den Umluftkühlgeräten nach oben. Die Regelung erfolgt üblicherweise nach dem Sensor mit der höchsten Temperatur im gesamten Raum. Um eine Überversorgung des Kaltgangs zu vermeiden, wird die Drehzahl der Umluftkühlgeräte langsam abgesenkt. Sobald wie-der etwas Warmluft aus der Warmzone an den Temperatursensor strömt, wird die Drehzahl und somit die Menge an Kaltluft wieder erhöht und der Zyklus beginnt von vorne. Die Regelung erfolgt ebenfalls im Partner-Modus, das heißt, alle Umluftkühlgeräte laufen mit gleicher Drehzahl.

Anwendung in einem mittleren Rechenzentrum

Für den Vergleich der beiden Verfahren hat Emerson Network Power ein mittleres Rechenzentrum mit drei Kaltgängen gewählt. Die Konfiguration sah folgendermaßen aus:

  • Drei Kaltgänge mit jeweils 2 x 8 Schränken800 mm x 1200 mm x 2200 mm je Schrank (B x T x H)
  • Schrank mit je 5 kW Verlustleistung, d. h. 240 kW Wärmeleistung im Raum; 50 Prozent bestückt (6 x 4 HE ); Rest Blindplatten 2 HE (11 Stück), Kaltgangeinhausung mit Schiebetüren an beiden Seiten
  • Gitterplatten im Doppelboden
  • Umluftkühlgerät Liebert L10EC Down (Wassertemperatur: Zulauf 15 °C; Rücklauf 20 °C)
  • Stromkosten 0,15 Euro/kWh

Für die Kühlung wurde der erforderlicheLuftvolumenstrom aus der Energiegleichung für offene Systeme berechnet. Er beträgt 52000 m²/h. Da Einhausungen aber niemals vollständig luftdicht sind, geht (in Abhängigkeit vom Druck) durch die Spalten permanent Luft verloren. Diese muss zusätzlich von den Lüftern in den Umluftkühlgeräten umgewälzt werden. Spalten und Öffnungen ergeben sich zwangsläufig durch Komponenten, die flexibel auf- oder eingebaut werden müssen (z. B. 19-Zoll-Ausstattung) sowie durch Kabeldurchführungen. Weil der Schrank flexibel Komponenten aufnehmen muss, entsteht hier die größte geometrische Spaltfläche. Diese ist durch die 19-Zoll-Norm zwischen den 19-Zoll-Einbauten und den 19-Zoll-Blindplatten am größten. Auch durch die seitlichen Blenden für die Kalt-Warm-Trennung im Schrank und durch Bürsten entstehen Spaltflächen. Die Einhausung selbst hat eine verhältnismäßig geringe Spaltfläche. Im Doppelboden ergeben sich Spaltflächen hauptsächlich durch Kabeldurchführung, durch Bürsten oder Ähnliches. Die Spaltflächen unterscheiden sich bei den beiden Verfahren nur dadurch, dass bei der Temperaturregelung zusätzliche Öffnungen, in denen die Temperatursensoren für die Kaltgangregelung angebracht sind, hinzukommen.

Tatsächlich wirksame Spaltflächen

In Spalten kommt es immer zu einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Strahleinschnürung. Der Effekt der Strahleinschnürung auf das Durchflussverhalten wird mit der Kontraktionszahl μ berücksichtigt. Die­se gibt die Stärke der Strahleinschnürung wieder. Durch die Kontraktion verringert sich die tatsächlich wirksame Spaltbreite von kleinen Spalten. Insbesondere die Strahleinschnürung durch scharfkantige Labyrinthbleche ist groß und darf nicht vernachlässigt werden, denn Luft strömt an Abrundungen besser vorbei als an eckigen Kanten. Berechnet nach Greitzner, Trutnovsky und Komotori ergeben sich für ein mittelgroßes Rechenzentrum mit drei Kaltgängen mit jeweils 16 Schränken bei der Druckregelung 0,882 m²²an wirksamen Spalten, für die Temperaturregelung hingegen 0,919 m². Die Spaltfläche ist bei der Temperaturregelung somit um 0,037 m² geringfügig größer.

