Bei einer faktischen Flatrate für die verbrauchte Klimaluft gibt keinerlei Einsparanreiz, weder beim Betreiber noch beim „Luftnutzer“. Die Luft-Medienversorgung der einzelnen Mieter ist unklar mit Blick auf Quantität und Qualität - und nicht selten gibt es hierzu Meinungsverschiedenheiten. Zudem erbringt der Flächenschlüssel bei Leerständen, zeitlich versetzten Luftbezügen und unterschiedlichen Luftbedarfen (z.B. Süd-/Nordseite) eine nicht den Tatsachen entsprechende Kostenverteilung.
Gerade bei Handelsimmobilien ergibt sich meist ein wichtiges zusätzliches Problemfeld. Denn Einzelhandel und Mieter in Fachmärkten und Shopping-Centern reduzieren ihre Flächen, ziehen in andere Lagen um, zollen vielfach ihren Tribut an den wachsenden Online-Handel und den Covid-bedingten Rückgang des Präsenz-Einkaufs. Zugleich gilt es, neue Mieter (wie z. B. Co-Working-Flächen oder Fitnessstudios) für die freiwerdenden Flächen zu gewinnen.
Das erfordert eine höhere Flächenflexibilität der Immobilien, gerade bei der Nachvermietung von Flächen. Wie kann hier eine zukunftsfähige Klimaluft-Versorgung sichergestellt werden, die bei Neubau, Sanierung und der Flächen-Nachvermietung die erforderliche Flexibilität bietet und zugleich Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt?
Fit für ESG-Kriterien
Das Einkaufszentrum „Am Brand“ in Mainz mit 1 a-Lage ist hierfür ein gutes Beispiel. Eigentümer ist die Immobiliengesellschaft Aachener Grundvermögen. Seit nahezu 50 Jahren hält das Kölner Unternehmen ein wachsendes Immobilien-Portfolio, spezialisiert auf sehr gute innerstädtische Lagen. Die Gesellschaft verfolgt seit ihrer Gründung eine konservative sowie auf Langfristigkeit ausgerichtete Anlagestrategie. Zudem berücksichtigt sie bei allen Investitionsentscheidungen ethisch-langfristige Kriterien, sog. ESG-Kriterien.
Im Mainzer Objekt mietete viele Jahre lang ein großer Fachmarkt drei komplette Stockwerke des Einkaufszentrums. Für die Belüftung dieser Flächen wurde eine gemeinsame große RLT-Anlage eingesetzt, die mit rund 85 000 m3/h Luftleistung ungefähr zu je einem Drittel die drei Stockwerke versorgte. 2021 entschied sich der Fachmarkt, die Untergeschoss-Fläche freizugeben.
Entscheidung für zukunftsweisende Klimaluft-Versorgung
Der Eigentümer stand damit vor der Aufgabe, für die große freiwerdende Fläche einen oder mehrere Nachmieter zu finden. Mit Blick auf die Klimatisierung gab es drei Alternativen:
Die Entscheidungsfindung wurde durch das Mainzer Ingenieurbüro dp-mainz begleitet. Im Rahmen einer zukunftsweisende Gesamtlösungen und nach intensiver Beratung entschied sich der Eigentümer für die Luftenergiezähler.
Zum einen waren damit die Gesamtkosten im Vergleich zu einer zusätzlichen RLT-Anlage geringer, ganz ungeachtet dessen, dass dies erhebliche Platzprobleme und Baustellenbelastungen erbracht hätte. Zum anderen entstand durch den Einsatz der Luftenergiezähler gerade in Abgrenzung zum herkömmlichen „Flächenschlüssel“ ein mehrfacher Nutzen:
Auch die Leerstandkosten teilen sich nunmehr fair auf. Während ein leerstehendes Geschoss im hier beschriebenen Gebäude nach Flächenschlüssel den Eigentümer zu einem Drittel belastete, zeichnet er nun – verbrauchsbasiert – nur noch für etwa 10 Prozent der Klimaluftkosten verantwortlich. Denn dies entspricht den stark abgesenkten Volumenströmen im leerstehenden Geschoss, die nur noch dem Bautenschutz dienen.
In Mainz wurden pro Stockwerk drei Luftenergiezähler eingebaut. Damit ist das „Luftliefer-Monitoring“ feingranular – es ist auch für Teilflächen ersichtlich, welche Luftquantität und -qualität dort geliefert wird. Vor allem aber hat der Eigentümer den Vorteil, bereits für zukünftige Mietflächen-Aufteilungen gewappnet zu sein.
