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Integration einer Expansions-Kompressions-Einheit in eine transkritisch arbeitende CO2-Kälteanlage

Bei der Druckentspannung Energie gewinnen

Gewerbliche Kälteanlagen benötigen viel Energie. Bei elektrisch betriebenen Kompressoreinheiten erscheint diese Tatsache als hohe Stromrechnung. Grund genug, an Effizienzmaßnahmen zu denken. Dazu gehören z. B. intelligente Regelungen, verbesserte Wärmeübergänge, mehrstufige Prozesse usw. Aber auch bei der Entspannung des Kältemittels lässt sich Energie sparen. Was seit langem theoretisch bekannt war, haben die Frigo-Consulting AG in Gümligen, die Technische Universität Dresden und die Alpiq InTec West AG nun gewagt: Die Integration einer Expan­sions-Kompressions-Einheit in eine transkritisch arbeitende CO2-Kälteanlage. Als Weltneuheit nahm man 2010 diese Einheit beim neu erstellten Prodega Cash+Carry in Basel in Betrieb.

Verdichtungsarbeit aus der Entspannung

Mit dem Einbau dieser Expansions-Kompressions-Einheit kann die Entspannungsarbeit der Kälteanlage in Verdichtungs­arbeit übertragen werden. Die Expansionsstufen ersetzen Expansionsventile und wandeln die Druckdifferenz in Energie um, welche zur Kompression in einer zweiten Verdichtungsstufe genutzt wird. Damit vermindert sich der notwendige Aufwand für die installierten Kompressoren und die Kälteleistungszahl wird erhöht. Im Jahresdurchschnitt sollen zehn bis 15 Prozent der Energie eingespart werden; bei hohen Außentemperaturen sind bis zu 25 Prozent möglich.

Das Ingenieurbüro Frigo-Consulting AG hat vor acht Jahren seine Aktivitäten in Richtung Forschung und Entwicklung verstärkt und mittlerweile ein Team etabliert, das sich mit innovativen Lösungen im Kältebereich befasst. Durch die internationalen Kontakte kam man auch mit der TU Dresden zusammen, die mit einer Ex­pansions-Kompressions-Einheit experimentierte. Aufgrund der Tatsache, dass die Frigo-Consulting AG umfassende Erfahrungen mit CO2-Kälteanlagen aufweist und auch viele Installationen mit transkritischem Betrieb geplant hat, war der Schritt in die Praxis machbar. In den vergangenen fünf Jahren konnte die Frigo-Consulting AG über 100 transkritisch arbeitende CO2-Anlagen planen und damit ihre Kompetenz in diesem Bereich ausbauen. Heute dürften insgesamt mehrere Hundert CO2-Anlagen in der Schweiz in Betrieb sein. Die Vorteile dieses natürlichen Kältemittels sind offensichtlich.

Kohlendioxid überzeugt als Kältemittel

Das Kältemittel CO2 ist heute für viele An-wendungen geeignet, es ist nicht toxisch und besitzt ein vernachlässigbares Treibhauspotenzial. Es bietet aufgrund seiner höheren Arbeitstemperaturen auch bei der Nutzung von Abwärme Vorteile. Es ergeben sich ökologische und wirtschaftliche Potenziale. Im Weiteren ist auch das thermodynamische Verhalten von Kohlendioxid für die Kältetechnik positiv. Allerdings entstehen beim Einsatz von CO2 aufgrund des niedrigen kritischen Punkts hohe Verflüssigungsdrücke. Diese können dank ausgereifter Komponenten zuverlässig bewältigt werden. Bei transkritischen Anlagen verläuft der Kälteprozess auch über dem kritischen Punkt des Kältemittels, der bei CO2 bei +31 °C liegt. Das überkritische Gas wird hierbei nicht mehr verflüssigt, sondern nur noch abgekühlt.

All diese Faktoren haben auch bei der Entwicklung der Expansions-Kompressions-Einheit durch die TU Dresden eine wichtige Rolle gespielt. Sie wurde modular aufgebaut, besteht aus Stahl und Messing und ist rund 50 cm lang. Die Einheit ist mit axial beweglichen, doppelt wirkenden Kolben ausgestattet, umfasst eine Verdichtungsstufe und zwei Entspannungsstufen. Die Zufuhr in die Expansionszylinder erfolgt mit einem Schiebermechanismus. Für den Einsatz in der Praxis waren auch die hohen mechanischen Belastungen sowie eine steuerungstechnisch optimale Kombination mit der geplanten konventionellen Anlage vorzusehen.

