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Wärmepumpen mit natürlichen Kältemitteln

Energieeffiziente Technik mit Zukunftsperspektive

Die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) rechnet damit, dass bis zum Jahr 2032 weltweit insgesamt rund 150 Prozent mehr Energie benötigt werden als heute.1 Der steigende Bedarf bedeutet auch höhere Ölpreise und somit höhere Kosten für die Nutzer. Gerade das Thema Heizkosten lässt Unternehmen buchstäblich ins Schwitzen geraten. Denn sie benötigen solche Energie gleich an mehreren Fronten: zur Aufbereitung von warmem Wasser, zur Klimatisierung von Büro- und Arbeitsräumen und vielfach auch für Fabrikations­prozesse.

Der Einsatz von Wärmepumpen schafft die Möglichkeit, effizient mit benötigter Heizenergie umzugehen. Besonders energiesparend sind dabei vor allem Anwendungen, die an die Wärmerückgewinnung aus industriellen Prozessen gekoppelt sind. Erzeugte Abwärme kann dann gewinnbringend wieder im Gebäude eingesetzt werden ein Potenzial, das lange Zeit kaum genutzt wurde.

Wärmepumpen, die mit natürlichen Kältemitteln wie etwa Ammoniak (NH3) betrieben werden, sind zudem besonders umweltfreundlich, bemerkt Thomas Spänich, Vorstandsmitglied von eurammon, der europäischen Initiative für natürliche Kältemittel. Im Gegensatz zu synthetischen haben natürliche Kältemittel kein oder nur ein vernachlässigbar geringes globales Erwärmungspotenzial. Bereits heute werden Wärmepumpen mit natürlichen Kältemitteln kosten- und energieeffizient eingesetzt. Sie können gemäß baulicher Vorgaben und jeweiliger Kundenwünsche individuell geplant und umgesetzt werden. Daher ist davon auszugehen, dass der Markt für Wärmepumpen in naher Zukunft weiter stark wachsen wird.

Energieeffiziente Fernwärme für einen ­norwegischen Energieanbieter

Für den Energieanbieter Bio Varma Sarpsborg AS in Norwegen entwickelte GEA Refrigeration Germany eine neuartige 2-MW-Wärmepumpeninstallation zur Aufbereitung von bis zu 82 °C heißem Wasser für das städtische Fernwärmenetz. Um den Energieaufwand möglichst gering zu halten, nutzt die Wärmepumpe zwei verschiedene Abwärmequellen. 1,5 MW Leistung erhält sie aus der Rückkühlung von 45 °C warmem Kühlwasser einer Kälteanlage aus der städtischen Müllverbrennungsanlage, weitere 3 MW werden in Form von 38 °C warmem Wasser aus einer biologischen Kläranlage bereitgestellt.

Eine erste Erwärmung des Wassers erfolgt über das heiße Öl im Ölabscheider. Den Großteil der Arbeit übernimmt jedoch der Kondensator bei einer Kondensationstemperatur von maximal 82 °C. Die letzten Grade werden dann in einem Überhitzer erzielt, der mantelseitig von 105 °C heißem Gas gespeist wird.

Die Besonderheit der Ammoniak-Großwärmepumpe liegt vor allem in den verwendeten Komponenten. So kommen erstmalig in einem solchen Projekt zwei große Ölfilter und eine Ölpumpe mit einem 18,5 kW-Motor zum Einsatz, die für eine Fördermenge von bis zu 900 l/min ausgelegt sind. Zusätzlich stellte GEA einen 1 200 kW-Hochspannungsmotor sowie spezielle Frequenzumrichter für Motor und Ölpumpe bereit. Das Herzstück der Anlage ist ein Hochdruckverdichter der R-Reihe. Die Hochdruckseite der Anlage musste aufgrund der hohen Kondensationstemperaturen allerdings in der Druckstufe 52 bar ausgeführt werden. Das bedeutete, dass neue Komponenten, Rohr- und Formteile beschafft und teilweise sogar selbst kon­struiert werden mussten. Seit September 2010 ist die Anlage nun in Betrieb und läuft seither einwandfrei.

Kombiniert kühlen und heizen in einer schweizerischen Fleischtrocknerei

Die Fleischtrocknerei Churwalden AG produziert Fleischwaren in Bioqualität. Eine umweltfreundliche Produktion ist Bestandteil der Unternehmensphilosophie und schließt auch die Ökoeffizienz von Anlagen und Liegenschaften mit ein. Die Kälteprofis von SSP Kälteplaner entwickelten für das neue Fleischzentrum in Landquart ein nachhaltiges Heiz- und Kühlsystem mit Wärmepumpen und Kältemaschinen, die mit den natürlichen Kältemitteln Ammoniak und Kohlendioxid betrieben werden. Kernpunkt der Wärme- und Kälteerzeugung bildet die energetische Nutzung des Grundwasserstromes der Alpenrhein-Ebene. Über Fassungen und Grundwasserpumpen wird Wasser aus dem Grundwasserstrom entnommen und thermisch verändert wieder in diesen zurückgeführt. Die so gewonnene Energie je nach Anforderung Kälte- oder Wärmeenergie wird über Kältemaschinen und Wärmepumpen auf die gewünschten Temperaturen geschoben und für verschiedenste Zwecke genutzt.

