KK: CO2 als nahezu klimaneutrales und zudem preiswertes Kältemittel soll mehr und mehr in neuen Anlagen eingesetzt werden. Wie beurteilen Sie die Marktchancen von CO2?
Dieter Wündsch-Wagner: Zurzeit sind die Marktchancen sehr schwierig zu beurteilen, da wir bisher auf sehr wenig Erfahrung zurückgreifen können. Soweit es mir bekannt ist, sind in Deutschland nur wenige CO2-Anlagen in der Praxis eingeführt worden. Ein großer Lebensmittel-Discounter hat seit einiger Zeit mehrere Filialen mit CO2-Anlagen ausgestattet. Da dies jedoch eine Entwicklung der jüngsten Vergangenheit ist, kann man auch hier meiner Meinung nach noch nicht abschließend beurteilen, wie sicher und effektiv diese Anlagen auf Dauer arbeiten werden.
KK: Welche Vorteile bietet CO2 Ihrer Meinung nach in Relation zu den bisher gängigen Kältemitteln?
Dieter Wündsch-Wagner: Zunächst einmal würde ich die Umweltverträglichkeit von CO2 in den Fokus rücken. Aufgrund seines natürlichen Vorkommens kann es preiswert produziert werden und ändert bei Leckagen und Austritt aus einer Anlage nichts am allgemeinen CO2-Vorkommen in der Atmosphäre. Somit verhält es sich vollkommen klimaneutral. Zudem ist hervorzuheben, dass CO2-Anlagen mit einem geringeren Stromverbrauch von bis zu sechs Prozent arbeiten können. Bei mittleren sommerlichen Temperaturen und kalten Wintern arbeiten die Anlagen somit äußerst kosteneffizient.
KK: CO2 ist als Kältemittel aber doch nicht wirklich neu. Warum wurde es dann bisher nicht in umfänglichem Maß eingesetzt?
Dieter Wündsch-Wagner: Das ist richtig. Dass CO2 durchaus als Kältemittel eingesetzt werden kann, ist quasi ein alter Hut. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass die Drücke ungefähr um das Vierfache über dem von konventionellen Anlagen liegen. Bei einem Siededruck von 10 °C besteht ein Anlagendruck von 24 bar, bei +20 °C Siededruck liegt er aber schon bei rund 57 bar. Der kritische Punkt wird bei +30 °C erreicht, dann nämlich liegt er bei 73,77 bar. Beim Abschalten der Anlage steigt der Druck noch weiter an, sodass Druckausgleichsbehälter montiert werden sollten. Somit sind bei der Montage höchste Sicherheitsstandards erforderlich, wobei ich befürchte, dass kleinere Betriebe bei der Erstellung und Wartung solcher Anlagen an die Grenzen ihrer technischen Möglichkeiten stoßen würden.
KK: Kommen wir auf die Kosten zurück. Aufgrund der sich verschärfenden Gesetzeslagen zeichnen sich im Bereich der Kältemittel drastische Preiserhöhungen ab. Dem- gegenüber ist CO2 als Kältemittel äußerst günstig. Doch wie verhält es sich mit den Gesamtkosten einer solchen Anlage?
Dieter Wündsch-Wagner: Ich rechne damit, dass die Gesamtkosten, die für die Errichtung von CO2-Anlagen aufgrund der hohen Sicherheitsstandards entstehen, sehr hoch liegen werden. Allerdings kann man meiner Meinung nach hier noch keine abschließenden Aussagen treffen, da ich davon ausgehe, dass diese Anlagen erst in circa zwei Jahren zur vollen Serienreife gelangen werden. Es ist also fraglich, ob die Kosteneinsparungen, die durch den günstigen Kältemittelpreis und die geringeren Energiekosten erzielt werden, die höheren Investitionskosten kompensieren werden.
Zudem befürchte ich, dass bei der Errichtung von CO2-Anlagen aufgrund der extrem hohen Drücke nicht mehr durchgängig mit Kupferrohr gearbeitet kann, sondern auf druckfest geschweißten Edelstahl zurückgegriffen werden muss. Allein diese Schweißtechnik erfordert höchste Sorgfalt und treibt die Kosten in die Höhe.
Zusätzlich müssen die Anlagen mit CO2-Warnanlagen ausgestattet werden. Auch dies führt zu weiteren Kostensteigerungen.
KK: Abgesehen von der Umweltfreundlichkeit, wie schätzen Sie das Gefahrenpotenzial von CO2 für den menschlichen Organismus ein?
Dieter Wündsch-Wagner: Es ist richtig, dass CO2 im Gegensatz zu anderen Kältemitteln zunächst als ungiftig gilt. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass bereits eine Raumluftkonzentration von acht Volumenprozent ausreichen kann, um tödlich zu wirken. Das größte Gefahrenpotenzial sehe ich in der Tatsache, dass CO2, da es farb- und geruchlos ist, nicht wahrgenommen wird. Innerhalb kürzester Zeit führt es zu Benommenheit und durch Behinderung der Atmung zum Tod. Somit würde ich dafür plädieren, dass, neben der zwingend vorgeschriebenen Installation von CO2-Warnanlagen, stets ein Kollege außerhalb des Gefahrenbereichs anwesend sein sollte, aber auch der Einsatz eines zweiten Monteurs, der den Gefahrenbereich allerdings auch nur mit einem umluftunabhängigen Atemschutz betreten dürfte, treibt die Kosten natürlich in die Höhe und ist vor allem für kleinere Betriebe mit einer geringeren Personaldecke so gut wie nicht zu realisieren.
