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notwendiges Übel und Instrument unternehmerischer Überlebensstrategie?

Das süße Gift der Rabatte

    Seit dem 17. Jahrhundert wurde der aus dem italienischen Wort Rabatto entlehnte Begriff dem Sinne nach als niederschlagen, abschlagen verwendet. Vom Stammwort nicht weit entfernt, bildete sich dann mit der Wortschöpfung rabiat die schonungsloseste Begriffsbestimmung heraus: nämlich wütend, grob und roh zu sein eben rabiat.Es sind also vor allem die Rabiaten, die versuchen, mit Rabatten Geschäfte zu machen und ihre Wettbewerber aus dem Feld zu schlagen. Inzwischen lässt sich dies auch auf dem Klimagerätemarkt sehr gut beobachten. Nicht der Wert der Produkte steht im Vordergrund, sondern ihre Entwertung durch Rabatte.

    Hohe Rabatte sind stets ein Kennzeichen mangelnden Marktbedarfs. So muss also der rabiate Krieg mit Rabatten auch für Klimageräte vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass das Angebot bei Weitem die Nachfrage übersteigt. Ursache hierfür sind vor allem die klimatischen Verhältnisse: Deutschland ist ebenso wenig ein Klimamarkt wie es kein Photovoltaikmarkt ist, der bis jetzt nur deshalb eine einigermaßen nennenswerte Rolle spielte, solange die staatlichen Subventionen sprudelten. Auch Subventionen sind Rabatte, nämlich des Staats für Produkte, für die kein wahrer Bedarf besteht. Auch hier trifft die Erkenntnis von Prof. Steimle zu: Die Leute wollen nicht Energie sparen, sondern Geld. Erlischt die Subvention, erlischt auch die Neigung zur Investition.

    Das süße Gift der Rabatte wird aber nicht nur über lahmende Märkte ausgestreut, sondern auch über gesättigte: Wo schon alle alles haben, setzt sich nur noch der Billigste durch. Kein Ladengeschäft der unterschiedlichsten Branchen in den Citylagen unserer Städte kommt ohne teilweise irrwitzige Rabatte aus, deren realer Preis von vorneherein nichts ist, als ein Täuschungsmanöver gegenüber dem Kunden: Man schlägt auf, was man hinterher nachlässt.

    Man mag zwar unter gewissen Umständen die Gewährung von Rabatten als notwendiges Übel und Instrument der unternehmerischen Überlebensstrategie bewerten. Dies darf jedoch den verantwortungsbewussten Unternehmer nicht davon abhalten, sich stets die Folgen vor Augen zu führen, die Rabatte auf Dauer auslösen. Jede unternehmerische Handlung muss von einem Leitgedanken bestimmt werden, der sich auf ein einziges Wort reduzieren lässt und diesem Beitrag kurz und bündig vorangestellt wurde.

    Rentiert es sich?

    Zwar haben die Götter vor den Gewinn den Umsatz gesetzt. Aber Umsatz ohne Gewinn ist wie ein Vogel ohne Flügel. Die Konsequenzen sind absehbar die billigsten aller Branchen gehen auf Dauer unter (wie aktuell Schlecker) oder stecken in tiefroten Zahlen (wie aktuell Praktiker), von vielen anderen Unternehmen der verschiedensten Branchen ganz abgesehen.

    Was tun?

    Dazu sei kurz vorausgeschickt, dass der Verfasser kein Wirtschaftstheoretiker und kein Lehrstuhlwissenschaftler der Ökonomie ist, sondern seit mehr als 40 Jahren in seinem Unternehmen für Kälte- und Klimatechnik aktiv tätig ist und sich tagtäglich mit allen Problemen auseinandersetzen muss, die hier behandelt werden. Und von denen viele seiner Kollegen ebenso betroffen sind.

    Allerdings: Die Zustimmung der meisten Fachkollegen ist noch keine Garantie dafür, dass sie sich im Tagesgeschäft nicht weiterhin so verhalten werden, wie bisher. Unternehmer sind und müssen es wohl auch sein Einzelkämpfer, die sich mit ihren Wettbewerbern kaum jemals verbünden und im Interesse aller eine gemeinsame Linie verfolgen. Trotzdem soll nichts unversucht bleiben, den einen oder anderen Denkanstoß zu einer vielleicht doch möglichen Bewusstseinsänderung zu geben.

