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Adaptive Einzelraumregelung

Temperatur automatisch an das Nutzerprofil angepasst

    Ziel der adaptiven Regelung

    Üblicherweise erfolgt die Regelung der Raumtemperatur mittels eines Thermostatventils, das eine konstante Temperatur sicherstellt. Die Ventile werden vom Nutzer in der Regel so eingestellt, dass sie seine subjektive Komforttemperatur bereitstellen. Diese sollte mit Rücksicht auf die Energieeffizienz nur bereitgestellt werden, wenn der Nutzer auch wirklich anwesend ist. Sollte das nicht der Fall sein, kann die Raumtemperatur ohne Komfortverlust reduziert werden. Bei üblichen Thermostatventilen muss der Nutzer diese Absenkung manuell vornehmen, ebenso die erneute Anpassung bei seiner Rückkehr.

    Ziel der adaptiven Einzelraumregelung ist es, die Anpassung an das Nutzerprofil automatisch zu verwirklichen. Der einzige Beitrag, den der Nutzer zur Adaption leisten muss, ist eine Rückmeldung, wenn es zu kalt oder zu warm ist, wie er es bereits von seinem Thermostatventil her gewohnt ist.

    Neben dem Bereitstellen der Komforttemperatur ist die Energieeinsparung ein weiteres Ziel des Algorithmus. Daher wird die Temperatur systematisch abgesenkt, wenn der Nutzer keine Rückmeldung an das System gibt.

    Test der adaptiven Regelung

    Die vorliegenden Ergebnisse wurden aus einer thermohydraulischen Simulation mithilfe der offenen Programmiersprache Modelica gewonnen. Zusätzlich zu der Standardbibliothek von Modelica sind am In­stitut für Gebäude- und Raumklimatechnik des E.ON Energy Research Centers der RWTH Aachen verschiedene Bibliotheken entwickelt worden, um hydraulische Netze und die Gebäudehülle zu modellieren. Dies schließt eine Berücksichtigung von Umweltbedingungen wie Außenluftzufuhr und so-lare Gewinne ein. Somit war es möglich, die Raumbeheizung detailliert zu modellieren.

    Die Simulation besteht aus einem einzelnen Raum mit einer Fläche von etwa 20 m2 mit einer Außenwand und drei Innenwänden. Die Innenwände wurden adiabat simuliert. Für die Außentemperatur wurde das Testreferenzjahr des Deutschen Wetterdienstes verwendet [1]. Lüftungs­verluste und thermische Gewinne durch solare Strahlung fanden ebenfalls Berücksichtigung.

    Um das Ergebnis bewerten zu können, wurde zuerst eine Referenzsimulation durchgeführt. Damit wurde der Raum tagsüber konstant auf 21 °C geheizt, nachts fand eine Absenkung auf 18 °C statt. Der Nutzer senkte die Temperatur nicht ab, als er die Wohnung verließ.

    Im Anschluss wurde die Simulation mit adaptiven Algorithmen durchlaufen. Alle 15 Minuten wurde das Predicted Mean Vote (PMV) berechnet und eine Nutzerrückmeldung basierend auf dem PMV wurde abgeschätzt. Die Berechnung des PMV erfolgte gemäß DIN EN ISO 7730 [2]. Der optimale Wert für das PMV ist Null. Negative Werte bedeuten eine zu geringe Temperatur, positive Werte eine zu hohe Temperatur. Falls keine Rück­meldung erfolgt (d. h. der Nutzer ist ab­wesend oder zufrieden) kann eine zufällig ausgelöste Absenkung um 0,5 K ­erfolgen.

    Simulation des Nutzers

    Da sich das System an einen Nutzer adaptieren soll, ist es zwangsläufig notwendig, ein Nutzerverhalten zu simulieren. Mehrere Aspekte müssen beachtet werden:

    • Ein Anwesenheitsprofil ist zwingend notwendig. Ist der Nutzer abwesend, kann er nicht auf den Raum einwirken.
    • Wie ist der Nutzer bekleidet, ist er körperlich aktiv oder sitzt er auf der Couch? Dies beeinflusst maßgeblich sein Temperaturempfinden (vgl. [2])
    • Wie wird er auf thermisches Unbehagen reagieren?

