Teil 1 des Artikels behandelt die allgemeine Bedeutung für die Raumluftqualität sowie das Sick-Building-Syndrom (SBS).
Ohne Kohlenstoffdioxid gäbe es keine Photosynthese, dadurch gäbe es kein Pflanzenwachstum, was bedeutet, dass es ohne Kohlenstoffdioxid keine Lebewesen auf der Erde gäbe. CO₂ ist aber nicht nur ein eigentlich wichtiges Gas für Mensch und Umwelt. Es ist außerdem ein Treibhausgas, dessen hohe Konzentration in der Atmosphäre die Temperaturen steigen lässt und zum Treibhauseffekt beziehungsweise zur globalen Erwärmung führt.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen natürlichem und zusätzlichem Kohlendioxid. Außer dem natürlichen Vorkommen in der Atmosphäre und in der Luft entsteht CO₂ bei der Atmung von Mensch und Tier, der Reifung von Obst und Gemüse, es wird von Vulkanen produziert und entsteht bei Verrottung.
Problem: Freisetzung durch den Menschen
Das sogenannte zusätzliche CO₂ ist anthropogen (durch den Menschen verursacht) bedingt und wird schon seit Anbeginn der Industrialisierung der Umwelt zusätzlich zugefügt. Beispielsweise bei Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Energieträgern, wie Kohle, Gas oder Öl. Auch Autoabgase enthalten Kohlendioxid. Außerdem wird manchen Getränken CO₂ zugefügt. Im Gegensatz zu Bier und Sekt, bei denen sich Kohlenstoffdioxid bei der Gärung natürlich bildet, wird bei Limonaden und Sodawasser das CO₂ zugesetzt, um einen Erfrischungseffekt zu erzielen.
Der CO₂-Gehalt in der Luft wird in parts per million (Anteile pro Million), kurz ppm, oder in Prozent (%), beziehungsweise Volumenprozent (Vol.-%) angegeben.
Zu Beginn der Industrialisierung lag ein durchschnittlicher Wert bei 0,028 Prozent in der Außenluft, das entspricht 280 ppm (parts per million). Dieser Wert stieg zu Beginn erst langsam und dann immer schneller an. Heute misst man in ländlichen Gebieten etwa 350 ppm, in kleinen Städten 375 ppm und in Städtezentren bis zu 440 ppm CO₂-Gehalt in der Außenluft. Dabei ist der Gehalt von Kohlenstoffdioxid in der Luft auch immer abhängig von der Tages- und Jahreszeit.
Nach China und den USA ist Europa drittgrößter Kohlendioxidproduzent. Allein Deutschland ist für 1/5 der EU-Emissionen an CO₂ verantwortlich.
Abgesehen von der zusätzlichen CO₂-Emission durch die Industrie ist es interessant, einen Blick auf den CO₂-Ausstoß des Menschen zu werfen. Dieser setzt auf ganz natürlichem Weg CO₂ frei. Eine Person atmet bei sitzender Tätigkeit im Schnitt ca. 15…20 l Luft pro Stunde aus und versetzt ihr dadurch mehr als die hundertfache Menge an CO₂. Pro Tag summiert sich der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid einer einzigen Person auf die Menge, die ein Kleinwagen auf einer Strecke von 10 km ausstößt.
CO2 als Indikator für die Raumluftqualität
Aufgrund des Klimawandels und jüngster Vorkommnisse ist CO₂ seit einigen Jahren vor allem in der Politik ein heikles und viel diskutiertes Thema. Aber CO₂ ist nicht nur im Freien in der Erdatmosphäre, sondern auch in Gebäuden und Innenräumen vorhanden. Es ist wichtig, CO₂ nicht nur als großen Faktor des Treibhauseffektes, der globalen Erwärmung oder bekannter Skandale zu betrachten, sondern den Blick auch auf eine andere Ebene, den Alltag, zu richten und dem Thema CO₂ in Innenräumen ausreichend Beachtung zu schenken.
Denn auch in diesem alltäglichen Bereich gilt es, die Werte zu überwachen und zu kontrollieren, denn sie sind ein ausschlaggebender Faktor für die Energieeffizienz in Gebäuden, die Sicherheit, aber auch die menschliche Gesundheit. Schließlich hält sich ein durchschnittlicher Mensch aus den industrialisierten Staaten Europas, egal ob bei der Arbeit oder im Privaten, in Gebäuden, genauer gesagt, in Innenräumen, auf. Sowohl in privaten Wohn- und Aufenthaltsräumen wie auch in öffentlichen Gebäuden wie Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern, Bibliotheken, Gaststätten, Fitnessstudios, Sporthallen oder in anderen Veranstaltungsräumen, am Arbeitsplatz und in Büroräumen. Eines haben alle diese Gebäude und Innenräume gemeinsam: Überall wo sich Menschen aufhalten, wird geatmet und damit CO₂ ausgestoßen.
