Um die eingangs genannten Fragen exakt zu beantworten, könnte man ein aufwendiges Messprogramm auf den Weg bringen. Zur Vermeidung von Kosten und Störungen im Betriebsablauf wurde bei der ab Seite 76 beschriebenen Anlage entschieden, die Wirkungen rechnerisch zu verfolgen. Auch das war aufwendig, hat aber einen guten Einblick in die Abläufe verschafft, über die zu berichten ist.
Die zum Verständnis erforderlichen Formeln und Ableitungen wurden einem ausführlichen Text überlassen, der auf den Internetseiten der KK abgerufen werden kann (s. Hinweis am Ende des Beitrags).
Ausgangsdaten der Berechnung
Im nachgerüsteten Zustand entspricht die Anlage dem Schema gemäß Bild 1. Diese Prozessführung entspricht der Kombination K3 von Eco und Sauggas-Wärmeübertrager, die aus bereits früher genannten Gründen vorzuziehen ist *).
Diese Kombination besitzt dadurch Entwicklungsreserven, dass sich für Schraubenverdichter in Kälteanlagen eine Erniedrigung des Einschleusdruckes für den Eco-Dampf bis zur Erreichung der Unterkühlungstemperatur
tu3≈t0+20 K
vollziehen wird, auch wenn das dauern könnte. Im untersuchten Fall einer Tiefkühlanlage für t0=35 °C mit R 404A liegt tu3 noch bei tu3=t0+36,5 K.
Die weiteren Ausgangsdaten entsprechen den Messdaten vom 28. Juli 2009:
- Kältemitteltemperatur, leicht unterkühlt vom Verflüssiger tu1=36 °C
- Austrittstemperatur aus dem Sauggas-Wärmeübertrager gemessen tu2=12 °C
- Austritt der überhitzten Dämpfe aus dem Sauggas-Wärmeübertrager tü2=24,5 °C
Erwartete Ergebnisse vor der Berechnung
Aufgrund der Vorschaltung des Sauggas-Wärmeübertragers vor dem Eco (Bild 1) wurde von vornherein erwartet, dass der Sauggas-Wärmeübertrager den Eco stark entlastet, d. h. dass die Eco-Leistung und die Eco-Dampfmenge stark abnehmen müssen. Das konnte später rechnerisch auch nachgewiesen werden. Durch diese Entlastung des Eco stellte sich auch eine kleinere Temperaturdifferenz am Eco ein und die Temperatur der Unterkühlung tu3 hat sich erniedrigt auf
tu3=t0 Eco+5 K.
Es wurde auch erwartet, dass die Leistungsaufnahme des Verdichters stark abnehmen würde, weil weniger Eco-Dampf verdichtet werden muss und weil die Sauggasdichte durch größere Überhitzung kleiner wird und zu einer Abnahme des Kältemittelumlaufs führen muss. Auch das wurde nachgewiesen ebenso wie die Abnahme der Kälteleistung durch geringere Sauggasdichte bei gleichem Ansaugvolumen des vorhandenen Verdichters (Rekonstruktion).
Die überraschenden Ergebnisse am Schraubenverdichter (Bild 2)
Nach den Erfahrungen mit Hubkolbenverdichtern ist man geneigt zu glauben, dass jeder Temperaturanstieg im Sauggas zur höheren Leistungsaufnahme des Verdichters führt. Das ist auch solange richtig, wie eine Ölrückkühlung unterbleibt. Ohne Sauggas-Wärmeübertragung braucht man keine oder nur Ölkühler mit minimaler Wärmeleistung. Die Verdichtung zeigt sich quasi adiabat, also ohne Wärmezu- und -abführung bei der Verdichtung. Die Kompressionsendtemperatur steigt bei Kältemitteln wie R 404A, R 134a usw. nur mäßig an. Eine Wärmeabführung an das Öl wäre gar nicht möglich, da sich eine geringe mittlere Öltemperatur einstellt. Logischerweise gibt es dann auch keine nennenswerte Kühlleistung des Ölkühlers.
Durch den Sauggas-Wärmeübertrager wird die Ansaugtemperatur stark angehoben und zwingt zur starken Wärmeabführung vom Dampf an das Öl, um am Kompressionsende die Standardtemperatur von 80 °C einzuhalten. Das erfordert gleichermaßen die starke Wärmeabführung im Ölkühler, weil es andernfalls gar nicht möglich wäre, während der Verdichtung Wärme an das Öl abzugeben. Auf diese Weise ergibt sich ein Verdichtungsverlauf links von der Isentropen im lg p,h-Diagramm.