    In der Simulation wurde der Nutzer als abwesend in der Zeit von 08:00 bis 17:00 Uhr angenommen, den Rest des Tages ist er anwesend. Zwischen 23:00 und 07:00 Uhr schläft der Nutzer. Auch für die Bekleidung und die körperliche Aktivität wurde ein Schema erstellt, das in Bild 1 dargestellt ist. Die Reaktion des Nutzers auf die Raumtemperatur wurde wie folgt abgeschätzt: Zuerst wurde unter Berücksichtigung der angenommenen Bekleidung und Aktivitätsrate und der simulierten Temperaturen das PMV berechnet. Um unterschiedliches Verhalten abzubilden, wurde auf das berechnete PMV dann ein zufälliger Wert zwischen 1 und 1 addiert. Ist der Wert dieses nachbearbeiteten PMV kleiner als 1,5 oder größer als 1,5, wurde in der Simulation von einer entsprechenden Rückmeldung durch den Nutzer ausgegangen und das Profil entsprechend angepasst. Ansonsten erfolgte keine Anpassung.

    Ergebnisse

    Die Simulationsergebnisse für das tageweise gemittelte PMV sind in Bild 2 dargestellt. Da die Skala des PMV symmetrisch um Null ist, besteht die Möglichkeit, dass sich im Mittel ein PMV nahe Null ergibt, obwohl die einzelnen Werte deutlich schlechter sind. Um dies zu vermeiden, wurde für Bild 2 das Mittel aus den Beträgen des PMV berechnet. Dies ermöglicht eine bessere Einschätzung des empfundenen Komforts. Allerdings ist dann nicht mehr zu erkennen, ob ein Kälte- oder Wärmeempfinden vorherrscht. Insgesamt kann aus dieser Abbildung entnommen werden:

    • Das mittlere PMV verbessert sich kontinuierlich innerhalb der ersten zwanzig Tage.
    • Im Anschluss verändert sich das mittlere PMV nur noch gering. Einzelne Ausreißer im mittleren PMV (um den Tag 50) werden durch den Algorithmus schnell wieder korrigiert.
    • Insgesamt zeigt sich nach Tag 20 eine kontinuierliche Verringerung des thermischen Komforts.
    • Die in der Darstellung nicht gezeigte Standardabweichung ist sehr groß. Es muss also davon ausgegangen werden, dass es mehrfach am Tag zu deutlichen Abweichungen vom mittleren PMV kommt.

    Die ersten beiden Punkte decken sich mit den Erwartungen, dass der Algorithmus eine gewisse Zeit benötigt, um den Komfort des Nutzers zu optimieren und im Anschluss nur noch geringe Veränderungen auftreten. Die nachfolgende kontinuierliche Verringerung lässt sich durch die Art der Implementierung des adaptiven Algorithmus erklären. Der adaptive Algorithmus versucht immer wieder, die Temperatur abzusenken. Über die Zeit ist also mit einem langsamen Absinken des thermischen Komforts zu rechnen, wenn der Nutzer nicht widerspricht. Da der Nutzer aber erst widerspricht, wenn der Betrag des PMV den Wert 1,5 überschreitet, erfolgt eine Korrektur erst sehr spät.

    Das mittlere PMV wird für den Referenzfall und die Tage 24 und 60 des adaptiven Algorithmus in Tabelle 1 dargestellt. Sowohl in Bild 2 als auch in Tabelle 1 kann man erkennen, dass der Komfort im Referenzfall und bei adaptiver Regelung vergleichbar ist. Aus dem Wert des PMV in Tabelle 1 ist ebenfalls zu erkennen, dass der Nutzer eher eine zu niedrige Temperatur wahrnimmt.

    In Tabelle 1 ist zusätzlich die mittlere Temperatur für den Referenzfall und den adaptiven Algorithmus nach 24 und 60 Tagen dargestellt, aufgeteilt nach der Temperatur bei Anwesenheit und bei Abwesenheit des Nutzers. Die Auswahl der Tage erfolgte, da bei Tag 24 der Absolutwert des mittleren PMV ein Minimum annimmt. Tag 60 stellt den letzten Tag der Simulation dar. Insgesamt ergaben sich zwischen diesen Tagen keine großen Unterschiede. Nach erfolgter Adaption ist der Algorithmus stabil, selbst die kontinuierliche Verringerung des thermischen Komforts ab Tag 20 ist sehr gering.