KK: Angesichts dieser Faktoren, welche Alternativen zum Einsatz von CO2 bestehen Ihrer Meinung nach?
Dieter Wündsch-Wagner: Zunächst denke ich, dass die Betreiber von Kälteanlagen gesetzlich dazu verpflichtet werden müssen, die bestehenden Anlagen in weitaus umfänglicherem Maß als bisher überprüfen und warten zu lassen, da damit das Risiko von Leckagen und des Austritts von Kältemitteln entsprechend minimiert würde. Eine weitere Möglichkeit im Umgang mit den bisher gängigen Kältemitteln sehe ich darin, Warnanlagen, die im Falle des Austritts von Kältemitteln für die sofortige Abschaltung der Anlagen sorgen, zu installieren. Auch dies würde dazu beitragen, dass in weitaus geringerem Maße klimaschädliche Gase in die Atmosphäre austreten würden.
Eine weitere Möglichkeit ist der verstärkte Einsatz von luft- und wassergekühlten Kaltwassersätzen, da hier die Kältemittelmenge in den Anlagen von vornherein relativ gering und die Gefahr von Undichten reduziert ist.
KK: Herr Wündsch-Wagner, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Das Gespräch führte Nicola Wagner, Agentur Jenseits des Mainstreams, Köln. -
Was ist Kohlenstoffdioxid?
Kohlenstoffdioxid, die chemische Verbindung von Kohlenstoff und Sauerstoff, kurz CO2, ist ein saures, unbrennbares, farb- und geruchloses Gas. Es ist natürlicher Bestandteil der Luft, wo es derzeit in ei-ner mittleren Konzentration von 390 ppm vorkommt.
Bereits im 17. Jahrhundert wurde Kohlenstoffdioxid vom flämischen Arzt Johan Baptista von Helmont als Gas oder Spiritus sylvestre (Wilder Geist) bezeichnet. Es ist somit eines der ersten Gase, die im Unterschied zu Luft so bezeichnet wurden. Dass Kohlendioxid nicht nur in gasförmigem, sondern auch festem Zustand vorkommen kann, wurde 1834 von Charles Thilorier beschrieben, der einen unter Druck stehenden Behälter mit flüssigem Kohlendioxid öffnete und beobachtete, dass eine Abkühlung unter spontaner Verdampfung stattfindet, die zu festem CO2, also Trockeneis, führte. Es besitzt ein weites technisches Anwendungsspektrum und wird zum Beispiel in fester Form (Trockeneis) als Kühlmittel eingesetzt. Als Kältemittel wird Kohlenstoffdioxid unter der Bezeichnung R 744 sowohl in Pkw-Klima-anlagen wie auch für die Kühlung in Supermärkten eingesetzt. Ein weiteres Einsatzgebiet ist der Einsatz in der Wärmepumpentechnik. Die physikalischen Eigenschaften von Kohlendioxid lassen sich wie folgt zusammenfassen: Liegt CO2 bei normalem Druck in Form von Trockeneis vor, so beträgt seine Temperatur 78,5 °C. Der kritische Druck liegt bei 73,8 bar, die kritische Temperatur bei 31,0 °C. Kohlendioxid kann unterhalb dieser Temperatur durch Drucksteigerung zu einer farblosen Flüssigkeit verdichtet werden. Hierzu ist bei Raumtemperatur ein Druck von 60 bar erforderlich.
Gesundheitsgefahren durch Kohlenstoffdioxid
Anders als oft angenommen, beruht die Schadwirkung von Kohlenstoffdioxid nicht auf der Verdrängung von Sauerstoff. Eingeatmetes Kohlenstoffdioxid wird im Blut gelöst und wirkt somit auf das Atemzentrum im Gehirn, wo es, je höher die Konzentration in der Raumluft ist, den Atemanreiz dahingehend beeinflusst, dass es zunächst zur Atemdepression, also zu einer Verlangsamung der Atmung, dann zum Atemstillstand kommt. So treten ab einer Raumluftkonzentration von etwa fünf Volumenprozent Kopfschmerzen und Schwindel auf. Ein großes Gefahrenpotenzial ist in der Tatsache zu sehen, dass es, da es geruch-, farb- und geschmacklos ist, nur schwer von den menschlichen Sinnen wahrgenommen wird. Durch zunehmende Benommenheit steigt das Risiko, dass die Gefahr einer Kohlenstoffdioxidvergiftung vom Betroffenen nicht mehr als solche lokalisiert wird. Steigt die Konzentration von eingeatmetem CO2 auf rund acht Volumenprozent, beschleunigt sich der Herzschlag, es kommt zu Atemnot und Bewusstlosigkeit, der sogenannten Kohlenstoffdioxid-Narkose. Je nach körperlicher Gesamtverfassung führt diese binnen von 30 bis 60 Minuten zum Tod.