Eine positive Bilanz könne nach der diesjährigen Mostra mit rund 157000 Fachbesuchern gezogen werden, so verkündet Veranstalter Reed stolz. Dabei lässt er allerdings geflissentlich unter den Tisch fallen, dass die Besucherzahl in 2006 um rund 50000 höher lag und dass mit dem diesjährigen Ergebnis gerade einmal die Zahlen aus 2004 erreicht wurden. Diese Tendenz gilt auch für die Bruttoausstellungsfläche, die im Rekordjahr 2006 bei gut 400000 m² lag und jetzt auf 325000 m² zurückging.
Leicht rückläufig waren die Zahlen wahrscheinlich ebenfalls schon in 2008, auch wenn sich der Veranstalter dazu nicht konkret geäußert und nur auf den signifikanten Zuwachs an Besuchern und Ausstellern aus dem Ausland hingewiesen hatte. Kein Wunder: denn vor zwei Jahren noch dominierte die Streitfrage Chillventa oder IKK die europäische Messelandschaft, so dass zahlreiche Unternehmen aus der Kälte- und Klimatechnik mit der Mostra auf Nummer sicher gehen wollten und so die Gesamtbilanz der Messe weitgehend ausbügelten.
In diesem Jahr hat sich das Blatt allerdings gewendet. Das Chillventa-Konzept hat sich nämlich als so erfolgreich erwiesen, dass die Nürnberger bereits ein halbes Jahr vor der Messe ihre Ausstellungsfläche aus 2008 fast vollständig belegt haben und für die diesjährige Ausgabe sogar von sechs auf sieben Hallen erweitert haben. Das schlägt sich auch im Ausstellerverhalten jenseits der Alpen nieder. So gaben zahlreiche auf der Mostra vertretene Unternehmen freimütig zu, sich ihre wirklichen Knaller für die Chillventa aufzuheben. Zusätzlich verstärkt wird die ohnehin harte Konkurrenz im Messegeschäft durch die Auswirkungen der Wirtschaftskrise: Viele Unternehmen sind noch immer auf Sparkurs, der sich unter anderem eben auch in reduzierter Messepräsenz be-merkbar macht.
Verhaltene Stimmung
Die aktuellen Zahlen belegen die verhaltene Stimmung in Europas Kälte-Klima-Hochburg Italien. Wie in jedem Jahr präsentierte der italienische Lufttechnikverband CO.AER auch 2010 auf der Mostra seine aktuelle Marktstatistik, die nicht gerade Anlass zum Jubeln gab. So ging der Umsatz der italienischen Produktion in 2009 um insgesamt 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück. Besonders stark betroffen war dabei der Wohnklimamarkt (Splits, MultiSplits, tragbare Klimageräte etc.) mit einem Rückgang von 35 Prozent im Vergleich zum Komponentengeschäft (Verflüssigungssätze, RLT-Zentralen etc.) mit 26 Prozent. Wie auch schon in den Vorjahren trifft es Letzteres besonders hart, da hier mit 85 Prozent des Gesamtumsatzes besonders die heimische Produktion betroffen ist.
Im Klimamarkt hingegen dominiert ganz klar der Import mit ebenfalls rund 85 Prozent. Interessant ist die geografische Aufteilung. So stehen die vier Regionen Lombardei, Latium, Emilia Romagna und Veneto für fast 50 Prozent des gesamten italienischen Marktes, was deutlich zeigt, dass nicht Temperaturen (die Regionen befinden sich in Nord- und Mittelitalien), sondern Wirtschaft und Kaufkraft die treibenden Kräfte für Italiens Kälte-Klimaindustrie sind.
Hocheffiziente Wärmepumpen
Trotzdem gab es natürlich auch Highlights auf der Mostra wie zum Beispiel im Bereich der Wärmepumpentechnologie. So glänzten hier gleich mehrere italienische Hersteller wie z.B. Climaveneta, Aermec, Clivet und Rhoss mit neuen Entwicklungen basierend auf Wasser/Wasser- oder auch Sole/Wasser-Technologie für den oberen Leistungsbereich, die sowohl Wärme als auch Kälte produzieren können, entweder das Erdreich oder Grundwasser als Wärmequelle nutzen und mit durchschnittlichen COP-Werten von mindestens 4,8 hocheffiziente Lösungen darstellen.
