Oberstes Gebot bei der Planung der Kühlung eines Rechenzentrums ist der durchgehende, störungsfreie Betrieb der Server. Dieser muss über entsprechend leistungsfähige Klimasysteme mit den zugehörigen Redundanzen sichergestellt sein insbesondere wenn gleichzeitig Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen getroffen werden sollen. Abhängig von den Bedingungen vor Ort und der gewählten Kältetechnik bewegt sich der Anteil der Kühlung an den Gesamtenergiekosten bei heutigen Rechenzentren zwischen 20 und 60 Prozent. Diese enorme Spannbreite macht deutlich, welche Einsparpotenziale hier verborgen liegen und dass die stark zunehmende Bedeutung von Green-IT-Konzepten auch wesentlich von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angetrieben wird.
Eine Folge der massiv voranschreitenden Entwicklung in der IT-Technik ist die mittlerweile deutlich höhere thermische Belastbarkeit der Serverkomponenten. In der Vergangenheit sind die Temperaturen hier möglichst niedrig gehalten worden, da die Lebensdauer der Rechner stark von der Umgebungstemperatur abhing. Hier galten vor wenigen Jahren noch Zulufttemperaturen von maximal 18 °C als die oberste vertretbare Grenze. Mittlerweile können Serverräume bei einer Zulufttemperatur von bis zu 25 °C zuverlässig und langlebig betrieben werden. Daraus ergeben sich Spielräume für neue Kühlkonzepte, die neben der allgegenwärtigen Betriebssicherheit auch beträchtliche Einsparungen bei den Energiekosten eines Rechenzentrums ermöglichen.
Indirekte Kühlung mit Außenluft
Eine solche Lösung ist die luftgeführte Kühlung, bei der die Außenluft für die Abfuhr der Wärme aus dem Rechenzentrum genutzt wird. Dabei werden die Umluft- und Kühlluftströme über einen hocheffizienten Wärmeübertrager vollständig voneinander ge- trennt. Dies hat den Vorteil, dass eine weitere Aufbereitung der Außenluft nach den Erfordernissen der IT-Technik etwa durch Filtern, Be- oder Entfeuchten nicht mehr notwendig ist. Angesichts der mittlerweile relativ hohen Zulufttemperaturen sowie des großen Temperaturunterschieds zwischen Zu- und Abluft (≥ T Δ 10 K) kann allein mithilfe des Wärmeübertragers bereits ein Großteil des jährlichen Kältebedarfs über freie Kühlung gedeckt werden.
Nähert sich die Außenlufttemperatur der geforderten Zulufttemperatur etwa im Sommer wird die zusätzlich benötigte Kälteleistung in einem zweiten Schritt über eine ergänzende Verdunstungskühlung erzeugt. Erst wenn diese den Kältebedarf nicht mehr allein decken kann, wird als dritte Stufe eine im Klimagerät integrierte Kältemaschine zugeschaltet. Da hier jedoch nur der Anteil an Kälte bereitgestellt werden muss, der über die Leistung der Verdunstungskühlung hinausgeht, kann die Kältemaschine von vornherein erheblich kleiner dimensioniert werden. Gleichzeitig wird durch diese aufeinander aufbauende Kombination verschiedener Kühlmethoden die Nutzung der Kompressionskälte auf ein Minimum reduziert. In der Regel sind dies deutlich weniger als 574 Stunden im Jahr, das entspricht 6,5 Prozent der gesamten Jahresstunden. Durch den Einsatz eines sehr leistungsfähigen Rekuperators für die Wärmerückgewinnung kann sogar vollständig auf eine mechanische Kälteerzeugung verzichtet werden.
