Kalorische Kühlsysteme kommen ohne schädliche Kältemittel wie z.B. Fluorkohlenwasserstoffe aus. Damit sind die festkörperbasierten Wärmepumpen eine aussichtsreiche Alternative zur Kompressor-Technologie, auf der heute nahezu sämtliche Kühlsysteme basieren. Auch im Hinblick auf den theoretisch möglichen Wirkungsgrad sind kalorische Systeme den Kompressoren deutlich überlegen. In einem magnetokalorischen System wird ein magnetokalorisches Material durch Magnetisierung erwärmt. Fraunhofer IPM nutzt für seine Systeme Lanthan-Eisen-Silizium – eine Legierung, bei der der Effekt schon bei Raumtemperatur eintritt. Das magnetokalorische Material wurde von der Vacuumschmelze GmbH & Co. KG entwickelt und lässt sich kostengünstig industriell herstellen. Die entstandene Wärme wird über eine Wärmesenke abgeführt. Wird nun das magnetische Feld entfernt, kühlt das Material unter die Ausgangstemperatur ab und kann thermische Energie aus einer Wärmequelle aufnehmen. Dieser Kühleffekt lässt sich als Zyklus realisieren.
Effizienter Wärmeübertrag mithilfe von Heatpipes
Dass bisherige magnetokalorische Kühlsysteme eine geringe Leistungsdichte aufweisen, liegt vor allem am Wärmeübertrag. »Die Wärmeabfuhr ist ein ganz entscheidender Faktor für die Leistungsfähigkeit magnetokalorischer Kühlsysteme«, sagt Dr. Kilian Bartholomé, der das Projekt leitet. »Unser Entwärmungskonzept beruht auf Heatpipes, die über das Verdampfen und Kondensieren eines Fluids, in unserem Fall Wasser, funktionieren. Wasser nimmt viel Energie auf, wenn es vom flüssigen in den gasförmigen Zustand übergeht. Diesen Effekt nutzen wir, um Wärme sehr effizient zu übertragen.«
Bislang wurde Wärme in magnetokalorischen Kühlsystemen durch das Pumpen von Flüssigkeit durch ein Material-Granulat nach dem Prinzip der Active Magnetic Regeneration (AMR) abgeführt. Dies funktioniert aufgrund der geringeren Wärmeübertragung nur bis zu einer bestimmten Zyklusfrequenz; darüber hinaus kommt es zu erheblichem Druckverlust, was die Effizienz der Systeme beeinträchtigt. Das patentierte Konzept von Fraunhofer IPM setzt auf latenten Wärmeübertrag in einer Heatpipe: Dabei verdampft ein Fluid in der warmen Seite eines hermetisch abgeschlossenen Rohrs und kondensiert an der kalten Seite des Rohrs, der Wärmesenke. So wird Wärme übertragen. Die einzelnen kalorischen Segmente werden in Reihe geschaltet und führen nach dem Prinzip einer thermischen Diode Wärme ab. »Mit diesem Systemansatz erreichen wir höhere Zyklusfrequenzen und konnten die Leistungsdichte im Vergleich zu bisher bekannten Systemen um eine ganze Größenordnung erhöhen«, sagt Bartholomé. »Mit 12,5 W pro eingesetztem Gramm des magnetokalorischen Materials sind wir Weltspitze.«
Für den wachsenden Markt der Kälte- und Klimatechnik sind innovative Technologien dringend gefragt. Das Projektkonsortium nimmt mit der Medizintechnik als erstes einen Markt in den Blick, in dem besonders hohe Standards in puncto Zuverlässigkeit gelten. Ziel des Anfang September gestarteten Folgeprojekts ist der Aufbau eines Demonstrator-Laborkühlschranks in enger Kooperation mit dem Willstätter Kühltechnikhersteller Philipp Kirsch GmbH, der Vacuumschmelze GmbH & Co. KG und der Firma GSI Technology. Die Pandemie hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig zuverlässige Kühltechnik beispielsweise bei der Impflogistik ist.