Der Thermodynamiker stellt fest, es ergibt sich ein Verdichtungsverlauf mit abnehmender Entropie. Das ist anschaulich im Bild 2 dargestellt. Die grüne Linie stellt einen Verdichtungsverlauf ohne Wärmeabfuhr aus dem Dampf dar. Die grüne Linie ist eine Isentrope. Bei einem solchen Verlauf gelingt es nicht, eine Temperatur am Verdichtungsende von 80 °C einzuhalten.
Durch die Rückkühlung des Öles außerhalb des Verdichters nimmt das gekühlte Öl ab dem Punkt 2 bis zum Punkt 4 Verdichtungswärme auf (rote Linie). Auf dieser Linie und im genannten Bereich ist bei gleichem Druck die Temperatur, die Enthalpie und die Entropie kleiner als auf der grünen Linie, der Isentropen. Das bedeutet, dass man weniger Energie für die Verdichtung aufbringen muss. Darin steckt ein willkommenes Potenzial für die Energieeinsparung mit dem Schraubenverdichter.
Zur Veranschaulichung des gewonnenen Effizienzvorteils ist in Bild 2 auch der Verdichtungsverlauf ohne Sauggas-Wärmeübertrager und ohne Wärmeabfuhr bei der Verdichtung eingezeichnet (blaue Linie). Die Linie zwischen den Endpunkten 6 (tü=t0+10 K) und 5 (polytroper Endzustand) wurde mithilfe der Wirkungsgradangaben der Verdichterhersteller berechnet. Der innere Wirkungsgrad wurde dabei aus dem gegebenen effektiven Wirkungsgrad ηe mithilfe des angenommenen rein mechanischen Wirkungsgrades ηm=0,9 gefunden. Es zeigt sich, dass die klassische Verdichtung ohne Sauggas-Wärmeübertrager einen weniger steilen Anstiegswinkel aufweist als die Verbindungslinie der Punkte 1 und 4.
Die Leistungsaufnahme des Verdichters mit Sauggas-Wärmeübertrager, repräsentiert durch die Enthalpiedifferenz h4h1, ist also deutlich kleiner als bei der adiabaten Verdichtung (ohne Sauggas-Wärmeübertrager), vertreten durch die Enthalpiedifferenz h5h6.
Halten wir fest:
- Der Sauggas-Wärmeübertrager und die Einhaltung einer Öltemperatur von 80 °C erfordern eine starke Wärmeabführung bei der Verdichtung an das Öl.
- Die Verdichterwärme muss außerhalb des Verdichters im Ölkühler abgeführt werden.
- Erst durch diesen Zusammenhang entsteht eine zusätzliche Quelle zur Energieeinsparung. Ohne Sauggas-Wärmeübertrager ist ein wesentlicher Wärmeumsatz über die interne Verdichtungskühlung und die externe Ölkühlung nicht möglich.
- Der Ölkühler gewinnt an Bedeutung! Der hohe Wärmeumsatz für die Ölkühlung ist energetisch wünschenswert.
- Der Sauggas-Wärmeübertrager ist zweimal am Energiesparen beteiligt:
Durch Unterkühlen des Kältemittels mit dem Ergebnis der Reduzierung der Entspannungsdampfmenge und
durch den Zwang zur internen Kühlung des Verdichtungsvorganges bei Schraubenverdichtern wird ein großer Schritt zur energiesparenden Verdichtung getan.
Im Bild 2 ist noch ein Bereich zwischen den Punkten 1 und 2 der roten Linie gezeichnet, in dem die Temperaturen größer sind als auf der grünen Linie, der Isentropen. Das geschieht ungewollt dadurch, dass die Öltemperatur aus dem Ölkühler mit höherer Temperatur zurückkommt, als es dem anfänglichen Temperaturverlauf bei der Verdichtung der Dämpfe entspricht. Bei der Verdichtung der Kaltdämpfe in Anlagen ohne Sauggas-Wärmeübertrager ist dieser Verlust wesentlich größer als im Bereich zwischen den Punkten 1 und 2 mit Sauggas-Wärmeübertrager. Es ergibt sich daraus aber auch ein Hinweis, das Öl noch etwas tiefer zu kühlen als bis heute üblich, wenn man mit Hochleistungs-Sauggas-Wärmeübertrager arbeitet!