Je nach Anzahl der in den Räumen befindlichen Personen kann die Raumluftqualität erheblich und rapide abnehmen. Der eigentliche Sauerstoffgehalt in der Luft beträgt im Normalfall 21 Prozent, der von CO₂ deutlich weniger, etwa 0,04 Prozent. (400 ppm) Schon allein durch eine einzige Person kann der CO₂-Gehalt in der Luft innerhalb von 45 min von der genannten Menge auf 1 000 ppm ansteigen. Der Kohlendioxidgehalt in der Luft würde damit durch lediglich eine Person auf die von Max von Pettenkofer empfohlene Maximalmenge von 1 000 ppm ansteigen.
Bereits ab einer Menge von 1 000 ppm empfinden 20 Prozent der Menschen die Raumluft als unbefriedigend. Lange Zeit galt die sogenannte Pettenkofer-Zahl als Zielgröße und Maßstab für ausreichende Raumluftqualität. Heute unterscheidet man jedoch etwas differenzierter: Die Europäische Norm EN 13779 bewertet die Konzentration von CO₂ in Innenräumen in vier Qualitätsstufen (siehe Tabelle 1). Als hygienisch inakzeptabel gilt die Raumluftqualität ab 2 000 ppm.
Die Menge des CO₂-Gehalts in Innenräumen hängt von verschiedenen Faktoren ab. Man unterscheidet dabei zwischen biotischen und abiotischen Faktoren. Im Grunde hängen die CO₂-Konzentration und die damit eng verbundene Raumluftqualität von folgenden Umständen ab:
Höhere Konzentrationen sind außerdem möglich durch:
Mögliche Auswirkungen von CO2 auf Arbeit und Gesundheit
Schadstoffe wie Kohlenstoffdioxid in der Atemluft stellen eines der fünf größten Risiken für die öffentliche Gesundheit dar. Sie führen zu Beschwerden wie Unwohlsein, Konzentrationsschwäche und Produktivitätsverlust. Diese Symptome treten bereits auf, lange bevor man schlechte Luft beziehungsweise eine zu hohe CO₂-Konzentration in der Atemluft, bewusst wahrnimmt.
Je nach Intensität der Nutzung eines Raumes steigt die Menge an Kohlenstoffdioxid in der Raumluft an und verschlechtert deren Qualität erheblich. Der menschliche Körper benötigt Sauerstoff, um richtig zu funktionieren, zu viel CO₂ in der Atemluft behindert den Körper bei der Aufnahme von Sauerstoff. Hinreichende Qualität, mit Hilfe durch Überwachung von Raumluft innerhalb von Gebäuden, ist daher von großer Notwendigkeit.
Denn eine zu hohe CO₂-Konzentration kann Folgen haben. Schon ab einem Wert von 1 200…1 500 ppm kann sich, je nach Person und Befindlichkeit, das allgemeine Wohlergehen enorm verschlechtern und es können Beschwerden wie Schläfrigkeit, Unaufmerksamkeit, Verringerung der Konzentration oder Kopfschmerzen auftreten, bei ansteigendem Kohlenstoffdioxidgehalt kann sich schließlich auch die Atemfrequenz und das Atemzugsvolumen erhöhen.
Zu viel CO₂ in der Raumluft führt an Arbeitsplätzen, Schulen und Kindertagesstätten zu höheren Fehlzeiten. Diesen lässt sich durch verstärktes Lüften und Monitoring mit Klimaanlagen oder Luftfiltern entgegenwirken. Für das Ermitteln des CO₂-Gehalts in der Luft gibt es spezielle Messgeräte, die bei Bedarf auch Alarm schlagen können. Durch einen regelmäßigen Luftaustausch in den Räumen steigt die Leistung an der Arbeitsstelle und in der Schule nachweislich wieder an.
Mit dem Kohlendioxidgehalt steigt auch das Ansteckungsrisiko. Wo eine hohe CO₂-Konzentration herrscht, befinden sich besonders viele Keime. Wissenschaftler untersuchten das Ansteckungsrisiko bei einer Grippe. Dabei waren 30 Personen für vier Stunden in einem Klassenraum, in welchem eine Person eine akute Grippe hatte. Das Ergebnis bestätigte eine höhere Ansteckungsgefahr bei zu hohem CO₂-Level. Bei 1 000 ppm steckten sich fünf Personen an, bei 2 000 ppm bereits zwölf und bei 3 000 ppm wurden 15 Personen angesteckt.
Zu viel CO₂ in der Raumluft kann aber nicht nur zu starken Kopfschmerzen, Leistungsabfall, Konzentrationsschwäche, vermehrten Ansteckungen und erhöhter Atemfrequenz führen. Eine zu hohe Konzentration kann für den Menschen durchaus gesundheitlich bedenklich und noch gefährlicher werden. Bei über 100 000 ppm kann es zu Übelkeit und Erbrechen bis hin zu Atemnot oder gar Bewusstlosigkeit kommen. Steigt die Menge an CO₂ in der Raumluft auf über 200 000 ppm an, kann dies im schlimmsten Fall zum Tod führen.
