Die Entwürfe der Einheitsblattreihe bestehen aus acht Teilen (insgesamt 151 Seiten) mit den Titeln:
1. Klimaschutzbeitrag von Kälte- und Klimaanlagen Verbesserung der Energieeffizienz Verminderung von treibhausrelevanten Emissionen (4 Seiten)
2. Anforderungen an das Anlagenkonzept und die Komponenten (29 Seiten)
3. Leitfaden für eine Verbesserung der Energieeffizienz in Kühlhäusern (18 Seiten)
4. Supermarktkälte (16 Seiten)
5. Industriekälte (23 Seiten)
6. Klimakälte (11 Seiten)
7. Regelung, Energiemanagement und effiziente Betriebsführung (15 Seiten)
8. Komponenten Wärmeübertrager (35 Seiten)
Die Zielsetzung, aktiv auf die Energieeffizienz von Kälte- und Klimaanlagen mit der Erarbeitung von Einheitsblättern positiven Einfluss zu nehmen, ist begrüßenswert. Die vielfältigen Kommentare zeigen jedoch, dass die Notwendigkeit besteht, diese Blätter vor der Veröffentlichung einer umfassenden Bearbeitung zu unterziehen.
Das anspruchsvolle Thema und der umfassende Anspruch für die vielen unterschiedlichen Anwendungen ist eine Herausforderung, die mit viel Sorgfalt, mit gebündeltem Sachverstand aus Wissenschaft, Industrie und Anwendung und ohne Zeitdruck bearbeitet werden sollte. Insbesondere sollten einwandfreie Definitionen sowie gute Erläuterungen von Messung und Berechnung anhand von klar verständlichen Beispielen die Anwender bestmöglich unterstützen.
Definition von Energieeffizienz?
Die Begriffskombination „Energieeffizienz von Kälteanlagen“ ist in der Kältetechnik bisher nicht definiert. In der heutigen Sprache gibt es vielfältige Kombinationen mit der Effizienz: z. B. Klima-, Öko-, Material-, Ressourcen-, Industrie-, Kosteneffizienz. Daher ist zunächst festzustellen, dass der Begriff Energieeffizienz weder allgemein noch bezogen auf die Kältetechnik wirklich definiert wird. Es wird stillschweigend vorausgesetzt, dass der Leser genau weiß, was unter Energieeffizienz zu verstehen ist.
Sinnvoll ist, den Blättern eine klare Definition oder Erläuterung des Begriffs voranzustellen und dann exakt für die jeweiligen Anwendungen zu definieren. Beim Lesen hat man ferner den Eindruck, die Energieeffizienz sei eine wohlbekannte Kennzahl. Sicherlich man kann Energieeffizienz mit Leistungszahlen und Gütegraden beschreiben, dennoch ist sie weder das eine noch das andere. Diese Zusammenhänge müssen deutlich gemacht werden.
Klarer Anwendungsbereich?
Da der generelle und der spezifische Anwendungsbereich nicht formuliert ist, besteht die Gefahr der falschen Nutzung. Es sollte u. a. deutlich werden, dass nur die Kälteerzeugung bearbeitet wurde, ohne eine Einbindung der Anlage in ein System, mit den Möglichkeiten z. B. von Wärmerückgewinnung. Vielleicht ist dies zukünftig ergänzend geplant. Die erheblichen Energieeinsparungen sind jedoch nicht zu unterschätzen und ein Hinweis hierzu wäre sicher gut. Die potenziellen Nutzer der Einheitsblätter sollten ebenfalls genannt werden.
Gebräuchliche Formelzeichen?
Die in der Kältetechnik für Deutschland und Europa genormten Formel-, Symbol- und Bildzeichen sollten durchgehend verwendet werden. Derzeit ist die Kreativität für neue und unterschiedliche Formel-, Symbol- und Bildzeichen zwar zu honorieren, dies ist aber leider nicht zielführend.
Falls neue Begriffe notwendig sind, sollten diese gut begründet und definiert sowie in ein für alle Teile gültiges Verzeichnis aufgenommen werden. Hier muss jedoch mit Sicherheit erst eine genaue Prüfung der bereits geltenden Normen und Vorschriften erfolgen. Die Kältemaschinenregeln sind als eine hilfreiche Quelle nutzbar.
Energie und Leistung?