Luftgeschwindigkeit und Volumenstrom

Um den Verlust an Kühlluft zu erfassen, muss zusätzlich die Luftgeschwindigkeit berücksichtigt werden. Die Druckregelung arbeitet mit einer minimalen Druckdifferenz von 20 Pa. Daraus ergibt sich eine Luftgeschwindigkeit von 5,81 m/s und ein Verlust an Volumenstrom von 19 221 m³/h. Bei der Temperaturregelung strömt die Luft mit einer Geschwindigkeit von etwa 1 m/s durch die Regulierungsöffnungen. Der erforderliche Differenzdruck liegt nur bei 0,6 Pa, der Verlust an Volumenstrom bei 3173 m³/h. Bei der Druckregelung geht also erheblich mehr Luft durch die Spalten verloren (siehe Bild 3). Das hat entscheidenden Einfluss auf den Energieverbrauch für die Luftumwälzung, da die Lüfter in den Umluftkühlgeräten erheblich mehr Luft fördern müssen. Mit steigendem Druck steigen die Kaltluftverluste an. Hier bietet die Temperaturregelung klare Vorteile, denn aufgrund des deutlich niedrigeren Drucks im Doppelboden und in der Kaltgangeinhausung ist der Verlust an Kaltluft im Vergleich zur Druck­regelung durch die Spalten geringer (siehe Bild 4). Bei der Druckregelung sind die Lüfter außerdem einem permanenten Druck ausgesetzt. Dadurch kann es zu einer Lebensdauerverkürzung des IT-Equipments kommen.

Stromkosten für Umluftkühlgeräte im Vergleich

Je nach Anzahl der Umluftkühlgeräte im Rechenzentrum arbeiten diese im mehr oder weniger energieeffizienten Betrieb. Da in modernen Umluftkühlgeräten ausschließlich EC-Ventilatoren verwendet werden, sind die Umluftkühlgeräte bei niedriger Drehzahl grundsätzlich energieeffizienter. Die minimale Drehzahl beträgt üblicherweise 30 Prozent der Höchstdrehzahl. Ein typischer EC-Lüfter hat bei einer Drehzahl von 90 Prozent eine Leistungsaufnahme von 1 130 Watt. Bei einer Drehzahl von 30 Prozent reduziert sich dieser Wert auf 90 Watt. Der Lüfter arbeitet also bei einer Drehzahl von 30 Prozent bezüglich der geförderten Luftmenge um das 4-Fache effizienter als bei einer Drehzahl von 90 Prozent (siehe Bild 5). Der genaue Strombedarf der Lüfter kann mithilfe der Kalkulations-Software für das verwendete Umluftkühlgerät ermittelt werden.

Für den Vergleich von Druck- und Temperaturregelung berechneten die Experten von Emerson Network Power den Strombedarf für vier unterschiedliche Modes, das heißt mit mehr oder weniger Umluftkühlgeräten. Um für das oben beschriebene mittlere Rechenzentrum die benötigte Luftmenge bereitzustellen, werden min­destens drei Geräte benötigt. Im einfachsten Fall laufen diese ohne Lüfterregelung mit voller Drehzahl (100 Prozent). Diese Konfiguration hat mit 149270 kWh den höchsten Stromverbrauch. Mit der Druckregelung kann dieser Wert auf 91 Prozent bzw. 113004 kWh gesenkt werden. Bei der Temperaturregelung beträgt er nur noch etwa 70 Prozent und der Strombedarf sinkt auf fast ein Drittel (52034 kWh). Durch die stark nicht lineare Lüfterkennlinie er­gibt sich also ein sehr viel geringerer Energiebedarf. In der Praxis wird allerdings meist mit einer Redundanz von n+1 geplant. Für das genannte Beispiel bedeutet das, dass nicht nur drei, sondern mindestens vier Umluftkühlgeräte drehzahlgeregelt im Parallelbetrieb laufen müssen. Dadurch sinkt der Energiebedarf weiter ab; zwischen den beiden Regelungsarten besteht weiterhin ein sehr großer Unterschied. Bei der Druckregelung laufen die Lüfter jetzt zu 70 Prozent und verbrauchen 67978 kWh. Bei der Temperaturregelung sinken diese Werte auf 54 Prozent bzw. 30835 kWh.