Hohe Effizienz mit erneuerbaren Energien
Der maßgebliche Vorteil der luftgeführten Kühlung liegt darin, dass der Stromverbrauch aufgrund der überwiegenden Nutzung natürlicher Verfahren gegenüber konventionellen Lösungen erheblich sinkt. Damit ist auch eine deutliche Reduktion der elektrischen Anschlussleistung der Geräte verbunden, wodurch auch die Notstromversorgung entsprechend kleiner dimensioniert werden kann. Angesichts des großen Anteils der Kühlung am Gesamtenergieverbrauch können in Rechenzentren auf diese Weise sehr gute Energieeffizienzwerte erreicht werden. Dabei wird der Energieverbrauch der IT-Systeme ins Verhältnis zum Gesamtverbrauch gesetzt. Insgesamt geht es darum, dass möglichst wenig der eingesetzten Energie für die Infrastruktur aufgewendet wird. Hier konkrete Kennzahlen wie DCIE (Data Center Infrastructure Efficiency) oder PUE (Power Usage Effectiveness) einzuhalten, ist mittlerweile fester Bestandteil der übergreifenden Planungsziele.
Neben diesen wirtschaftlich orientierten Kriterien lassen sich mit der luftgeführten Kühlung aber auch normative Anforderungen leichter erfüllen. So schreibt etwa das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) in Deutschland die verbindliche Nutzung eines bestimmten Anteils regenerativer Energien in Neubauten vor. Diese Forderung gilt u. a. als erfüllt, wenn 50 Prozent des Kälte- bzw. Wärmeenergiebedarfs über Umweltwärme gedeckt werden. Da hierzu sowohl die freie Kühlung als auch die Verdunstungskühlung gezählt werden und diese Verfahren bis zu 100 Prozent der notwendigen Kühlleistung erbringen, werden die Vorgaben des EEWärmeG bei der luftgeführten Kühlung faktisch automatisch erfüllt.
Einfachere Planung ohne Leckagerisiko
Darüber hinaus gewährleistet die vollständige Aufstellung der Geräte im Innenbereich nicht nur einen hohen Schutz vor äußeren Einflüssen, sondern vereinfacht auch die Planung in einigen Bereichen deutlich. So muss auf dem Dach kein Platz mehr für einen Kühlturm oder Kaltwassersatz vorgehalten werden und das sonst hierfür erforderliche, zusätzliche Leitungssystem entfällt ebenfalls. Alle notwendigen Anschlüsse (Luftkanäle, Wasser, Abwasser und Strom) werden im Technikraum zusammengeführt, wobei die vollständige räumliche Trennung der Klimatechnik von den Servern zusätzliche Sicherheit bietet. Da die Versorgung der Druckböden über Luftkanäle von außerhalb erfolgt, gibt es in den Serverräumen beispielsweise keine wasserführenden Leitungen. Schäden an der IT-Technik durch Leckagen oder Kondensatbildung an den Rohren sind damit von vornherein ausgeschlossen. Zudem müssen Wartungsarbeiten nicht mehr direkt in den Serverräumen durchgeführt werden.
Adiabate Kühlung direkt im Wärmeübertrager
Bei der Aufstellung im Innenbereich spielt die Größe der Klimageräte eine wichtige Rolle. Auch wenn für die Anlagen ein eigener Technikraum zur Verfügung steht, geht es darum, so wenig Platz wie möglich zu belegen. Im Falle einer Modernisierung können zudem nur Geräte eingesetzt werden, die in den bestehenden Gebäudestrukturen eingebracht und installiert werden können. Dementsprechend sind hier Produkte gefordert, die eine möglichst hohe Effizienz mit einer kompakten, modularen Bauform verbinden.
Dies lässt sich beispielsweise durch die direkte Kombination von Verdunstungskühlung und Wärmerückgewinnung erreichen. Anstatt die Außenluft erst zu befeuchten und die abgekühlte, feuchte Luft anschließend in den Wärmeübertrager zu führen, wird etwa in den Adcoolair Umluftkühlgeräten von Menerga das Wasser direkt im Außen-/Fortluftweg des asymmetrischen Plattenwärmeübertragers versprüht. Auf diese Weise finden Stoff- und Wärmeübertragung gleichzeitig und nahezu bei Feuchtkugeltemperatur statt, wodurch eine sehr hohe Effizienz erreicht wird und Temperaturabsenkungen von mehr als 10 K möglich sind. Dabei wird die gesamte Wärme latent über die Verdunstung aufgenommen, so dass die nach draußen geleitete Fortluft zwar eine höhere Feuchtigkeit, aber keine höhere Temperatur als die Außenluft hat. Um Korrosion und eine hygienisch unbedenkliche Luftabfuhr zu gewährleisten, werden die Plattenwärmeübertrager zudem aus Polypropylen hergestellt.
