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F-Gase auf dem Prüfstand

Revision der F-Gase-Verordnung ist in vollem Gang

Trotz Anstiegs um 2,4 Prozent im Jahr 2010 eine Folge des wirtschaftlichen Einbruchs im Jahr 2009 und des darauffolgenden Aufschwungs konnten die EU-27 Treibhausgas­emissionen 2010 um 15,5 Prozent verglichen zum Basisjahr 1990 reduziert werden. Für die EU-15 bedeutet das eine Senkung um 10,7 Prozent im Vergleich zu 1990. Das heißt, das Ergebnis liegt klar über dem Ziel; das im Rahmen des Kyoto-Protokolls auf eine Reduzierung um acht bis zwölf Prozent in dem Zeitraum von 2008 bis 2012 festgesetzt wurde. Dieses an sich schon positive Ergebnis ist noch aussagekräftiger, wenn man bedenkt, dass die Wirtschaft (BIP) in der EU-15 seit 1990 um fast 37 Prozent gewachsen ist1.

Politisches Potenzial

Acht Hauptmaßnahmen tragen zu 92 Prozent dazu bei, das Reduktionsziel der EU zu erreichen. Dazu zählen u. a. der Emissionshandel (ETS), die Richtlinie zu erneuerbaren Energien sowie Ökodesign-Richtlinie, Gebäudeeffizienzrichtlinie und Kraft-Wärme-Kopplung. Die verbleibenden acht Prozent der zu erzielenden Einsparungen entfallen auf weitere fünf Maßnahmen, darunter auch die F-Gase-Verordnung 842/2006. Ihr Beitrag zielt auf rund 1,8 Prozent (2009) der gesamten Treibhausgasemissionen in der EU-27 ab2. Verschwindend gering eigentlich, dennoch ein Topthema auf dem Brüsseler Parkett, denn die Revision der EU-VO 842/2006 hat begonnen und ist ein gefundenes Fressen für so manch einen Politiker, der sich als Retter der Umwelt profilieren möchte. Denn die Bürger Europas sorgen sich mehr denn je um das Klima. Das geht aus einer vor Kurzem veröffentlichten Umfrage des Eurobarometers hervor, nach der 89 Prozent der Europäer den Klimawandel als ernstes Pro­blem einstufen. Gleichzeitig werden Maßnahmen zu seiner Bekämpfung von fast 80 Prozent der Befragten als wirtschaftliche Chance gesehen. Es steckt also durchaus (politisches) Potenzial in der F-Gase-Verordnung.

Revisionsprozess

Der Revisionsprozess der EU-VO 842/2006 ist derzeit in vollem Gang. Wie in Artikel 10 der Verordnung vorgeschrieben, ist die EU-Kommission gehalten, einen Bericht vorzulegen, der die Erfahrungen mit der Umsetzung der Verordnung beleuchtet und gegebenenfalls Maßnahmen zu ihrer Verbesserung vorschlägt. Dieser Bericht wurde Ende September veröffentlicht und bezieht unter anderem Erkenntnisse aus einer Studie des Frankfurter Instituts Öko-Recherche ein, die die EU-Kommission im Hinblick auf die Revision in Auftrag gegeben hatte.

Die positive Nachricht: die EU-Kommission erkennt in ihrem Bericht³ ganz klar an, dass mithilfe der F-Gase-Verordnung Ende 2010 bereits eine Reduzierung der F-Gase-Emissionen von fast drei Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten erzielt wurde. Bis zum Jahr 2020 wird eine weitere Reduzierung der prognostizierten F-Gase-Emissionen um 28 Prozent erwartet, bis 2030 um 44 Prozent und bis 2050 sogar um 46 Prozent. Das heißt, dass die Emissionen trotz Marktwachstum in den kommenden Jahrzehnten stabil auf dem heutigen Niveau von rund 110 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten gehalten werden könnten. Allerdings ist hierfür eine volle Umsetzung der Verordnung 842/2006 und der Richtlinie zu Pkw-Klimaanlagen 2006/EC/40 vonnöten. Daran allerdings hapert es im Moment noch in einigen EU-Mitgliedsstaaten mehr und in anderen weniger. Auch dies zeigt die EU-Kommission in ihrem Bericht auf und weist dabei z. B. auf die Verspätung von acht Mitgliedsstaaten im Hinblick auf die vollständige Einhaltung der Vorschriften zur Zertifizierung von Betrieben und Fachpersonal hin. Auch die Führung von Logbüchern werde nicht konsequent umgesetzt. Erfreulicher fällt die Bilanz aus bei der Einhaltung der Vorschriften zur Berichterstattung von im- und exportierten Mengen sowie bei der Etikettierung der Kälte- und Klimaanlagen. Im Hinblick auf Recycling und Rückgewinnung von Kältemitteln sieht die Kommission ein wachsendes Potenzial für die kommenden Jahre. Grundsätzlich hebt die Kommission aber in ihrer Analyse hervor, dass es derzeit noch zu früh sei, die gegenwärtigen Auswirkungen der F-Gase-Verordnung im Hinblick auf die Emissionsreduzierung genau zu quantifizieren.