Entwicklungszusammenarbeit

Die TU Dresden erstellte eine Vorstudie und das auf die Schweizer Anlage angepasste Konzept und hat die Maschine anhand eines Lastprofils dimensioniert und konstruiert. Zusätzlich hat die TU Dresden eine Regelstrategie entwickelt, die zum einen die Anpassung des Hochdrucks und zum anderen die Anpassung der Maschine an den Jahresgang ermöglicht. Gleichzeitig erfolgte die Evaluation der nötigen Komponenten durch die Frigo-Consulting AG. Die Alpiq InTec West AG hat die Anlage mit Steuerung erfolgreich mitgeplant und umgesetzt. Unterstützung fand dieses Projekt auch beim entsprechenden Forschungsprogramm des Schweizer Bundesamts für Energie (BFE). Neben dem Einbau interessierten natürlich auch der Anlagenbetrieb und die erreichbaren Energieeinsparungen. So wird nun eine Messdatenerfassung durchgeführt und die Möglichkeit geschaffen, die Wirkung einer solchen Einheit unter realen Bedingungen und im direkten Vergleich mit der Standardanlage längerfristig untersuchen zu können.

Die Frigo-Consulting AG war für die Planung der Kälteanlagen des neuen und gleichzeitig größten Schweizer Prodega Cash+Carry in Basel zuständig. Die Verkaufsfläche von 5300 m2 ist in mehrere Temperaturzonenaufgeteilt. Für Frischwaren (Gemüse, Früchte usw.) stehen 900 m2 Cool Way mit +12 °C zur Verfügung. Aus diesem Bereich sind u. a. auch die integralen Kühlschränke zugänglich, welche von dahinter liegenden Kühlräumen (+1 bis +6 °C) beschickt werden. Die Kälteanlage mit der neuen Expansions-Kompressions-Einheit arbeitet für diesen Temperaturbereich.

Die installierte Kälteleistung beträgt 85 kW, es stehen vier Verdichter (Kompressoren) im Einsatz, der Hochdruck liegt im Sommer bei 90 bar, maximal zulässig sind 115 bar. Auf dem Dach sind die Gaskühler platziert, welche eine Leistung von 140 kW aufweisen. In den Verkaufsräumen sind insgesamt neun Verdampfer an den Decken montiert und mit Schlauchluftverteiler versehen.

Zuverlässigkeit dank umschaltbarer Anordnung

Die Integration der Expansions-Kompressions-Einheit musste so erfolgen, dass eine Redundanz besteht, die Kälteanlage also auch ohne diese Neuheit voll funktionsfähig ist. Mit parallel zur Einheit angeordneten Drosselventilen kann die Regelung nach den Vorgaben einer Standardanlage erfolgen und mit automatisierten Absperrventilen lässt sich der Betrieb umstellen. Die Anlage wurde für den Einsatz der neuen Einheit mit folgenden Zusatzkomponenten ausgestattet: den Absperrventilen, Sicherheits- und Regelventilen, Ölrückführsystem, Zwischenkühler, Anzeige- und Datenerfassungsgerät für Druck und Temperatur. Die speziell entwickelte Regelung steuert die Drehzahlen von Verdichter und Ventilatoren.

Wird die Expansions-Kompressions-Einheit eingeschaltet, so ersetzt sie die Hauptregelventile für Hoch- und Mitteldruck und nutzt die gewonnene Ent­spannungsarbeit, um gasförmiges CO2 zu verdichten. Die erste Stufe der Expansions-Kompressions-Einheit expandiert CO2 von Hochdruck auf Mitteldruck in den Flüssigkeitsabscheider; die zweite Stufe expandiert Flashgas vom Mitteldruck auf Niederdruck.

Weitere Entwicklungsarbeit nötig

Mit der Integration der ExpansionsKompressions-Einheit konnten bereits wertvolle Erfahrungen gemacht werden. Dank einem von der Effizienzsteigerung überzeugten Bauherrn ließ sich der innovative Schritt gemeinsam machen. Die erweiterte Steuerung ermöglicht eine optimierte Arbeitsweise der Anlage, indem der Kältemittel-Durchfluss geregelt wird und dadurch die Frequenz der Maschine im Bereich von 0 bis 5 Hz variiert. Durch die Schältvorgänge entstanden jedoch Pulsationsschläge, die mit einem zusätzlichen Dämpfer gemindert werden konnten.

Die aus zahlreichen Einzelteilen zusammengesetzte Einheit stellt hohe Anforderungen an das Dichtungssystem. Die dynamischen Vorgänge beanspruchen die Dichtungsstellen und -materialien. Leckagen müssen aber vermieden werden. Die weitere Entwicklungsarbeit wird sich einerseits auf diese spezifischen konstruktiven Probleme konzentrieren, anderseits eine vereinfachte Integration sowohl bei Neu­anlagen als auch bei bestehenden Installationen anstreben. Im Hinblick auf den weiterhin zunehmenden Einsatz von CO2-Kälteanlagen stellt die additive Nutzung der Entspannungsarbeit zur gleichzeitigen Unterstützung der Verdichtungsarbeit einen wichtigen Aspekt der Energieeffizienzsteigerung dar. -

Raphael Gerber

verantwortlicher Ingenieur für Forschung und Entwicklung bei der Frigo-Consulting AG, CH-Gümligen

Raphael Gerber, CH-Gümligen, und Jürg Wellstein, CH-Basel

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