Warum sind Luftverbrauchszähler noch so selten?
Es kommt gelegentlich die Frage auf, weshalb es nicht schon seit langem auch für die Klimaluft Verbrauchszähler gibt, wie man das ja für Wasser, Strom, Gas, Wärme mitsamt entsprechender Eichpflichten seit Jahrzehnten kennt. Nun war es nicht einfach möglich, auch für Klimaluft einen Verbrauchszähler zu entwickeln. Zum einen ist es in den „kurvenreichen“ Luftleitungen mit etlichen Krümmern, T-Stücke, Reduzierungen etc. alles andere als trivial, einen präzisen Durchfluss zu messen. Zum anderen musste auch erst eine passende Eichgröße geschaffen werden, um dann die für die Abrechnung erforderliche amtliche Eichzulassung erhalten zu können.
Die Luftmeister GmbH aus Kirchzarten hat diese Aufgaben gemeistert. Mit der seit 2019 gültigen DIN 94701 wurde eine Produktnorm aufgestellt, die Mindestanforderungen an Genauigkeit, Vorstörungsprüfungen und Einbau der Luftenergiezähler definiert.
Erfüllt wurden diese hohen messtechnischen Hürden mit einer speziellen Sensorik. Schließlich wurde dem Luftenergiezähler Anfang 2020 seitens der PTB (Physikalisch-technische Bundesanstalt) die Eichzulassung erteilt. Die Abrechnung erfolgt dabei normgerecht nach der VDI 2077-4. In dieser Anwendungsnorm wurde der Luftenergiezähler zum Stand der Technik erhoben; dort findet sich auch die anzuwendende Abrechnungsformel für die Nebenkostenabrechnung.
Projektablauf in Mainz
In enger Zusammenarbeit mit Luftmeister konzipierte das Planungsbüro dp-mainz den Umbau der Luftleitungen. Diese mussten teils angepasst werden, da die Luftenergiezähler in eine gerade Leitung mit insgesamt vier Durchmesser-Längen einzubauen waren. Bei Luftmeister wurden die neun Messstrecken gefertigt, ebenso die neun Luftenergiezähler. Anschließend wurden jeweils die Messstrecken gemeinsam mit dem jeweiligen Luftenergiezähler kalibriert. Das Kalibrierlabor des Herstellers kann die ganze Bandbreite von kleinen bis hin zu sehr großen Zählern abdecken.
Die Luftenergiezähler wurden anschließend in der jeweiligen Zuluftleitung der neun Zonen installiert. Um das laufende Geschäft der Mieter der Verkaufsgeschäft nur wenig zu beeinträchtigen, erfolgte der Einbau in mehreren Nachtschichten.
Systematik der Verbrauchserfassung
Mithilfe einer speziellen Durchflusssensorik wird der Volumenstrom in einem Strömungsbereich von 0,7 bis über 10 m/s präzise erfasst. Dies gilt auch bei kurzen Einlaufstrecken von nur dreifachem Durchmesser hinter beliebigen Vorstörungen. Zudem werden in Außenluft und Zuluft jeweils Enthalpiefühler installiert, die für jeden Zeitpunkt ermitteln, welchen Wärmeinhalt die „kostenlose“ Außenluft und die teuer aufbereitete Zuluft aufweisen.
Die thermische Leistung wird dann aus der Multiplikation von Massenstrom und Enthalpiedifferenz gebildet. Der besondere Kniff: Der Luftenergiezähler ist in der Lage, Wärme- und Kältelieferung zu unterscheiden und in getrennten Zählerregistern zu erfassen (Einheit: kWh thermisch). Als dritter Verbrauchszähler dient die Summe des Volumenstroms, der sogenannte Luftzähler (Einheit: Kubikmeter Luftlieferung).
Die Zählerwerte, aber auch die kontinuierlichen Volumenstrom-, Temperatur- und Feuchtewerte werden über einen M-Bus ausgelesen und zu einem M-Bus-Master übertragen. Dieser leitet die Werte automatisiert an die örtliche GLT oder alternativ an die Luftmeister-Cloud weiter, über die der Betreiber der Immobilie die erforderlichen Abrechnungs-Parameter über eine monatliche E-Mail erhält.