Schon bei wenig aufmerksamem Lesen fällt eine wesentliche Ungenauigkeit beim Umgang mit den Begriffen „Energie“ und „Leistung“ auf. In Teil 2, Kapitel 3 wird einleitend die Energieeffizienz einer Kälteanlage als das Verhältnis von nutzbarer Kälteleistung zu Energieaufwand definiert. Bereits eine einfache Kontrolle der Maßeinheiten des so definierten Quotienten, nämlich kW/kWh, ergibt eine Einheit von 1/h, was natürlich nicht sein kann.
In Kapitel 4 wird die Definition der Kälteleistungszahl korrekt zitiert. Es wird ausgeführt,
- dass die so definierte Kennzahl ein Quotient aus stationär ermittelten Leistungen ist, wodurch die Leistungszahl für genau einen Betriebspunkt bestimmt ist,
- dass die Kennzahlbestimmung auf jeden anderen Betriebspunkt angewendet werden kann und
- dass sich daraus die Energieeffizienz durch Berücksichtigung aller Betriebszustände und deren Zeitdauer ermitteln lässt, z. B. für ein gesamtes Jahr.
Im Gegensatz zu diesen eindeutigen und korrekten Darstellungen werden im weiteren Verlauf des Textes immer wieder die als Quotienten aus Leistungen definierten Leistungseffizienz-Kennzahlen, als Energieeffizienz-Kennzahlen bezeichnet.
Dieser Fehler der Nichtunterscheidung von Energie und Leistung wird in weiteren Teilen der Einheitsblätter wiederholt, teilweise wird dabei sogar von dem Gesamtwirkungsgrad der Kälteanlage (der gar nicht definiert ist) gesprochen, und es werden neue Kennzahlen definiert.
Kälteleistung?
Darüber hinaus wird die Kälteleistung grafisch und verbal als „abgegebene“ Leistung dargestellt, und es wird erläutert, dass die „Nutz-Kälteenergie auf dem Weg von der Erzeugung zum Nutzen abnimmt“. Die Kälteleistung ist jedoch thermodynamisch prinzipiell ein von der Kältemaschine aufgenommener und kein abgegebener Energiestrom. Eine Darstellung, bei der die Kälteleistung als ein abgegebener Energiestrom dargestellt und erläutert wird (Bild 2 und 3 in Teil 7), ist zwar für den Laien plausibel, sollte aber in Fachkreisen so nicht verwendet werden, da sie in dieser Darstellung dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik widerspricht.
Die Kälteleistung ist allerdings eine wesentliche Größe bei der Bestimmung der Leistungszahlen. Das Problem der experimentellen Bestimmung sollte daher ebenfalls angesprochen und hervorgehoben werden.
Weitere Begrifflichkeiten
Der Begriff „Stromverbrauch“ ist zwar in der Umgangssprache, in den Medien und im politischen Diskurs üblich, jedoch technisch unzutreffend, da der Strom nicht „verbraucht“ wird, sondern lediglich als Übertragungsmedium dient und immer zur Quelle zurückfließt. Dabei wird Energie, die in nachgeschalteten Prozessen gewandelt wird, elektrisch übertragen. Der dafür korrekte Begriff ist der Elektroendenergieverbrauch. Der Begriff „Stromverbrauch“ sollte daher in den Einheitsblättern ebenfalls nicht verwendet werden.
Ferner gibt es definierte Vergleichsprozesse und den „tatsächlichen oder wirklichen“ Prozess. Der verwendete neue Begriff „realitätsnaher Prozess“ ist unüblich und schwammig zumindest sollten die Abweichungen der Prozesse voneinander beschrieben werden.
Schließlich sollten auch die Darstellungen zu den Prozessen in Teil 2 geprüft und überarbeitet werden. Eine übliche Darstellung im log p,h-Diagramm, die mit verfügbaren Kreislaufberechnungsprogrammen leichter nachvollzogen werden kann, fehlt leider.
Fazit
Der Ansatz, die Güte eines Prozesses daran zu messen, wie nahe er dem bestmöglichen Prozess, dem Carnot-Prozess, kommt, ist sicher gut. Insgesamt sind die Entwürfe der Einheitsblätter auch bemüht, viele Aspekte der Energieeffizienz darzustellen, von einem wirklichen Gelingen kann aber noch nicht gesprochen werden, da noch zahlreiche Fragen zu klären sind und wesentliche Aspekte fehlen. So bietet z. B. der heute bereits vielfältige Einsatz von Wärmepumpen in Gewerbe und Industrie der Kältetechnik neue weitreichende Möglichkeiten und große Potenziale, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Auch dies sollte in den Arbeitsblättern aufgezeigt werden die Fachabteilung im VDMA hat schließlich den Namen „Kälte- und Wärmepumpentechnik“. M. S. -