Die Wissenschaft ist sich heute einig, dass Treibhausgase die Hauptursache für die globale Erwärmung sind. Viele internationale Organisationen, darunter auch die UN, teilen diese Auffassung. Energieeinsparungen wären einen Schritt in die richtige Richtung. Dennoch ist der bei der Energieerzeugung verursachte CO2-Ausstoß nur ein Teil des Problems.
Ein weiteres Problem ergibt sich durch die direkte Emission anderer Treibhausgase, von denen manche um ein Vielfaches klimaschädlicher sind als CO2. Eine große Gruppe dieser weiteren Treibhausgase sind Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW). Das sind genau die Kältemittel, die wie wir alle wissen in den meisten Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen verwendet werden.
Die gewerbliche Kältetechnik trägt zur globalen Erwärmung bei
Auf globaler Ebene stellen gewerbliche Kälteanlagen den Teilsektor der Kältetechnik mit den größten Kältemittelemissionen dar (als CO2-Äquivalente berechnet). Ihr Anteil an der Summe aller Kältemittelemissionen liegt bei 30 %.
Das Emissionsniveau einschließlich Undichtigkeiten und Emissionen während Wartungsarbeiten sowie bei der Entsorgung bzw. dem Rückbau von Anlagen wird allgemein als hoch eingestuft, insbesondere im Fall von Supermärkten. Je größer die Kältemittelfüllmenge der Anlage, desto größer das Risiko bei eventuellen Havarien. Mögliche Undichtigkeiten ergeben sich hauptsächlich bei langen Rohrleitungsstrecken und einer großen Anzahl von Verschraubungen und Ventilen in der Anlage.
Die Leckrate einer durchschnittlichen Kälteanlage in einem dänischen Supermarkt beträgt ca. 810 % pro Jahr. In anderen Ländern dieser Welt liegt sie oftmals noch höher bei 30 % oder mehr mit einer durchschnittlichen Leckrate von 18 %. 1)
Beispiel: Im Falle einer kommerziellen Kälteanlage mit einem Füllgewicht von 500 kg R 404A nehmen wir eine jährliche Leckrate von 10 % an. Das Kältemittel R 404A hat einen GWP (Global Warming Potential = Treibhauspotential) von 3750. Damit entspricht die jährliche Leckage einem CO2-Äquivalent von 187 Tonnen CO2. Dieser Wert entspricht dem CO2-Ausstoß von 50 Autos, mit denen jährlich 20000 km zurückgelegt werden.
Insgesamt belaufen sich die alleine von Kälteanlagen ausgestoßenen F-Gas-Emissionen auf ein CO2-Äquivalent von mehr als 1000 Millionen Tonnen die Emissionen mobiler und stationärer Klimaanlagen nicht inbegriffen. Die Gesamtmenge aller F-Gas-Emissionen tragen zu 1 % zur globalen Erwärmung bei. Dieser Wert mag gering erscheinen, jedoch kommt er in Regionen, die sich mit dem weltweiten CO2-Ausstoß der Luftfahrt oder der Computerindustrie vergleichen lassen (beide liegen bei ca. 2 %).
Natürliche Kältemittel könnten eine effiziente Alternative darstellen
Die Verwendung natürlicher Kältemittel könnte die Situation entscheidend verbessern. Zur Gruppe der natürlichen Kältemittel gehören Ammoniak, Kohlenwasserstoffe und CO2. Dabei scheint es auf den ersten Blick merkwürdig, dass CO2 zur Bekämpfung der globalen Erwärmung eingesetzt werden kann. Tatsächlich ist dieses aber tausendfach weniger schädlich als F-Gase. CO2 hat einen GWP von 1 (Referenzwert) im Vergleich zu R 404A mit dem GWP von 3750.
Ein weiterer Vorteil ist die Tatsache, dass CO2 bereits als Nebenprodukt vieler Industrieprozesse anfällt und damit nicht aufwendig als Kältemittel extra produziert werden muss. CO2 kann daher, anstatt es einfach in die Atmosphäre entweichen zu lassen, zur weiteren Nutzung in Kälteanlagen verwendet werden. Es ist im Überfluss verfüg-bar und daher auch preislich sehr attraktiv.
Ammoniak und Kohlenwasserstoffe sind ebenfalls sehr gut als Kältemittel geeignet. Jedoch beschränkt sich die Nutzung dieser Stoffe aufgrund ihrer erhöhten Toxizität bzw. Entflammbarkeit hauptsächlich auf Industrieanlagen (Ammoniak) und kompakten Kleinstkälteanlagen (Kohlenwasserstoffe).