    Die Unterschiede zum Referenzfall sind jedoch augenscheinlich: Bei Anwesenheit des Nutzers ist die Temperatur im Referenzfall im Vergleich zur Adaption nahezu identisch und trifft in allen Fällen sehr gut die mittlere Sollwerttemperatur von 19,4 °C. Bei Abwesenheit ist der Unterschied jedoch si­gnifikant. Die mittlere Temperatur wird um fast 4 K abgesenkt. Der Energiebedarf sinkt insgesamt um etwa zwölf Prozent jedoch wird bei Anwesenheit des Nutzers im Adaptionsfall mehr Energie benötigt. Da die mittlere Temperatur bei Anwesenheit jedoch gleich ist, ist dies dem Wiederaufheizvorgang geschuldet. Eine Darstellung der möglichen Energieeinsparungen findet sich in Bild 3.

    Die Entwicklung des täglichen, mittleren PMV ist in Bild 4 dargestellt. Lediglich die hohen Temperaturanforderungen am Morgen und am Abend (07:00 bis 07:30 Uhr und 22:30 bis 23:00 Uhr) können nicht befriedigend abgebildet werden. Ansonsten liegt das PMV immer im Bereich [1,5; 1,5], sodass in der Regel keine negative Rückmeldung vom Nutzer ausgelöst wird.

    Es ist allerdings auch zu erkennen, dass das PMV stark schwankt und der empfundene Komfort daher voraussichtlich geringer ist, als dies die PMV-Werte in Tabelle 1 nahelegen. Diese Einschränkung gilt sowohl für die adaptive Regelung als auch für den Referenzfall.

    Zusammenfassung und Ausblick

    Mittels Simulationen wurde gezeigt, dass der Heizenergiebedarf durch ein nutzerabhängiges Zeitprofil signifikant gesenkt werden kann. Der verwendete Anpassungsprozess benötigt kein Setup und verbessert sich über die Zeit nur anhand von Nutzerrückmeldungen. Damit kann eine ähnliche Bedienfreundlichkeit wie bei einem Thermostatventil unterstellt werden.

    Bislang kann bei dem adaptiven Algorithmus der Komfort trotz eines verringerten Energieaufwands beibehalten werden. Es besteht sogar noch Potenzial für eine weitere Komfortverbesserung, die bislang noch nicht realisiert wurde.

    In weiteren Versuchen soll das Adaptionsverhalten daher im Bereich Komfortverbesserung untersucht werden. Dies wird eine Veränderung des simulierten Benutzerverhaltens einschließen. Um realistischere Werte zu erhalten, soll das starre Anwesenheitsprofil durch ein komplexeres System ersetzt werden. Gleichzeitig wird der Adaptionsalgorithmus in einem Feldversuch getestet werden, um seine Alltagstauglichkeit zu untersuchen. -

    Danksagung

    Wir danken für die finanzielle Unter­stützung durch das BMWi (Bundesmini­sterium für Wirtschaft und Technik), Fördernummer: 0327387D

    Literatur

    [1] Christoffer, J.; Deutschländer, T.; Webs, M.: Testreferenzjahre von Deutschland für mittlere und extreme Witterungsverhältnisse TRY. Selbstverlag des Deutschen Wetterdienstes, 2004

    [2] DIN EN ISO 7730. Ergonomie der thermischen Umgebung Analytische Bestimmung und Interpretation der thermischen Behaglichkeit durch Berechnung des PMV- und des PPD-Indexes und Kriterien der lokalen thermischen Behaglichkeit, März 2006

    Dipl.-Phys. Michael Adolph

    wissenschaftlicher Angestellter am Lehrstuhl und beim Projekt Einzelraumregelung für die Simulation zuständig

    Dipl.-Ing. Nina Kopmann

    wissenschaftliche Angestellte am Lehrstuhl und beim Projekt Einzelraumregelung für den experimentiellen Teil zuständig

    Prof. Dr.-Ing. Dirk Müller

    Leiter des Lehrstuhls für Gebäude- und Raumklimatechnik an der RWTH Aachen

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