Mehr Lüfter, geringerer Stromverbrauch

Zur weiteren Optimierung der Energieeffizienz werden aktuell in vielen Fällen zusätzliche Umluftkühlgeräte eingeplant. Daraus ergibt sich eine weitere erhebliche Absenkung der Energiekosten. Im oben beschriebenen Fall würden sich beim Betrieb mit sechs Lüftern folgende weitere Einsparungen ergeben: 49 Prozent bzw. 35741 kWh bei der Druckregelung und bei der Temperaturregelung 37 Prozent bzw. 14717 kWh. Kommen zusätzlich zwei weitere Lüfter zum Einsatz, sind sogar Werte von 38 Prozent bzw. 23827 kWh für die Druckregelung und 30 Prozent bzw. 11213 kWh für die Temperaturregelung zu erreichen. Beim Betrieb der Umluftkühlgeräte liegt die Temperaturregelung im Vergleich zur Druckregelung vorne, denn sie verursacht weniger als die Hälfte an Stromkosten. Bei der Optimierung eines Rechenzentrums muss allerdings für jeden Einzelfall separat geprüft werden, inwiefern die eingesparten Energiekosten zusätzlich notwendige Investitionen tatsächlich aufwiegen.

Kaltluftversorgung der Kaltgänge

Bei der Druckregelung werden die Kaltgänge in der Regel mit ausreichend Kaltluft versorgt. Der Bereich des Doppelbodens hat einen Differenzdruck von mindestens 20 Pa. Dieser Druck wird durch die perforierten Doppelbodenplatten auf die Kaltgänge übertragen. Hat ein einzelner Gang einen höheren Luftbedarf als die 20 Pa liefern, so entsteht eine Unterversorgung dieses Kaltganges. Bei unterschiedlichen Wärmelasten pro Kaltgang kann deshalb eine Unterversorgung eines Ganges nicht ausgeschlossen werden.

Bei der Temperaturregelung verfügt hingegen jeder Kaltgang über mindestens zwei Temperatursensoren, welche in der Luftregulierungsöffnung positioniert sind. Jeder Kaltgang wird somit einzeln überwacht. Üblicherweise wird die Drehzahl nach dem höchsten Temperaturwert in allen Gängen geregelt. Dies gewährleistet, dass kein Kaltgang unterversorgt wird.

Fazit

Der Vergleich hat ergeben, dass eine Kaltgangregelung mittels Temperatur in einem komplett geschlossenen Kaltgang gegenüber der Druckregelung deutliche Vorteile bietet. Die Methode gewährleistet eine zuverlässige Versorgung aller Kaltgänge, und der Strombedarf für den Antrieb der Lüfter beträgt nur ca. 50 Prozent im Vergleich zur Druckregelung. Zusätzlich ist die IT-Ausrüstung nicht dem permanenten Luftdruck ausgesetzt. Somit ist mit einer längeren Lebensdauer der Geräte zu rechnen. Ein modernes und energieeffizientes Rechenzentrum sollte grundsätzlich Umluftkühlgeräte mit drehzahlgeregelten Ventilatoren haben. Für Rechenzentren ohne Einhausung ist jedoch weiterhin die klassische Druckregelung die bessere Alternative. -

Rupert Reiter

Product Manager Racks & Solutions bei Emerson Network Power, Knürr ­Electronics GmbH

Rupert Reiter, München

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