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Kommentar

Ritter der Kopfnuss

So war dann folgender schöne Satz zu lesen: Gute Beispiele aus der Praxis sind energieeffiziente Anlagen mit natürlichen Kältemitteln, die Kühlregale und Tiefkühltruhen in Supermärkten kühlen oder bei der Bahn den ICE selbst im letzten heißen Sommer entgegen Anlagen mit F-Gasen ohne Ausfälle angenehm klimatisierten.

Dazu kurz etwas zum technischen Hintergrund: Bereits in der KK 8/2010 war auf Seite 12 zu lesen, dass jeder Wagen im ICE eine autonom arbeitende Klimaanlage besitzt. Wie wahrscheinlich ist es nun, dass in allen Wagen die Klimaanlagen gleichzeitig ausfallen? Es ist zwar richtig, dass bei der Auslegung eine Außentemperatur von 32 °C (vom Internationalen Eisenbahnverband) festgelegt war, die funktionelle Grenztemperatur liegt jedoch bei über 40 °C. Jeder weiß, was bei Temperaturen oberhalb der Auslegungstemperatur passiert: Die Anlage läuft durch und schafft die Solltemperatur im Innenraum nicht mehr das führt aber noch nicht zu derartigen Innentemperaturen.

Wenn jedoch die Steuerungselektronik des Zuges die Lüfter abstellt, fährt die Anlage zwangsläufig in eine Saugdruckabschaltung und der Wagen hat weder Lüftung noch Kühlung eine Klimaanlage ohne Strom kann nun einmal nicht funktionieren. Das alles hat aber rein gar nichts mit dem verwendeten Kältemittel zu tun! Was soll also diese Anmerkung des UBA?

Entweder zeugt sie von einer bedenklichen fachlichen Unkenntnis oder von bewusster Polemik, wenn man wider besseres Wissen solche Behauptungen in die Welt setzt. Im ersten Fall muss man sich fragen, wie beim UBA branchenpolitische Entscheidungen insgesamt vorbereitet werden, wenn man seine Weisheiten offensichtlich der Tagespresse entnimmt. Ist die Polemik jedoch Absicht, sollten sich die Damen und Herren im UBA überlegen, ob dies der Sache wirklich dienlich ist auch dies gilt in gleicher Weise für alle anderen Aussagen und Kampagnen des UBA.

Meines Erachtens sollte die Diskussion sachlich auf einer technischen Grundlage geführt werden, denn nur so kommt man zu sinnvollen Lösungen Glaubenskriege nutzen niemandem, am allerwenigsten der Umwelt.

Leider wird man durch eine derartige Polemik oder Unkenntnis, die man nun einmal nicht so stehen lassen kann, immer in die Rolle des Gegners von natürlichen Kältemitteln gedrängt. Ich habe keinesfalls etwas gegen natürliche Kältemittel. Das kann jeder an der KK nachvollziehen, indem er einfach die Artikel der letzten Monate, die sich mit natürlichen Kältemitteln beschäftigen, zusammenzählt. Wichtig ist, was im konkreten Einzelfall die beste Lösung ist. Daher tut sachlich fundierte Information mit konsistenten Zahlen not keine geschätzten oder hochgerechneten Werte, die zudem den Angaben des Statistischen Bundesamtes widersprechen und so etwa um den Faktor 3 höher liegen.

Dazu habe ich in erwähntem Bericht einen wunderbaren Satz gefunden: Es wird von der Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen spezifischen Kältemittelemissionen ausgegangen. Allein davon auszugehen nutzt nichts, meine Damen und Herren. Zu schnell fahren ist auch verboten. Wenn jedoch nicht ab und zu ein paar Radarfallen in der Gegend stehen würden, würde sich kaum ein Fahrer (= Betreiber) daran halten man könnte natürlich auch die Hersteller dazu verpflichten, Systeme einzubauen, die das verhindern, oder?

Ergo: Die gesetzlich vorgeschriebene Lecksuche muss auch bei den Betreibern kontrolliert und durchgesetzt werden, z. B. durch die Gewerbeaufsichtsämter. Die großen Betreiber kennen die Vorschriften sicher und halten sich wahrscheinlich auch daran, aber was ist mit den vielen kleinen? Wenn dort ein Kälteanlagenbauerfachbetrieb entsprechende Aufklärung betreibt, steht er immer in Verdacht, es ginge ihm nur ums Geld. Anstatt Wirtschaftspolitik zugunsten einiger weniger großer Anlagenbauer zu betreiben, sollte man sich also aus umweltpolitischer Sicht erst einmal um die Durchsetzung der vorhandenen Vorschriften kümmern. -

Dr. Matthias Schmitt,

KK-Chefredakteur

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