Die wichtigsten Schlussfolgerungen für die Nachrüstung eines Sauggas-Wärmeübertragers besagen daher:
Es ist unverzichtbar, dass mit der Nachrüstung eines Sauggas-Wärmeübertragers die Leistung der Ölrückkühlung erhöht werden muss, und zwar nicht nur aus Sicherheitsgründen für den Verdichter. Die Leistung des Ölkühlers ergibt sich nach Vorgabe der Sauggasüberhitzung mit der Software der Verdichterhersteller.
Eine 2. Regel, die beachtet werden muss, lautet:
Die Einhaltung der Kompressionsendtemperatur von 80 °C oder deren Unterschreitung bis 75 °C durch intensive Ölrückkühlung ist eine Bedingung für die wirtschaftliche Rückverdichtung der Kältemitteldämpfe.
Diskussion der Rechenergebnisse
Im vollständigen Text (s. Internetseiten der KK) sind alle Gleichungen angegeben, die zur Berechnung notwendig sind. Das betrifft auch die Energiebilanz. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Es hat sich erwiesen, dass eine relative Einsparung von Antriebsenergie durch die Nachrüstung des Sauggas-Wärmeübertragers eintritt, die oberhalb 14,3 bis 20 % liegt, wenn die Verdichtungsendtemperatur bei 80 °C gehalten oder bis 75 °C unterschritten wird. Steigt die Verdichtungsendtemperatur über 80 °C an, dann nimmt die Leistungsaufnahme des Verdichters spürbar zu und die relative Einsparung entsprechend ab. Die Zusammenhänge wurden mit Bild 2 erläutert. Einfluss nimmt auch die Ölkühlerleistung ω, die mit der Einhaltung der Verdichtungsendtemperatur bereits implizit enthalten ist.
Der Vergleich erfolgte unter der Bedingung gleicher Kälteleistung. Die Einsparungen wurden entsprechend nach unten korrigiert, weil sich durch unterschiedliche Kältemittelumläufe auch unterschiedliche Kälteleistungen ergeben müssen. Diese Mengenunterschiede erhält man durch stark veränderte Sauggasdichten. Bei Neuauslegungen wird das automatisch berücksichtigt, bei Nachrüstungen mit Kombination K3 kann das nur mit längeren Einschaltzeiten oder durch höhere Drehzahlen mithilfe eines Frequenzumrichters ausgeglichen werden. Auch die Wahl der Kombination zur Unterkühlung K1 oder K2 könnte diesen Nachteil beheben. Es gibt aber gute Gründe, an der Kombination K3 festzuhalten, die geringste Anschaffungskosten möglich macht (s. Fußnote auf Seite 80).
Weiter zeigt sich nach Tabelle 1, dass die Eco-Kälteleistung und die Eco-Dampfmenge stark abnehmen. Für künftige Anlagen deuten sich damit Entwicklungsreserven zur weiteren Verbesserung der Energieeffizienz von Kälteanlagen mit Schraubenverdichtern an.
Fazit
Für eine Tiefkühl-Kälteanlage mit dem Kältemittel R 404A, Schraubenverdichter, einer Verdampfungstemperatur von 35 °C, ausgestattet mit einem Eco pro Verdichter wurde ein gemeinsamer Sauggas-Wärmeübertrager nachgerüstet. Gemessen wurden die Ein- und Austrittstemperaturen am Sauggas-Wärmeübertrager. Durch Berechnung wurden die Zusammenhänge und Einflüsse auf die Kennwerte der Anlage sichtbar gemacht. Dabei wurde der große Einfluss der Endtemperatur des Verdichters festgestellt. Außer auf die Sauggasdichte und damit dem Kältemittel-Mengenumlauf wirkt sich der Sauggas-Wärmeübertrager positiv auf die Leistungsaufnahme der Verdichter aus. Es wurden Einsparungen beim Energieverbrauch zwischen 14,3 und über 20 % je nach Kompressionsendtemperatur ermittelt. Leistungsfähige Ölkühler sind unverzichtbar. -
*) Siehe Förster, H.: Die Kälteanlage der Zukunft, KK 2/2009, S. 44 ff.
Größen und Gleichungen in der Tabelle beziehen sich auf den ausführlichen Text.
Links
https://www.diekaelte.de/ WEBCODE kk959
Hier finden Sie zur Vertiefung einen ausführlichen Text mit allen Formeln und Ableitungen.
Dr.-Ing. Hans Förster
freier Ingenieur, Kältetechnik, Absorptionskältetechnik, Ing.-Büro Dr.-Ing. H. Förster, Magdeburg