CO2 als Kältemittel hat ein ökologisches Image. Die Zahl der Unternehmen, die ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass ihre Konsumenten immer stärker auf den Umweltschutz achten, wächst stetig. Viele Einzelhandelsunternehmen setzen sich in ihren CSR-Berichten grüne Ziele (Corporate Social Responsibility gesellschaftliche Unternehmensverantwortung). Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen wie Aldi, Marks & Spencer, Tesco und viele andere nehmen die Herausforderung in Bezug auf Kältemittel an.
Eigenschaften von CO2
Das CO2-Phasendiagramm zeigt die Temperatur- und Druckphasen von reinem CO2. Die Bereiche zwischen den Kurven kennzeichnen die Temperatur- und Druckbereiche, bei denen die verschiedenen Phasen fest, flüssig, gasförmig und überkritisch vorherrschen.
Die Punkte auf den Kurven kennzeichnen die Druck- und entsprechenden Temperaturbedingungen, unter denen mehrere Aggregatzustände gleichzeitig möglich sind, zum Beispiel fest und gasförmig, flüssig und gasförmig, fest und flüssig. Bei atmosphärischem Druck kann CO2 nur als Festkörper oder gasförmig vorkommen.
Der Aggregatzustand flüssig ist bei diesen Druckverhältnissen nicht möglich: Unterhalb von 78,4 °C nimmt CO2 einen festen Zustand als Trockeneis an. Oberhalb dieser Temperatur sublimiert es direkt in den gasförmigen Aggregatzustand.
Bei einem Druck von 5,2 bar und einer Temperatur von 56,6 °C erreicht CO2 einen ganz besonderen Zustand, den sogenannten Tripelpunkt. An diesem Punkt existieren alle drei Aggregatzustände, also fest, flüssig und gasförmig, gleichzeitig.
CO2 als Kältemittel
CO2 erreicht seinen kritischen Punkt bei 31,1 °C. Bei dieser Temperatur ist die Dichte im flüssigen und gasförmigen Aggregatzustand gleich. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Zuständen ist damit hinfällig.
CO2 lässt sich in zahlreichen unterschiedlichen Systemen, darunter sowohl sub- als auch transkritische, als Kältemittel einsetzen. Für jedes CO2-System müssen der kritische Punkt wie auch der Tripelpunkt berücksichtigt werden.
Der klassische Kältekreislauf wie wir ihn alle kennen ist subkritisch (unterkritisch), d.h., sämtliche Temperatur- und Druckbereiche liegen unterhalb des kritischen Punkts und oberhalb des Tripelpunkts. Ein einstufiges subkritisches CO2-System ist einfach, hat aber aufgrund seines eingeschränkten Temperaturbereichs und des hohen Drucks auch einige Nachteile. Der Betriebsdruck für subkritische Systeme liegt normalerweise im Bereich von 5,7 bis 35 bar, entsprechend 55 bis 0 °C
CO2 findet in der industriellen Kältetechnik zumeist in Form von Kaskadensystemen Anwendung, da der Druck hier so begrenzt werden kann, dass handelsübliche Komponenten wie Verdichter, Regler und Ventile genutzt werden können. Transkritische CO2-Systeme sind gegenwärtig besonders für kleine und kommerzielle Anwendungen, zum Beispiel mobile Klimaanlagen, kleine Wärmepumpen und die Supermarktkälte geeignet. -
1) IPCC/TEAP Special Report Safeguarding the Ozone Layer and the Global Climate System: Issues Related to Hydrofluorocarbons and Perfluorocarbons.
Stephan Bachmann
Regional Product Manager, Danfoss GmbH, Kältetechnik, Offenbach
Vorschau und Inhalte
Diese Serie soll einen Überblick über die am meisten verbreiteten Ausführungen von CO2-Systemen für subkritische wie für transkritische Anwendungen vermitteln. Sie richtet sich an technisch orientierte Leser, für die CO2-Systeme Neuland sind. Zunächst wird in den ersten Teilen ein Fokus auf die einzelnen Bausteine von CO2-Systemen gelegt. Danach wird auf die Entwicklung vollständiger Systeme eingegangen.
Weitere Teile sind:
- Gaskühler und Mitteldruckabscheider
- Kaskadenwärmetauscher
- Niederdrucksammler/Pumpenabscheider
- Verdampfer und Verdichter
- Stillstandssicherheitssysteme & Wärmerückgewinnung bei CO2-Systemen
- Kaskadensysteme
- Einfache transkritische Systeme, z.B. für Lebensmitteleinzelhandel
- Transkritisches Boostersystem & Zusammenfassung