Produktion und Verwaltung erfordern verschiedene Temperaturniveaus

Wärmeenergie von insgesamt rund 950 kW wird in zwei verschiedenen Temperaturstufen benötigt: mit mittleren Temperaturen um die + 60 °C unter anderem als Prozessenergie für Klimaräume, Brauchwarmwasser oder Gebindewaschmaschinen, sowie mit tieferen Temperaturen bis + 40 °C als Wärmeenergie zu Heizzwecken, zur Entfeuchtung, zur Brauchwarmwasser-Vorwärmung sowie für die Abtauung der Kühlräume.

Kälteenergie von insgesamt etwa 1200 kW wird für das Erzeugen von Temperaturen um den Gefrierpunkt benötigt, etwa für Arbeitsräume, darüber hinaus aber auch im Niveau von 8 °C für Kühlräume und Reifeanlagen sowie im Niveau von 25 °C in den Tiefkühlräumen.

Zur Wärmeaufbereitung kommt entsprechend der verschiedenen Temperaturniveaus eine zweistufige Ammoniak-Wärmepumpe unter der Nutzung von Grundwasser bei + 12 °C und + 8 °C zum Einsatz. Jede Stufe beinhaltet zwei Kolbenverdichter von York/Sabroe, die über Frequenzumformer stufenlos geregelt werden. Als Verdampfer und Verflüssiger werden kassettengeschweißte Plattenwärmeübertrager von Alfa Laval eingesetzt. Die Ammoniakfüllmenge der Wärmepumpe beträgt ca. 300 kg.

Im mittleren Temperaturniveau von + 60 °C befindet sich die Auslegetemperatur der Produktionsanlagen. Direkt in das System eingespeist wird die anfallende Motorenab- und Kompressionswärme aus der Druckluft- und Vakuumerzeugung. Die notwendige Restenergie wird über die Ammoniakwärmepumpe erzeugt. Auch im tieferen Temperaturniveau um + 40 °C kommt die Ammoniakwärmepumpe unterstützend zum Einsatz und erzeugt die notwendige Restenergie. Als Wärmequelle dient jeweils das Grundwarmwasserbecken.

Anfallende Abwärme wird konsequent genutzt. Nach Möglichkeit wird sie direkt ins Wärmeverteilsystem eingespeist und sofort wieder verteilt. Diese Möglichkeit wird vor allem im Bereich der Motorenkühlung eingesetzt, etwa bei der Drucklufterzeugung oder in der Zentralvakuumanlage. Abwärme auf tieferem Niveau wird ins Grundwasserbecken warm abgegeben. Dies betrifft vor allem die Kondensationsabwärme der Kälteerzeugung und die Werkzeugkühlung der Verpackungsmaschinen im Rahmen des Kühlwasserkreislaufs.

Klimakälte wird ohne Primärenergie erzeugt

Die Kälteerzeugung der Schweizer erfolgt mit zwei Ammoniak-Kältemaschinen, ihre Rückkühlung mit Grundwasser. Nach der Kühlung wird das Wasser in das Grundwasserbecken warm eingeleitet. Über die Wärmepumpe kann die Abwärme aus dem Becken bei Bedarf wieder auf ein höheres Temperaturniveau angehoben werden. Für die Kälteenergie im Temperaturniveau um 0 °C und 8 °C werden je eine Kältemaschine mit NH3 als Kältemittel und zwei Industrie-Kolbenverdichtern eingesetzt, jeweils ein Verdichter ist mit Frequenzumformer ausgerüstet.

Der Energietransport zu den Kühlstellen erfolgt mit einem Wasser/Glykolgemisch als Kälteträger. Die Rückkühlenergie wird aus dem Grundwasserbecken kalt entnommen. Durch den Austausch des Wassers von der Wärmepumpe zur Kältemaschine und umgekehrt werden maximale Arbeitszahlen erreicht und die Antriebsmotoren und Kältemittelkreisläufe können klein gehalten werden. Zur Betriebsoptimierung wurden für beide Kälteträgernetze Pufferspeicher mit einem Volumen von je 30000 l installiert.

Die Tiefkühlräume werden mit dem natürlichen Kältemittel Kohlendioxid gekühlt. Das Kältemittel wird direkt mit elektronischen Expansionsventilen in den Raumkühlern verdampft, gelangt dann in den Kolbenverdichter und wird anschließend in einem Kaskadenkondensator subkritisch verflüssigt. Die Abwärme der Anlagen wird an das Glykolnetz auf dem Temperaturniveau von 8 °C abgegeben, wo die Wärme indirekt wieder genutzt werden kann.