    Rabatte schlachten statt Rabattschlachten

    Der Klimagerätemarkt wird von einigen wenigen und hauptsächlich japanischen Herstellern dominiert. Deren Grund- und Sonderrabatte haben den ruinösen Wettbewerb überhaupt erst angeheizt. Die Höhe der Rabatte verlockt natürlich manchen Preisdesperado dazu, schon im Erstangebot 20 Prozent Rabatt oder mehr einzuräumen, woraus der Kunde den fatalen Schluss ziehen muss, dass der Anbieter wohl über eine sehr große Marge verfügt, wenn er ungefragt und schon von vorneherein einen derartig üppigen Rabatt zugesteht. Nur wer zu viel Pulver im Magazin hat, neigt dazu, dieses großzügig einzusetzen. Wird das Pulver aber knapp, dann muss er seine Munition auch ökonomischer einsetzen.

    Daher ergeht an die großen Anbieter die Aufforderung, ihre zukünftige Rabattpolitik zu überdenken und durch deren Reduzierung auch die Rabattinflationäre unter ihren Wiederverkäufer-Kunden in die Schranken zu weisen. Es wird hier übrigens wohlgemerkt von einer Reduzierung der Rabatte, nicht von einer Reduzierung der Preise gesprochen! Ein sehr unschönes Beispiel dafür mag hierfür aufgeführt werden.

    Vor einigen Jahren hat ein sehr renommierter Anbieter ohne Not ein Wandgerät, das bis dahin für rund 2900 Euro verkauft wurde, auf 2050 Euro reduziert. Dadurch entging dem Kälteanlagenbauer bei angenommenem 50 Prozent Rabatt eine Marge von 425 Euro. Der höhere ursprüngliche Preis ließ sich problemlos am Markt durchsetzen und es ist höchst zweifelhaft, ob durch diese Preisreduzierung so viel Geräte mehr verkauft wurden, um durch diesen Mehrverkauf die verringerte Rendite zu kompensieren.

    Auch bei den großen Herstellern scheint das Umsatzdenken nicht mit dem Gewinndenken zu korrespondieren. Daher darf Rabattreduzierung nicht gleichbedeutend sein mit Preisreduzierung.

    Kundenselektion

    Wer eine bestimmte Automarke verkaufen will, der muss gewisse Auflagen des Autoherstellers erfüllen, insbesondere im Hinblick auf die Gestaltung und Ausstattung von Laden- und Ausstellungsräumen und sich nach einem verbindlicher gestalterischen Outfit richten. Daraus folgt, dass nicht jeder, der die Marke Mercedes verkaufen möchte, auch die Zustimmung vom Hersteller erhält.

    Aus den verschiedensten Gründen ließe sich dieses System der Kundenselektion auch auf ausgewählte Klimafachbetriebe übertragen, ohne allerdings zu starke Fesseln anzulegen, wie dies in der Autoindustrie gegenüber den Autohändlern geschieht. Trotzdem aber ließen sich bestimmte Auswahlkriterien festlegen, wie z. B. eine bestimmte Umsatzgröße, allgemeines Erscheinungsbild, Leistungsfähigkeit usw. Bekanntlich macht ein Unternehmen mit 20 bis 30 Prozent seiner Kunden 70 bis 80 Prozent seiner Umsätze. Die Bewertung der Umsätze sollte aber nicht alleine nur nach den Fakten der Umsatzzahlen, sondern auch daraufhin bewertet werden, ob der Kunde für ihn selbst wirtschaftliche Erfolge erzielt und nicht zu jenen gehört, die hochwertige Erzeugnisse zu Ramschpreisen offerieren und anspruchsvolle Produkte zur Billigware abwerten.

    Dass allerdings mancher großer Hersteller selbst zur Verramschung seiner Waren beiträgt, lässt sich an den Key-Account-Maßnahmen erkennen, die zum Ziel haben, große Ketten und Hotels auf ihre Produkte einzuschwören. Sie navigieren sich damit an die Endkunden heran und liefern um ihnen nicht Direktverkäufe unterstellen zu können aus ihrem Kundenkreis die Montagesklaven gleich mit, die hauptsächlich an den Montagearbeiten und einigem Zubehör, nicht aber an den Geräten oder höchstens noch ein Trinkgeld verdienen.

    An den regionalen Kältefachfirmen dagegen geht diese Endkundenstrategie aber spurlos vorüber. Auch hierfür ein typisches Beispiel: Ein bundesweit tätiges Filialunternehmen, etwa 1000 m vom Firmensitz des Verfassers entfernt, erteilte einen Auftrag über ein Wand-Splitgerät im Wert von 3 597 Euro plus Umsatzsteuer inklusive Montage. Kurze Zeit später wurde dieser Auftrag aber wieder mit dem Hinweis storniert, dass ein Vertrag mit einem Unternehmen bestände, das bundesweit für die Klimamontagen zuständig sei. Dieses Unternehmen rückte dann aus hunderten von Kilometern Entfernung an, um die Klimamontage vorzunehmen. Unökonomischer kann man wohl kaum handeln, insbesondere wenn man zusätzlich bedenkt, dass auch im Kundendienstfalle ein völlig unangemessener Aufwand hierfür betrieben werden muss. Der Umsatz also, der vor Ort gemacht werden könnte, wird schon im Vorfeld abgeschöpft und schwächt damit zunehmend die Potenziale der Kältefachfirmen.