Auf Luft setzt der Franzose Airwell, der ebenfalls mit innovativer Wärmepumpentechnologie aufwartete. So stellte das Unternehmen unter anderem die neue Aqu@logic Advanced Reihe für den Leistungsbereich von 85 bis 140 kW als Chiller und als Wärmepumpenmodell vor. Die neue Reihe ist mit invertergeregelten Verdichtern ausgestattet, so dass die Leistung an den aktuellen Bedarf angepasst werden kann. Die SEER- (Seasonal Energy Efficiency Ratio für Kühlen) und SCOP-Werte (Seasonal Coefficient of Performance für Heizen) belegen die hohe Energieeffizienz der Aqu@logic Geräte, die sich außerdem durch ihre kompakte Bauweise, den optionalen Einsatz von Mikrokanalwärmeübertragern und die damit verbundene reduzierte Kältemittelfüllmenge auszeichnen. Auch im kleineren Leistungsbereich unter 20 kW stellte Airwell interessante Neuheiten vor wie zum Beispiel die DCI Inverter Wärmepumpe, die sich ebenfalls durch hohe Effizienz auszeichnet und sowohl als reversible Version als auch nur zum Heizen erhältlich ist.
Spannungsgeladener Kältemittelmarkt
Heiß her geht es schon seit einiger Zeit auf dem italienischen Kältemittelmarkt. So schlägt sich das Land einerseits mit den Anforderungen der F-Gase-Verordnung herum Probleme gibt es vor allem bei der Zertifizierung von Fachpersonal und kämpft andererseits mit dem derzeitigen R 22-Ausstieg. Die Preise für die heiß begehrten R 22-Ersatzstoffe, aber auch für Klassiker wie R 134 a oder R 404 A schnellten in den letzten Monaten extrem in die Höhe und alle Produkte scheinen knapp zu sein. So kann sich der Großhandel nicht einmal mehr freuen über die große Nachfrage auf dem Markt, denn er kann sie schlichtweg nicht bedienen. Die Ironie: noch vor einem Jahr kämpften Hersteller wie beispielsweise DuPont in Italien darum, ihre R 22-Ersatzstoffe bekannt zu machen und Bewusstsein zu schaffen für den kommenden R 22-Ausstieg und voraussichtliche Engpässe bei diesem Kältemittel.
Jetzt scheinen die Kältemittelproduzenten Opfer ihrer eigenen Kampagne geworden zu sein. Denn die Nachfrage übersteigt, so zumindest das Echo auf dem Markt, bei Weitem das verfügbare Angebot. Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch das Unternehmen Solvay, das sich bislang mit neuen R 22-Ersatzstoffen vornehm zurückgehalten hatte, nun ebenfalls in den Reigen eingestiegen ist und die Mostra nutzte, um sein neues Solkane 22L (R 417B) als Ersatzstoff für R 22 in Tiefkühlanwendungen vorzustellen. Interessant: Solvay stellte als einziger Kältemittelproduzent direkt aus und nicht über einen der Distributoren.
Spektakuläre Technik
Größer schöner besser: das gilt für LU-VE und Güntner bzw. für Wärmeübertragertechnologie diesseits und jenseits der Alpen. Die einen stellten ihren nagelneuen mega-gigantischen Rückkühler vor (Mega Giant XXLD Dry Cooler), den, laut LU-VE, most powerful Vertreter seiner Gattung mit einer maximalen Leistungsdichte von 2,3 kW/m², der zwar höher als seine Vorgänger sei, seine Stellfläche dennoch nicht vergrößert habe, sich durch extrem hohe Leistungsfähigkeit und ein maximiertes Verhältnis von kW zu m² auszeichne und außerdem noch besonders solide und zuverlässig sei.
Die anderen präsentierten das bislang größte Modell der Microchannel-Technologie, bei Güntner unter dem Namen microox gehandelt, für den Einsatz in der Kältetechnik mit vier Metern Länge. Die microox-Technologie ist eine Weiterentwicklung der Microchannel-Technologie für stationäre Wärmeaustauscher, die zahlreiche Vorteile von Korrosionsbeständigkeit und Gewichtseinsparung durch den Werkstoff Aluminium über einfache und gründliche Reinigung durch Reinigungsklappen und aufklappbare Ventilatoren bis hin zur reduzierten Kältemittelfüllmenge bietet.