Geringer Außenluftvolumenstrom
Aufgrund der großen Wärmeübertragungsfläche wird für die luftgeführte Kühlung nur ein relativ geringer Außenluftvolumenstrom benötigt. Dieser liegt bei den Anlagen des Mülheimer Lüftungs- und Klimatechnikherstellers bei maximal 60 Prozent des Umluftvolumenstromes für den Serverraum. Somit fallen auch die Abmessungen der Luftkanäle für den Außen- und Fortluftweg moderat aus, wodurch sowohl die Leitungsführung im Gebäude als auch die architektonische Einbindung in die Fassade deutlich vereinfacht werden.
Gleichzeitig wird für den Transport der Außenluft auch nur noch eine entsprechend geringere Ventilatorleistung benötigt. Hierfür kommen in den Umluftkühlgeräten bis zu vier parallel geschaltete, kompakte EC-Ventilatoreinheiten zum Einsatz. Diese verfügen über einen sehr hohen Teillastwirkungsgrad, wodurch der Luftvolumenstrom sehr präzise und effizient an den aktuellen Bedarf angepasst werden kann. Da zudem der Wärmetransport über die Luft generell mit einem geringen luftseitigen Druckverlust im Gerät verbunden ist, können die Geräte insgesamt sehr energiesparend betrieben werden.
Kühlen ohne Kältemaschine
Eine noch höhere Gesamteffizienz lässt sich bei der luftgeführten Kühlung durch den vollständigen Verzicht auf eine mechanische Kälteerzeugung erreichen. Der gesamte Kühlbedarf des Rechenzentrums wird dann über die freie Kühlung und die Verdunstungskühlung gedeckt. Um dieses Ziel zu erreichen, wird im Umluftkühlgerät ein ausreichend leistungsfähiger Wärmeübertrager benötigt. Hierzu verfügen die vom Mülheimer Unternehmen gefertigten Adsolair Geräte, die ebenfalls nach dem Prinzip der luftgeführten Kühlung arbeiten, über einen deutlich effizienteren Doppel-Plattenwärmeübertrager in Kreuz-Gegenstrom-Schaltung. Mit einem Temperaturwirkungsgrad von über 70 Prozent hat dieser allerdings auch entsprechend größeres Volumen, weshalb die höhere Leistung der natürlichen Kälteerzeugung auch mit einem höheren Platzbedarf der Anlagen verbunden ist.
Fazit
Die luftgeführte Kühlung von Rechenzentren stellt vor dem Hintergrund, dass Serverräume heute mit höheren Zulufttemperaturen von bis zu 25 °C zuverlässig und langlebig betrieben werden können, eine sehr effiziente Alternative dar. Durch die aufeinander aufbauende Kombination von freier Kühlung, adiabater Verdunstungskühlung und Kompressionskälte kann die Wärme hier sicher und mit geringen Betriebskosten abgefahren werden. Dabei wird der Anteil der mechanischen Kälteerzeugung auf ein Minimum reduziert, wodurch in den Rechenzentren sehr gute Energieeffizienzkennzahlen erreicht werden können. Gleichzeitig bietet die Aufstellung im Innenbereich einen hohen Schutz vor äußeren Einflüssen und vereinfacht die Planung. Ist im Technikraum ausreichend Platz vorhanden, können Rechenzentren mit diesem Ansatz sogar zu 100 Prozent mit natürlicher Kälteerzeugung gekühlt werden. -
Dr.-Ing. Jürgen Röben
Geschäftsführer Menerga GmbH, Mülheim/Ruhr