    Auf lange Sicht aber wird dies auch für die Hersteller fatale Folgen haben: Das Gewerk Klima ist eines der wenigen, das nur von wirklichen Fachleuten umfassend beherrscht und nur selten von talentierten Laien erfolgreich praktiziert werden kann, wie dies für manche anderen Handwerksberufe gilt, die von selbsternannten Fachleuten okkupiert werden Malerhandwerk, Elek­triker, Heizungsbauer usw.

    Wer also meint, die Kältefachbetriebe zu vernachlässigen oder partiell auszuschalten, der begeht einen großen strategischen Fehler. Sie sind die Substanz der Branche! Wer auf ihre Dienste verzichtet, steht womöglich eines Tages ohne ausreichende Kundendienststruktur da.

    Mahnend sei an diesem Zusammenhang an den kürzlichen Versuch eines der bedeutendsten Heizungsherstellers erinnert, der zusammen mit einer großen Tageszeitung versuchte, am Heizungsbauer vorbei seine Produkte direkt an den Endkunden zu vermarkten. Die Empörung der Heizungsfirmen war verständlicherweise groß.

    Nur wer sich der wahren Probleme seiner Kunden annimmt und mit diesen in vielfältiger Weise kommuniziert, sich ihrer Sorgen annimmt und sie dabei unterstützt, ihre verkäuferische und allgemeine unternehmerische Qualifikation zu fördern, erhält sich das Absatzfundament auch für die weitere Zukunft.

    Dies sollte übrigens auch unter dem Aspekt der sich langsam an den deutschen Markt heranpirschenden chinesischen Hersteller betrachtet werden. Noch bewegt sich deren Produktqualität nach eigenem Eingeständnis des chinesischen Ministerpräsidenten Wen im Bereich der unteren Mittelklasse. Es wäre aber sträflicher Leichtsinn, weiterhin auf die Unveränderlichkeit dieses Zustands zu hoffen.

    Und so schließt sich der Kreis wieder zu Preisen und Rabatten: Nur durch die Schaffung einer engen Kundenbindung und neuer Strukturen in der Zusammenarbeit mit dem Kältehandwerk werden es die Anbieter von Klimageräten vermeiden, zum Opfer ihrer eigenen Verhaltensweisen zu werden.

    Wer gegen Chinesen nur mit Preisen und Rabatten angehen will, wird auf verlorenem Posten stehen. Nur im engen Schulterschluss mit den deutschen Kälteanlagenbauern kann ein solches Szenario vermieden werden. Die Chinesen sind im Übrigen gewiefte Strategen und kaufen sich zunehmend auch in deutsche Unternehmen ein.

    Vor diesem Hintergrund soll vor einer Entwicklung gewarnt werden, die zunächst aus dem Reich der Fantasie zu stammen scheint: Wer garantiert dafür, dass Chinesen nicht zur festen Etablierung am deutschen Markt eine Reihe von Kältefirmen aufkaufen oder sich daran beteiligen, die dann natürlich ausschließlich zum Verkauf chinesischer Klimasysteme verpflichtet sind?

    Perspektiven

    Die Entwicklung auf sämtlichen Märkten schreitet bekanntlich rasant voran. Ein häufiger Grund für das Scheitern von Unternehmen besteht darin, sich zu sicher zu fühlen und Veränderungen zu spät wahrzunehmen.

    Zwar muss man gerade der Klimabranche eine gewisse Stabilität bescheinigen, da der Umgang mit dieser Materie ganz spezifische Erfahrungen und Kenntnisse erfordert. Dies beweist auch der Versuch, mit gewerkfremden Abnehmern (Elektro, Sanitär, Heizung) ins Geschäft zu kommen, was bisher allerdings mehr Verdruss als Freude ausgelöst hat. Typisch hierfür ist der inzwischen erfolgte Ausstieg von Vaillant aus diesem Geschäft, dem nach und nach weitere folgen werden. Andererseits dürfen tatsächliche oder vermutliche Schatten über der Branche nicht unbeobachtet bleiben. Zu diesen gehören:

    • Ein zu erwartender Abbau von Rechnerkapazitäten in Rechnerräumen zugunsten einer Auslagerung in die sogenannte Cloud (wo keine Wärme entsteht, benötigt man keine Kühlung).
    • Die ständigen Strompreiserhöhungen als Resultat einer voreiligen Energiewende: Trotz der hohen Energieeffizienz der meisten Klimageräte muss mit laufender Erhöhung der Strompreise gerechnet werden, die angeblich bis 2015 auf 0,35 Euro pro kWh prognostiziert werden.
    • Die Bedrohung der klassischen Klimatechnik durch die verschiedenen alternativen Lösungen und Kombinationen mit Photovoltaik, Wärmepumpen, Blockheizkraftwerken, Außen- und Dachbegrünung usw.
    • Schon zeichnet sich das Ziel zum 1-Liter-Energiesparhaus ab, für das natürlich eine Klimatisierung von vorneherein ausscheidet.
    • Viele Neubauten, insbesondere auch gewerbliche, werden mit energiesparenden Komponenten unter weitestgehendem Verzicht auf eine aktive Klimatisierung ausgerüstet.

    Nachlassendes Qualitätsbewusstseinder Abnehmer

    Es zählt in aller Regel nur der billigste Preis. Fachkompetenz, Zuverlässigkeit, die Dauer der Geschäftsbeziehung, die Gerätequalität sind heute keine Maßstäbe mehr, an denen sich der Kunde orientiert. Traditionelle Werte spielen also oft keine Rolle mehr.

    Schlussbetrachtungen

    Eigentlich wäre es die Aufgabe der Berufsverbände, sich im Geiste dieses Beitrags für ihre Mitglieder zu engagieren. Das traurige Schicksal des VDKF beweist die jahrelange Vernachlässigung dieser Thematik. Die Eigeninteressen hatten stets Vorrang vor dem Allgemeininteresse. Es wurde in diesem Beitrag bereits angedeutet, dass er nicht viel im Bewusstsein der Leser verändern wird, weil das Feindbild immer der Konkurrent ist und bleibt. Vielleicht aber gibt es doch Seelenverwandte. Sie mögen zusammenfinden. -

    https://www.wilfried-wiegand.de/

    Haben Sie eine Meinung zu diesem brisanten Thema, dann schreiben Sie uns:

    KK-Redaktion: simmert@diekaelte.de

    Autor: info@wilfried-wiegand.de

    Klaus Helmes

    Wer war noch mal der König

    „Wer war noch mal der König“ ist von einem Insider geschrieben, der die Kälte-Klima-Branche seit Jahrzehnten wie seine Westentasche kennt: Klaus Helmes ist seit 25 Jahren im Bereich Kälte-Klima tätig. Nach 10-jähriger Erfahrung als Vertriebsleiter im Kälteanlagenbau wechselte er zu York International und wurde Vertriebsverantwortlicher für die Region West und danach Bereichsleiter Klimasysteme. Seit der Übernahme durch Johnson Controls arbeitete er in führenden Vertriebspositionen, unter anderem als Director Residential and Light Commercial für Deutschland, Schweiz und Österreich. Heute ist Klaus Helmes für die Entwicklung vertikaler Märkte im Gas- und Ölgeschäft in Europa verantwortlich.

    Praxisnah und amüsant beschreibt er die unterschiedlichen Absatzwege und typischen Verkaufsprozesse der Branche. Er zeigt, was sie versäumt hat, wie sie sich auch durch neue Mitspieler beispielsweise das SHK-Handwerk gewandelt hat und vor welchen Herausforderungen sie heute steht.

    Sein Blickwinkel ist der eines Herstellers, seine Mission aber ist die eines Vollblutverkäufers, der analysiert, wo Chancen verpasst wurden und wo neue liegen. Dabei beleuchtet er Unternehmensstrategien und verdeutlicht, warum diese ohne Berücksichtigung der Vertriebsmitarbeiter nicht funktionieren können. Er strukturiert die Verkaufsprozesse in der Kälte-Klima-Branche mit Blick auf den Kunden von der Kennenlernphase über die Geschäftsphase bis hin zur Beziehungsphase. Die Absatzwege unterteilt er nach Leistungsklassen: Verkauf von Anlagen bis 150 kW, ab 150 kW und Verkauf von Industriekälteanlagen. Und er legt dar, wie künftig Unternehmen sich in ihnen aufstellen und operieren können.

    Format: 14 x 20 cm; Umfang: ca. 240 Seiten; ISBN: 978-3-922420-24-8; Ladenpreis: 34,- Euro (zzgl. Versandkosten); erhältlich ab Herbst 2012. https://www.cci-dialog.de/buch

    Wilfried Wiegand

    Inhaber der Wiegand Unternehmen für Kälte- und Klimatechnik, Neubiberg

    Wilfried Wiegand, Neubiberg

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