Den weltweiten Tierbestand möglichst umfassend zu dokumentieren, war schon immer eine Herausforderung für die Wissenschaft und eine Verpflichtung gegenüber den uns nachfolgenden Generationen. Der deutsche Zoologe Alfred Brehm packte es im neunzehnten Jahrhundert mit einem populären Buch an: Brehms Tierleben. Das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT im Saarland und die Fraunhofer-Einrichtung für Marine Biotechnologie EMB in Lübeck haben nun einen modernen Weg gewählt. Zusammen mit mehreren zoologischen Gärten gründeten sie den Cryo-Brehm, ein Lebendarchiv, das seit Anfang 2005 tiefgefrorene Stammzellen von Wildtieren sammelt. Stammzellen eignen sich für diesen Zweck besonders gut, weil sie nicht nur alle Erbinformationen der jeweiligen Art enthalten, sondern sich auch vermehren und in andere Zelltypen umwandeln lassen.
Das Tieffrieren ist die einzige Möglichkeit, Zellen lebend und dauerhaft aufzubewahren. Ganze Tiere, die größer sind als ein Stecknadelkopf, kann man bisher nicht lebend einfrieren und auftauen. Das ist auch nicht nötig, da sich in jeder Zelle die gesamte Information über die Art als auch das Individuum befindet, sagt der IBMT-Direktor Prof. Dr. Günter R. Fuhr.
Bei minus 145°C, mit flüssigem Stickstoff gekühlt, bleiben die Proben Tausende von Jahren erhalten. Würde man sie unter der Erdoberfläche lagern, wo die kosmische Strahlung stark abgeschwächt ist, wären es sogar Jahrzehntausende.
Vorgesehen ist, ein möglichst umfangreiches Zell-Archiv der wildlebenden Tiere aufzubauen. Das Besondere ist: Kein Tier muss dafür sterben oder auch nur Blut hergeben. Spender für die Datenbank sind Zoo- und Wildtiere, die bei einem Unfall umkommen oder bei der Geburt sterben. Ihnen entnimmt ein Tierarzt nach dem Tod Gewebe. Wenn es um vom Aussterben bedrohte Tierarten geht, schickt das Fraunhofer IBMT sogar eigens ein mobiles Labor mit Mannschaft.
Bei Bedarf tauen Fraunhofer-Wissenschaftler eine Probe auf, vermehren die Zellen und versenden sie weltweit. Allerdings darf ein Teil als sicherer Bestand, die sogenannte Back-up-Reserve, nicht angetastet werden. Weltweit gibt es nur wenige ähnliche Einrichtungen wie den Cryo-Brehm, etwa den Frozen Zoo in San Diego (USA), die Frozen Ark in Großbritannien und die russische Specialised Collection of Domestic and Wild Animals. -