Bekanntlich entfallen europaweit rund 40 Prozent des Endenergieverbrauchs auf den Gebäudesektor dabei ist nicht nur der Wohnungsbereich angesprochen. Aufgrund dieser Tatsache haben Fragen der Energieeffizienz, Ressourcenschonung und CO2-Minderung vor dem Hintergrund der aktuellen Klimaschutz- und Umweltdiskussion einen hohen Stellenwert. Zumal Einsparungen bei Gebäuden von 30 Prozent und mehr keine Seltenheit sind.
Obwohl noch nicht einheitlich definiert, hat sich in diesem Kontext der Begriff des GreenBuilding etabliert. Auf europäischer Ebene gibt es inzwischen das GreenBuilding-Programm, das Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz in Nichtwohngebäuden anregen und deren Umsetzung unterstützen möchte. Ferner wurden auch in anderen Programmen Visionen und Konzepte zum GreenBuilding entwickelt.
Bei all dem ist jedoch die zentrale Frage, wie sich die hohen Anforderungen an Energieeffizienzsteigerung und rationellen Energieeinsatz mit den Anforderungen an thermische Behaglichkeit und Wohlbefinden im Gebäude in Einklang bringen lassen und wie nachhaltig diese Konzepte sind? Welche Rolle darf das Primat der Energieeffizienz einnehmen?
Im ersten Vortrag stellte Kerstin Kallmann von der Berliner Energieagentur zunächst das Europäische GreenBuilding-Programm vor. Dieses Programm ist kein Forschungs- und Entwicklungsprogramm, sondern setzt ganz bewusst auf bewährte Technik. Man möchte werben und kommunizieren, z.B. durch Herausstellen entsprechender Praxisbeispiele, und so die Eigentümer und Betreiber der Gebäude zum Mitmachen motivieren eine finanzielle Unterstützung gibt es jedoch nicht.
Hendrik Hübner von McKinsey präsentierte die Studie des BDI Wirtschaft für Klimaschutz Kosten und Potenziale von Treibhausgasemissionen, nationale und internationale Erfahrungen. Nach dieser Studie ist bis 2020 eine Verringerung der Treibhausgasemissionen um 25 Prozent allein durch Umsetzung von Maßnahmen möglich, die für den Entscheider (Betreiber) auch wirtschaftlich sind. Eine Verringerung um 30 Prozent ist zwar anspruchsvoll, aber ebenfalls erreichbar; dabei sind beinahe 90 Prozent der Maßnahmen wirtschaftlich und unter Einsatz bewährter Technik zu realisieren über 30 Prozent wird es allerdings hart.
Einen zentralen Vortrag lieferte Claus Händel, technischer Referent im FGK: Energie- und Klimaschutzeinsparung im Spannungsfeld der Behaglichkeitskriterien (dieser Vortrag wird in einer der nächsten Ausgaben der KK als ausführlicher Fachbeitrag erscheinen). Extrem ausgedrückt: Ein gut isoliertes, dichtes, unbeheiztes, ungekühltes und unbelüftetes Gebäude hat sicherlich einen minimalen Energiebedarf, nur kann man darin leider schwer leben, geschweige denn arbeiten. So gilt es für den Planer die sich widerstrebenden Tendenzen zwischen Energieeinsparung und Behaglichkeit optimal miteinander zu vereinen.
Ferner gibt es auch Widersprüche zwischen verschiedenen Verordnungen zu lösen. Nach Artikel 1 der EPBD* müssen in den Methoden zum Nachweis der Gesamtenergieeffizienz die jeweiligen außenklimatischen Anforderungen sowie die Anforderungen an das Innenraumklima Berücksichtigung finden. Dies bedeutet, dass bei einem favorisierten Referenzkennwerteverfahren die beiden für die Behaglichkeit wichtigen Größen Raumlufttemperatur, -feuchte und Außenluftvolumenstrom bei Referenzgebäuden und tatsächlichem Gebäude gleich sein müssen. Die EnEV 2007 hingegen fordert: Der Primärenergiebedarf für das Kühlsystem und die Kühlfunktion der raumlufttechnischen Anlage ist [...] gleich null zu setzen, d.h. mit Kühlung wird das Gebäude in jedem Fall energetisch schlechter bewertet.
Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis viel größer als in der Theorie.
Den Reigen der Praxisbeispiele eröffnete Annegret Dickhoff, BUND-Projektleiterin, mit ihrer Darstellung des BUND-Gütesiegels Energie sparendes Krankenhaus. Im Anschluss daran präsentierte Danijel Muric, Generaldirektor Menerga Slowenien, das mit dem Annual GreenBuilding Award 2008 ausgezeichnete Menerga-Verwaltungsgebäude in Maribor, Slowenien. Hier wurde nicht nur eine intelligente Lösung, sondern eine integrale Intelligenz geschaffen. Der Energieverbrauch des Gebäudes, das dennoch keinen Wunsch offen lässt, ist so gering, dass der lokale Energieversorger schon den Verdacht hatte, man beziehe noch aus einer anderen Quelle Energie.
Klemens Leutgöb, Geschäftsführer e7 Energie Markt Analyse GmbH, Wien, rief in seinem Vortrag über das österreichische Nachhaltigkeitsprogramm klima:aktiv haus: Unterstützung für Immobilienentwickler dazu auf, die thermisch-energetische Qualität von Beginn an mitzudenken; je früher man dies im Planungsprozess berücksichtige, desto höher seien die Einflussmöglichkeiten, so sein Credo.
Im letzten Vortrag des Tages berichtete Roger Schäublin in Vertretung für Prof. Holger Hagge, Architekt, Direktor Strategische Projekte Deutsche Bank, Frankfurt/Main, sehr ausführlich über die ganzheitliche Sanierung der Konzernzentrale in Frankfurt. Bei diesem Projekt, das ursprünglich durch eine Brandschutzschau der Feuerwehr angestoßen wurde, werden die beiden Türme der Deutschen Bank in Frankfurt praktisch bis auf das Betonskelett ausgehöhlt und völlig neu ausgebaut. Dabei nutzt man natürlich auch alle Möglichkeiten für ein umfassendes Energie- und Klimakonzept, um ein Vorzeige-GreenBuilding zu erstellen.
Am Rande bemerkt: Geld, das ließ Schäublin die Zuhörer wissen, spielt dabei natürlich nicht die entscheidende Rolle. So werden auch einige Funktionalitäten und Technologien eingebaut, die sich in 100 Jahren nicht rechnen. Man verbucht dies als Wertsteigerung der Immobilie und publikumswirksames Prestigeobjekt. Dennoch oder gerade deshalb ist es natürlich ein hochinteressantes Projekt.
Bleibt also abzuwarten, wie sich mit weniger finanzkräftigen Betreibern die grünen Gebäude im Spannungsfeld zwischen steigenden Energiepreisen und geforderter Luftqualität entwickeln.M.S. -
* Energy Performance of Buildings Directive: Europäische
Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden