Im Vergleich zu leistungsfähigeren und vielseitiger anwendbaren Drehstrommotoren erscheinen Einphasenmotoren technisch weniger interessant. Doch verleihen ihnen die hohen Stückzahlen und die weite Verbreitung eine große Bedeutung. Und es gibt neue Ansatzpunkte zur Verbesserung dieser ohnehin schon langlebigen Motoren.
Einphasenmotoren benötigen ein Relais, das den Startkondensator nach dem Hochlauf des Motors vom Netz trennt. Zusätzlich ist ein Motorrelais erforderlich, um den Motor ein- und auszuschalten. Der Startkondensator wird nur zum Anlauf des Motors benötigt. Er darf nicht dauerhaft am Netz bleiben, weil er sonst überhitzt. Eine rasche Trennung ist wünschenswert, um den thermischen Effekt als wesentlichen Treiber für die Alterung des Bauteils gering zu halten. Gleichzeitig darf der Startkondensator nicht wesentlich vor dem Erreichen der Nenndrehzahl abgeschaltet werden, weil das Drehmoment sonst nicht ausreichend ist, der Motor im Anlauf abbricht und stehenbleibt. Der richtige Zeitpunkt für die Netztrennung ist also doppelt entscheidend.
Üblicherweise wird der Startkondensator mit einem Strom- oder Potenzialrelais, einem Fliehkraftrelais oder einem Zeitrelais abgeschaltet. Gegen Überhitzung werden diese Motoren in den meisten Fällen heute durch Bimetallschalter in der Wicklung abgesichert.
Mikroprozessor für Steuerung und Schutz
Als Spezialist für den thermischen Motorschutz hat Kriwan einen Regelungsbedarf von Einphasenmotoren erkannt und dafür ein spezielles, neuartiges Schutzmodul vorgestellt. In diesem ist in einem Mikroprozessor ein mathematisches Modell der Startwicklung des Motors hinterlegt. Anhand dieses Modells kann nur über die Messung der Spannung an der Startwicklung zuverlässig erkannt werden, wann der Motor seinen Nennarbeitspunkt erreicht hat. Der Einfluss des aktuellen Drehmoments wird dabei ebenso berücksichtigt wie die Umgebungstemperatur, die Netzspannung und die reale Kapazität des Startkondensators.
Die Lösung ist zudem komfortabel, weil diese Werte nicht als Parameter hinterlegt werden müssen. Denn der Algorithmus ist selbstadaptierend. Ein besonders wichtiger Aspekt ist dabei die Berücksichtigung der realen Kapazität des Startkondensators. Weil Kondensatoren einer erheblichen Alterung unterliegen, ändert sich dieser Wert mit der Zeit. Je kleiner die reale Kapazität im Laufe der Lebensdauer des Startkondensators wird, desto länger dauert der Startvorgang.
Auch die normale Toleranz der Kapazität, die im zweistelligen Prozentbereich liegen kann, spielt eine Rolle. Durch die Adaption an den echten Wert der Kapazität muss jetzt nicht mehr mit umfassenden Reserven gearbeitet werden. Der Startvorgang kann so kurz wie möglich sein, der Startkondensator wird intensiver geschont, was seiner Lebensdauer zugute kommt. In Messungen ergaben sich Verkürzungen der Startzeit zwischen 30 und 50 Prozent.
Schneller wieder einsatzbereit
Neben dem Schalten des Startkondensators übernimmt das Kriwan-Modul auch die Schutzfunktion. Der Motorschutz umfasst dabei sowohl den thermischen Motorschutz mit einem NTC-, PTC- oder ähnlichem Widerstand als auch das Erkennen eines blockierten Läufers. Dieser wird dabei ebenfalls über das mathematische Modell erkannt, was das Abschalten des Motors im Fehlerfall stark beschleunigt.
Im Vergleich zum einfachen Bimetallschalter kann der Motor auch viel schneller nach dem Schutzeingriff wieder freigegeben werden. Das erhöht die Verfügbarkeit des Motors und seine Wirtschaftlichkeit im Betrieb. So kann es manchmal einige Stunden dauern, bis der Bimetallschalter in der Wicklung und damit der Motor vollständig abgekühlt sind und der mechanische Schalter sich zurückstellt. Durch einen elektronischen Motorschutz kann die Gefährdung des Motors besser abgeschätzt werden und der Motor oft schon nach Minuten wieder freigegeben werden.
Alles in einem Modul – und auswertbar
Das Schutzmodul ist eine integrierte Lösung und vereint bisher einzeln aufgebaute Komponenten. Das Motorschütz, um den Motor an- und auszuschalten, ist kombiniert mit dem Relais für den Startkondensator. Es ersetzt den Stromsensor für den blockierten Läufer und das Bimetall für den Wicklungsschutz.
Die Digitalisierung dieser Funktionen hat zudem den Vorteil, dass über die integrierte Kriwan-Diagnoseschnittstelle Daten des Motors ausgelesen werden können. Das zugehörige Diagnose-Tool umfasst einen Fehlerspeicher, in dem alle Abschaltungen während der Lebensdauer des Motors mitgeschrieben werden. Das hilft beispielsweise im Service- oder Reklamationsfall, genaue Details zum Betrieb des Motors zu erhalten. Des Weiteren werden aber auch Empfehlungen für den Startkondensator mitberechnet und ausgegeben. Die Software und das Schutzmodul helfen dadurch etwa während der Entwicklung einer Applikation, den Motor schnell optimal zu beschalten.
Fazit
Die Vereinigung von Schutz- und Regelungsfunktionen in einem Mikroprozessor macht nicht nur eine ganze Reihe von Bauteilen überflüssig, sondern erhöht auch die Lebensdauer und Verfügbarkeit von Einphasenmotoren. Gerade wenn sie in Pumpen und Kompressoren zum Einsatz kommen, verspricht das neue Schutzkonzept einen Gewinn an Zuverlässigkeit und Servicefreundlichkeit sowie weniger Kosten durch Verschleiß und Ausfall.
Dr. Christian Ellwein,
Geschäftsführer der Kriwan Industrie-Elektronik GmbH, Forchtenberg