In Hagenau kontrastiert die hochmoderne Gebäude-Architektur (Bild 1) zum beschaulichen Fachwerkhausstil der anschließenden Altstadt: Ein transparenter Kubus mit gigantischer Fassadenuhr blickt auf die gemütlich-verwinkelten Fachwerkhäuser.
Dieses Bahnhofsgebäude soll auch bei der Nachhaltigkeit Maßstäbe setzen, so auch beim lüftungstechnischen Konzept. Die sechs Bürobereiche in den Obergeschossen werden über eine gemeinsame RLT-Anlage versorgt, deren Wärme- und Kälteversorgung von einer Wärmepumpe stammt. Um den Mietern dieser Bürobereiche einen sparsamen Verbrauch zu ermöglichen und gleichzeitig eine gerechte Nebenkostenabrechnung der klimatisierten Luft durchführen zu können, erhielt die RLT-Anlage Luftenergiezähler.
So funktioniert die Messeinrichtung
Bei einem solchen Luftenergiezähler handelt es sich um eine in Deutschland eichrechtlich zugelassene Messeinrichtung. In der Zuluftleitung jeder Verbrauchszone erfasst sie kontinuierlich den Luftmassenstrom sowie an zwei Stellen die sogenannte Enthalpie, also den Wärmeinhalt der noch nicht aufbereiteten Luft (Außenluft) und der an die Zone gelieferten Luft (Zuluft). Daraus werden drei Verbrauchszählerwerte gebildet:
Bild 2 zeigt im Vordergrund eine Luftenergiezähler-Messstrecke sowie im Hintergrund an der Wand einen Luftenergiezähler.
Im Schema (Bild 3) der Klimatisierungs-Gesamtanlage sind die Durchfluss-Messstellen der Luftenergiezähler dabei jeweils grün mit Großbuchstaben (A bis G) gekennzeichnet, die Enthalpie-Messstellen jeweils orangefarben mit Zahlen (1 bis 12). Erkennbar wird, dass einmal der Gesamtdurchfluss (A) sowie jeweils der Einzeldurchfluss jeder Mietzone erfasst werden (B bis G).
Bei Standard-Anwendungen bleiben die Abluft und Wärmerückgewinnung unberücksichtigt. Dort ist es ausreichend, Enthalpiefühler in Außen- und Zuluft zu positionieren.
Besonderheit und ein Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit bei der Lösung im Bahnhof Hagenau ist, dass hier auch der Beitrag jeder Zone zur Wärmerückgewinnung (WRG) berücksichtigt wird. Liefert also eine Zone beispielsweise im Winter über die Abluft einen höheren Wärmebeitrag an die Wärmerückgewinnung, so dient dies der Gemeinschaft der Energieverbraucher und bringt für die zuliefernde Zone eine Kostenminderung. So ist unter anderem zu erwarten, dass die Büros auf der Südseite aufgrund der Strahlungswärme im Winter einen höheren WRG-Beitrag leisten werden als diejenigen auf der Nordseite.
So wird gemessen und abgerechnet
In einem ersten Schritt gilt es, die Kosten der Luftumwälzung und die der Wärme- und Kältelieferung voneinander zu trennen. Dafür hat die Anlage im Bahnhof Hagenau zwei Stromzähler, nämlich einen für die Wärmepumpe und einen für die restliche Klimaanlage mit Ventilatoren und Wärmerückgewinnung (Bild 3).
Diese Zähler werden in einem ersten Abrechnungsschritt zum Jahresende ausgewertet, so dass die „Primärzählerkosten“ (Kosten RLT und Kosten Wärmepumpe WP) feststehen. Um daraufhin die Kosten der Wärmepumpe nach luftseitiger Kältelieferung (WP kalt) und Wärmelieferung (WP warm) voneinander trennen zu können, werden die Stromkosten der Wärmepumpe nach der nachfolgenden Formel aufgeteilt (Bild 3, gelb hinterlegter Bereich).
Welchen Anteil an den nunmehr bekannten Kosten der gesamten RLT-Anlage sowie der Wärme- und Kältelieferung der Wärmepumpe trägt nun aber die einzelne Zone? Bild 4 zeigt dies schematisch auf. Die seit 2019 gültige VDI-Richtlinie 2077 Blatt 4 ist für diese Fragestellung die einschlägige technische Richtlinie in Deutschland. Sie wurde nun auch beim Projekt in Hagenau angewendet.
So werden die WRG-Beiträge abgerechnet
Die Formeln in Bild 5 zeigen, wie die Berücksichtigung der WRG-Beiträge umgesetzt wurde: Alle relevanten Messwerte liefert dabei das Messsystem von Luftmeister. So steht etwa der Term „A * (2 – 1)“ für einen Wärmeverbrauch, den der zentrale Zähler „A“ über den gesamten Abrechnungszeitraum hinweg als Zählerwert erfasst. Dieser wird ebenso wie alle anderen Verbrauchswerte über ein Modbus-Netzwerk übermittelt, so dass die zentrale GLT lediglich noch die oben dargestellte Formelverknüpfung verwalten muss.
Der Zählerdienstleister erhält auf dieser Basis einfache Prozent-Aufteilungen – beispielsweise wird Mietzone OG1-2 (Zähler G) mit Südlage zuletzt in einem Abrechnungsjahr 14 Prozent der RLT-Kosten tragen, dagegen aber 20 Prozent der Kühlungskosten und beispielsweise 12 Prozent der Wärmekosten.
Auf dieser Abrechnungsbasis wird
Wann sollten die WRG-Beiträge berücksichtig werden?
Die Berücksichtigung der Abluft-Wärmegewinne, also der WRG-Beiträge, führt nur dann zu nennenswerten Unterschieden gegenüber einer reinen Zuluft-Verbrauchsmessung, wenn die Ablufttemperaturen bzw. -enthalpien der einzelnen Zonen sich signifikant voneinander unterscheiden. Die VDI 2077-4 nennt hierzu den Wert von 5 K. Daraus resultiert, dass die große Mehrzahl der Luftenergiezähler-Konzepte bislang auf eine solche WRG-Berücksichtigung verzichtete. Bild 6 zeigt, wie sich dann die Berechnung vereinfacht.