Die negative Nachricht: Trotz der positiven Prognose einer Halbierung der Emissionen dank der Verordnung bis 2050 schlussfolgert die Kommission, dass dies nicht ausreiche im Hinblick auf die ehrgeizigen Ziele Europas. So sollen die Treibhausgasemissionen im Rahmen des Fahrplans für eine kohlenstoffarme Wirtschaft bis 2050 um 80 bis 95 Prozent (verglichen mit dem Basisjahr 1990) gesenkt werden. Dies erfordere eine Reduzierung der nicht CO2-Treibhausgase (ohne Landwirtschaft) um 72 bis 73 Prozent bis 2030 und um 70 bis 78 Prozent bis 2050. Auch der internationale Kontext sei nicht zu vernachlässigen, so die Kommission weiter. Das größte Wachstum der HFKWs sei in den nächsten Jahrzehnten aufgrund des Ausstiegs aus ozonabbauenden Substanzen (z. B. HFCKW 22) im Rahmen des Montrealer-Protokolls außerhalb Europas zu erwarten. Aus diesem Grunde unterstütze die Kommission einen international geregelten Phase-Downs der HFKWs im Rahmen des Montrealer-Protokolls. Dabei ist Phase-Down nicht etwa mit einem Verbot zu verwechseln. Bei einem Phase-Down handelt es sich um die schrittweise Reduzierung der produzierten Kältemittelmengen, berechnet nach ihrem Gehalt an CO2-Äquivalenten. Das Problem bei dieser angestrebten internationalen Lösung: Länder wie China oder Indien lehnen ein solches Schema bisher ab, denn dort steht zunächst der Ausstieg aus den HFCKWs an, die ersetzt werden müssen. Wird ein Phase-Down jedoch nur auf europäischer Ebene angestrebt, könnten sich daraus Nachteile für die europäische Wirtschaft ergeben.

Lösungsansätze

Um die Reduzierung der Emissionen über das Potenzial der F-Gase-Verordnung hinaus weiter zu erhöhen, zeigt die EU-Kommission in ihrem Bericht verschiedene Wege auf, die derzeit weiter analysiert werden. Zum einen hat die Kommission zu diesem Zweck eine weitere Studie in Auftrag gegeben, diesmal bei dem Öko-Institut, zum anderen läuft derzeit bis zum 19. Dezember eine öffentliche Befragung, an der jeder aufgerufen ist, teilzunehmen. Bei den vorgeschlagenen Lösungswegen handelt es sich um folgende grundsätzliche Maßnahmen:

  • Ankurbelung des Übergangs zu Technologien mit geringerem Treibhauspotenzial (GWP- Wert): Hiervon verspricht sich die EU-Kommission Einsparungen von bis zu 70 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Ein solcher Übergang kann durch verschiedene Maßnahmen erzielt werden, darunter ein Phase-Down, Verbote von Produkten oder auch Selbstver­pflichtungen der Industrie. Auch eine Kombination all dieser Maßnahmen ist denkbar.
  • Optimierung der Vorgaben zu Emissions­verhinderung. Hier wird als Voraussetzung die komplette Umsetzung der F-Gase-Verordnung in allen Mitgliedsstaaten genannt, aber auch die Einbeziehung weiterer Anwendungen wie z. B. der Transportkälte.
  • Ausbau des Monitorings durch Einbeziehung der in vorbefüllten Anlagen enthaltenden Kältemittelmengen, die in die EU importiert bzw. aus der EU exportiert werden. Auch eine grundsätzliche Verbesserung der Qualität der Emissionsdaten aus den EU-Mitgliedsstaaten wird genannt.
  • Einbeziehung neuester wissenschaftlicher Informationen wie z. B. der Daten zu den GWP-Werten aus dem 4. Bericht des IPCC.

Ob, in welcher Form und in welcher Kombination die genannten Maßnahmen ergriffen werden, ist im Moment noch völlig offen und hängt von zahlreichen Faktoren ab. Zunächst findet die Analyse der EU-Kommission statt, in die unter anderem die Ergebnisse der erwähnten öffentlichen Konsultation und der Studie des Öko-Instituts einfließen. Basierend darauf dürfte gegebenenfalls ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission ca. Mitte nächsten Jahres zu erwarten sein. Dieser Gesetzesvorschlag muss dann durch Europaparlament und Rat abgesegnet werden. Das kann eine sehr langwierige Prozedur sein, abhängig davon, wie schnell sich das Parlament, das heißt mehr als 700 Abgeordnete aus 27 EU-Mitgliedsstaaten, einigt. Da das Thema der F-Gase sehr kontrovers diskutiert wird, kann man davon ausgehen, dass die Debatte einige Zeit andauern wird, sodass es vor 2014 wohl kaum eine neue Regelung geben wird.

Informationen zur öffentlichen Konsultation der EU-Kommission

An der Befragung können sowohl Einzelpersonen als auch organisierte Interessengruppen teilnehmen. Beiträge dienen der Kommission als Orientierungshilfe für ihre Arbeit und werden in die Folgenabschätzung einfließen, die gemeinsam mit einem möglichen Legislativvorschlag der EU-Kommission vorgelegt werden würde. Weitere Infos auf http://ec.europa.eu/clima/consultations/0011/index_en.htm A V -

1 European Environmental Agency (EEA) Europäische Umweltagentur (EUA)

2 Europäische Kommission

3 Report of the Commission on the application, effects and adequacy of the Regulation on certain fluorinated greenhouse gases

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