Bis zum Jahr 2020 soll die EU ihre Treibhausgasemissionen um 20 Prozent reduzieren, den Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix um 20 Prozent steigern und den Primärenergieverbrauch um 20 Prozent senken. Während die ersten beiden Ziele voraussichtlich erreicht werden können, hinkt Europa um gute zehn Prozent hinter dem Energiesparziel hinterher. In Zahlen: bis 2020 sollen 368 Millionen Tonnen Rohöl-Äquivalent (Mtoe) eingespart werden, tatsächlich belaufen sich die Prognosen aber nur auf eine Einsparung von rund 166 Mtoe, also gerade mal die Hälfte. Eine neue Richtlinie zur Energieeffizienz solls richten.
Bindende Ziele für Mitgliedsstaaten
Die neue Richtlinie zur Energieeffizienz, die derzeit noch in Bearbeitung ist, ersetzt die beiden Richtlinien zu Kraft-Wärme-Koppelung (2004/8/EC) sowie zu Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen (2006/32/EC). Beide haben es nicht geschafft, das Energieeinsparpotenzial voll auszuschöpfen. Die Europäische Kommission hat daher jetzt einen neuen Vorschlag vorgelegt, der Elemente aus beiden Regelwerken aufgreift. Die wichtigsten Bausteine der neuen Richtlinie, jeweils umzusetzen auf nationaler Ebene:
- Die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, jährlich drei Prozent der Gesamtbodenfläche der öffentlichen Gebäude zu renovieren (Artikel 4).
- Die Verpflichtung der Energieversorgungsunternehmen, den Energieverbrauch der Endkunden um 1,5 Prozent jährlich zu reduzieren (Artikel 6).
- Die Erstellung nationaler Heiz- und Kühlpläne zur Förderung hocheffizienter Kraft-Wärme-Koppelung sowie Fernwärme- und Kältenetze (Artikel 10).
Genau diese Artikel stoßen derzeit allerdings auch auf heftige Kritik und führen zu kontroversen Diskussionen der verschiedenen Interessenparteien. So liegt der Entwurf der Richtlinie derzeit dem Europäischen Parlament vor und wird dort in den verschiedenen Ausschüssen heiß diskutiert allein der Umweltausschuss legte vor kurzem über 400 Änderungsvorschläge vor, der Industrieausschuss sogar rund 1700 bevor es in einer ersten Lesung im Frühjahr 2012 zu einer ersten Abstimmung kommen wird. Deutlich gegen die Einführung verpflichtender Ziele zur Steigerung der Energieeffizienz sprach sich Ende November der EU-Rat aus.
Auf dem Hintergrund der Wirtschaftskrise wird mehr Flexibilität gefordert und die Möglichkeit, maßgeschneiderte Energiesparpläne für das jeweilige Land schaffen zu können ohne Verpflichtungen, versteht sich. Deutschland macht da keine Ausnahme und weigerte sich gemeinsam mit den Niederlanden, die kurzerhand eine komplette Streichung des umstrittenen Artikels 6 gefordert hatten, das 1,5 Prozent-Sparziel für Energieversorgungsunternehmen zu akzeptieren. Auch Artikel 4 stößt auf wenig Gegenliebe bei den meisten Ländern, befürchtet man doch hohe Staatsausgaben für die geforderten Renovierungen.
Industrie begrüßt Maßnahme
Die Kälte-, Klima- und Wärmepumpenindustrie hingegen begrüßt grundsätzlich die Einführung der neuen Richtlinie und ihrer bindenden Ziele, die Europa dank reduziertem Energieverbrauch langfristig unabhängiger von Gas- und Ölimporten macht. Ein entscheidender Punkt, denn bis 2030 wird Europa laut Prognosen der europäischen Energieagentur (EEA) zu 94 Prozent von Ölimporten und zu 83 Prozent von Gasimporten abhängig sein.
Hier richtet sich die Kritik gegen einen ganz anderen Punkt. So halten verschiedene Verbände, darunter der europäische Verband für Kälte-, Klima- und Wärmepumpentechnik (EPEE) und der europäische Verband für Wärmepumpen (EHPA) den neuen Vorschlag für zu restriktiv in Bezug auf die vorgeschlagenen technologischen Lösungen, die sich in erster Linie auf Kraft-Wärme-Koppelung und Fernwärmenetze beziehen. Durch die Fokussierung auf bestimmte Technologien besteht das Risiko, dass die Richtlinie andere energieeffiziente Lösungen wie zum Beispiel Wärmepumpen oder Wärmerückgewinnung blockiert Wärmepumpen spielen jedoch eine Schlüsselrolle im Hinblick auf die Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden und sind außerdem im Rahmen der Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien als solche anerkannt, so die Verbände in einem gemeinsamen Positionspapier, in dem sie für mehr technologische Vielfalt plädieren.
Es dürfte also noch eine ganze Weile dauern, bis der Käse gegessen und von allen verdaut ist. Bis dahin hat die EU ausreichend Zeit, sich noch ein Stück weiter vom gesetzten Energiesparziel zu entfernen und das in Anbetracht der Tatsache, dass Gebäude rund 40 Prozent der Primärenergie Europas verbrauchen und 36 Prozent der CO2-Emissionen verursachen. Ob mit oder ohne EU-Richtlinie: Die Kälte-, Klima- und Wärmepumpenindustrie hat hier eine wichtige Rolle zu spielen und bietet enormes Potenzial, den Energieverbrauch in Gebäuden drastisch zu senken. A V -