Die Auswirkungen von zu viel Kohlendioxid in der Luft waren schon früh bekannt. Bereits Bergleute waren sich möglicher Gefahren bewusst und nahmen sich zum Schutz eine Kerze mit unter Tage. Erlosch diese, war dies ein Anzeichen für ein zu hohes CO₂-Level (ca. 100 000 ppm) und die Kumpel wussten, dass sie sich in Lebensgefahr begeben würden, denn bereits diese Menge an Kohlenstoffdioxid in der Luft kann zu Bewusstlosigkeit führen.
CO₂ ist zwar nicht alleiniges Kriterium für eine gesundheitliche Bewertung, allerdings handelt es sich um einen wichtigen Indikator für die Gesamtsituation.
Sick-Building-Syndrom (SBS)
Beim Sick-Building-Syndrom handelt es sich um gebäudebezogene Gesundheitsstörungen, oder übersetzt um „krankmachende“ Gebäude. Es beschreibt Krankheitssymptome bei Personen, die scheinbar im Zusammenhang mit längeren und häufigeren Aufenthalten in einem bestimmten Gebäude stehen. Hauptsächlich sind davon Menschen betroffen, die in Bürogebäuden und Büroräumen tätig sind. Man spricht von einem Verdacht auf das Sick-Building-Syndrom, wenn bei mindestens 15 bis 20 Prozent der Beschäftigten ähnliche gesundheitliche Beschwerden auftreten, die nach Verlassen des Gebäudes bald abnehmen, vor allem bei längerer Abwesenheit, dann aber wieder auftreten oder zunehmen, sobald man sich wieder in diesem Gebäude befindet.
An SBS erkranken häufiger Frauen als Männer. Auch wenn keine absoluten Zahlen vorliegen, leiden Schätzungen zufolge etwa 400 000 Menschen in Deutschland an Überempfindlichkeiten, die auf das Sick-Building-Syndrom schließen lassen.
Die Ursachen und Beschwerden der betroffenen Menschen sind zumeist unspezifisch, können also auch bei anderen Krankheitsbildern auftreten. Sie scheinen aber mit längeren Aufenthalten am Arbeitsplatz zusammenzuhängen. Diese Zusammenhänge konnten bisher jedoch nicht klar bestätigt werden. Mögliche Anzeichen des Sick-Building-Syndroms sind:
wie Überempfindlichkeit,
Beim Sick-Building-Syndrom ist nicht ganz klar, ob die Einflüsse des Gebäudes wirklich zu den oben genannten Befindlichkeitsstörungen führen, denn die Bedingungen sind vergleichsweise ungenau. Genauer gesagt: Es werden zwar Schadstoffe gemessen, die Konzentration dieser liegt jedoch innerhalb tolerierbarer Werte und es konnte bisher keine Kausalität zwischen Schadstoffen und dem Phänomen SBS festgestellt werden.
Die Ursachen des Sick-Building-Syndroms können verschiedene Gründe haben. Diese können chemischer, physikalischer, biologischer oder auch psychologischer Natur sein. Diesen kann man etwa die Beleuchtung, Baumaterialien, mikrobielle Verunreinigungen, Schimmel, Staub, den Stresspegel, flüchtige organische Verbindungen und Gase, Heizungen, Klimaanlagen etc. unterordnen. Aber auch mangelhafte Qualität der Raumluft, ungenügender Luftaustausch, sprich: eine zu hohe Konzentration von CO₂ in den Innenräumen, wie auch das Raumklima im Allgemeinen können mögliche Gründe für ein auftretendes Sick-Building-Syndrom sein.
Für eine Verbesserung der Raumluftqualität, bezogen auf die Verbesserung der CO₂-Konzentration in den Innenräumen, empfehlen sich unter anderem folgende leicht umzusetzende Maßnahmen:
In Teil 2 des Artikels (KK 2/2020) werden die Raumluftqualität in Schulgebäuden und Klassenräumen, einschlägige Regelungen und Richtlinien in Deutschland und Skandinavien sowie viele gute Gründe für die CO₂-Überwachung thematisiert.
Max von Pettenkofer
Er machte aus der Hygiene eine Wissenschaft und gilt somit als erster Hygieniker Deutschlands. Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts beschäftigte er sich mit der Qualität der Raumluft und machte eine zu hohe Kohlenstoffdioxidkonzentration als einen der Faktoren für niedrige Luftqualität in Innenräumen aus. Lange Zeit galt die sogenannte Pettenkoferzahl, 1 000 ppm (0,1 Prozent), als Indikator und Grenzwert für gute Raumluftqualität. Noch heute dient sie als wichtige Zielgröße. Denn ab dieser Menge können bereits Merkmale von Unwohlsein durch zu hohe CO2-Konzentration in der Luft wie Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche und Müdigkeit auftreten.