Hohe Erwartungshaltung
Trotz allem war die Mostra aber, wenn auch überschattet von der Wirtschaftskrise, in diesem Jahr wieder ein Event, für das sich die Reise nach Mailand lohnte. Denn es darf natürlich nicht vergessen werden, dass die Kälte- und Klimatechnik hier im Vergleich zum gesamten Bereich Heizung eine vergleichbar kleine Rolle spielt. Wer also an allen Bereichen Inter- esse hat, ist hier sicher gut beraten. Was allerdings unsere Branche anbelangt, so sieht es ganz danach aus, als hätten es die Nürnberger mit ihrer Chillventa wieder ganz an die Spitze in unserer europäischen Messelandschaft geschafft wir dürfen gespannt sein und uns freuen auf die zweite Ausgabe vom 13. bis 15. Oktober in Nürnberg. A. V. -
Interview
Nachgefragt bei Roland Handschuh, Güntner
Die neuen microox-Wärmeübertrager werden in Ihrem Werk in Tata (Ungarn) gefertigt. Was genau zeichnet Ihr Messeexponat aus?
Microchannel-Wärmeübertrager bei uns unter der Marke microox gehandelt sind mit den Abmessungen 4 m x 1,25 m x 30 mm bislang einzigartig auf der Welt und können bis jetzt nur von Güntner gebaut werden. Auch die Leistungsdichte ist mit 30 kW/m² einzigartig.
Worin liegt die besondere Herausforderung, solche großen Microchannel-Wärmeübertrager zu bauen?
Das liegt zum einen am Corebuilder und zum anderen am Ofen. Beide müssen so dimensioniert werden, dass microox-Blöcke in dieser Größe zusammengebaut und im Ofen gelötet werden können. Der automatische Corebuilder muss 4 m-MPE-Profile aufnehmen können und diese bis zu einer Breite von 1,25 m schichten können. Dazwischen liegen die vier Meter langen Lamellenbänder. Letztlich muss der Ofen groß genug sein, um diese Dimension durchlaufen zu lassen und das Know-how muss vorhanden sein, um einen so großen Block gleichmäßig zu löten.
Interview
Nachgefragt bei Joachim Gerstel, DuPont
Italiens Händler klagen über Kältemittelknappheit ganz besonders auch in Bezug auf R 22-Ersatzstoffe. Woran liegt das?
Die sprunghaft ansteigende Nachfrage der ISCEON(R) 9er-Reihe ist mit dem Verkaufsverbot von R 22-Neuware zu erklären. In Europa wurden etwa 20 000 t R 22 pro Jahr zum Nachfüllen benötigt, diese fehlen seit Jahresbeginn und können nur zu einem geringen Teil durch Rezyklat kompensiert werden. Dieser Trend wird sich voraussichtlich im zweiten Halbjahr noch verstärken. Wie viel an R 22 R-Ware tatsächlich zur Verfügung steht, ist derzeit nicht klar. Sie scheint jedoch unterschiedlich über Europa verteilt zu sein. Im südlichen Teil gibt es nur sehr wenig schätzungsweise weniger als zehn Prozent vom tatsächlichen Bedarf.
Reagiert der Markt so, wie vorherzusehen war?
Der Markt reagiert erwartungsgemäß; R 22 war bis Ende 2009 das drittmeistverkaufte Kältemittel in Europa. Dass das ab Januar eingetretene Verkaufsverbot allerdings so strikt umgesetzt wurde, hat den einen oder anderen vielleicht etwas überrascht.
Besteht auch in anderen Ländern als Italien eine solche Knappheit?
Zumindest an Rezyklat aus den oben erwähnten Gründen. Aber R 22 wird nicht nur durch Kältemittel der ISCEON(R) 9er-Reihe ersetzt. Es gibt noch weitere Lösungen. All diese bestehen jedoch im Wesentlichen aus den Grundprodukten R 125 und R 134 a. Die generell erhöhte Nachfrage nach diesen Grundprodukten hat zur weltweiten Verknappung und zum Preisanstieg geführt.
Aber diese Grundprodukte sollen derzeit doch grundsätzlich knapp sein. Warum?
Das DuPont-Management hat dazu vor Kurzem eine Information an den Fachgroßhandel geschickt. Daraus geht hervor, dass es derzeit eine weltweite Knappheit an Fluorspan gibt, die unter anderem auf einen Richtungswechsel in der chinesischen Politik in Bezug auf die Exportquoten und den Umgang mit Rohstoffen zurückzuführen ist. Das wirkt sich vor allem auf R 125 und R 134 a aus und damit natürlich auch auf eine ganze Reihe an Gemischen.