Im Sommer wird benötigte Kälteenergie aus dem Grundkaltwasserbecken bezogen und zur Raumkühlung in Lüftungsanlagen, in Kühldecken oder in Serverräumen direkt verwendet. Für den Bereich der Klimakälte wird außer der Pumpen-Förderenergie keine Primärenergie eingesetzt.

Wärmepumpe versorgt Schokoladenfabrik mit kostenlosem heißem Wasser

Im Jahr 2010 beauftragte die Firma Nestlé die Kältefachprofis von Star Refrigeration, für eine Schokoladenfabrik in der britischen Niederlassung eine Wärmepumpen­lösung zu entwickeln, die die Energiekosten für Kälte- und Wärmeanwendungen signifikant reduzieren sollte. Eine ­weitere Forderung bestand darin, die ­bislang ­existierenden R 22-Kälteeinheiten und die zentrale kohlebetriebene Dampferzeugungsanlage zu ersetzen. Diese versorgte alle Endgeräte und Anlagen, die im Rahmen ihrer Arbeitsprozesse heißen Dampf nutzen. Das neue Konzept sah vor, Abwärme aus dem Kältekreislauf zu entnehmen und sie bis zu einer gewünschten Prozesstemperatur zu erwärmen. Die Wärmepumpe Neatpump von Star Refrigeration sollte dazu dienen, das Wasser bis zu einer Temperatur von + 60 °C bereitzustellen und als Vorwärme auch Prozessen mit höherem Temperaturbedarf zukommen zu lassen.

Aufgrund der Forderung des Lebensmittelherstellers, den CO2-Ausstoß möglichst gering zu halten, musste vor allem eine umweltfreundliche Wärmepumpentechnik zum Einsatz kommen. Doch abgesehen davon, dass Wärmepumpen überwiegend noch mit HFKWs betrieben wurden, waren die, die mit natürlichen Kältemitteln arbeiteten, mit Kolbenkompressoren oder Schraubenverdichtern ausgestattet, die hohe Instandhaltungskosten verursachten oder stets an ihrem Limit arbeiteten.

In Zusammenarbeit mit Vilter Manu­facturing Inc. (USA) und Cool Partners (DK) entwickelte Star Refrigeration eine Hochdruck-Wärmepumpenlösung, die sowohl mit dem umweltfreundlichen und besonders energieeffizienten Kältemittel Ammoniak als auch mit Schraubenver­dichtern bis zu einer Temperatur von + 90 °C arbeitet. Die Anlage ermöglicht es auf elegante Weise, dem Kälteträger Glykol aus dem Kälteprozess bei 5 °C die Abwärme zu entnehmen und auf + 60 °C anzuheben. Für eine Reihe kleinerer Heizprozesse vor Ort auf über + 60 °C Wasser­temperatur sorgt zudem ein neuer gas­befeuerter Heizkessel.

Deutliche Kosteneinsparung mit Abwärme aus Kälteanwendungen

Die zuvor ermittelten Wärme- und Kälte-Belastungsprofile der bestehenden Anlagen zeigten, dass die Wärmepumpenverdichter etwa 1,25 MW an hochgradigen Temperaturen erzeugen mussten, um die Gesamtnachfrage nach heißem Wasser bedienen zu können. Aus diesem Grund wurde eine Ausstattung mit 914 kW Kälteleistung und 346 kW aufgenommener Leistung aus der Abwärme gewählt. Der COP im Rahmen der kombinierten Kälte-Wärme-Anwendung (COPhc) liegt bei moderaten 6,25. Die zusätzliche Energie, die nötig ist, um die Verflüssigungstempe­ratur des mit luftgekühlten Verflüssigern auf Sommerbetrieb ausgelegten Systems auf eine Temperatur anzuheben, die + 60 °C heißes Wasser produziert, beträgt lediglich 108 kW. Das hebt den COPhc2 schrittweise auf 11,57 an.

Die Nutzung der Abwärme aus den ­Kälteanwendungen zahlt sich für Nestlé aus: Seit Inbetriebnahme im Mai 2010 nutzt und wärmt die Anlage rund 54000 Liter städtisches Wasser pro Tag und spart somit rund 30000 £ an Gaskosten im Jahr. Seit Ende 2010 nutzt der Standort weitere 250 kW an Abwärme auch für seine geschlossenen Kühlkreisläufe. Die durch das System bereitzustellende Wärme hat sich bis Mitte des letzten Jahres gar verdoppelt. So kann das Unternehmen geschätzt etwa 143000 £ (178000 Euro) an Heizkosten sparen und seinen CO2-Ausstoß um etwa 119 t reduzieren. Die Kosten für den elek­trischen Betrieb der Anlage verringern sich darüber hinaus trotz kombinierter Kälte- und Wärmeerzeugung um rund 120000 £ (149000 Euro) pro Jahr.

Wärmepumpen mit natürlichen Kältemitteln auf dem Vormarsch

Das Thema Wärmebereitung und Energieverbrauch beschäftigt weltweit aber nicht nur die Industrie, auch Haus- und Wohnungseigentümer sind auf der Suche nach geeigneten Techniken, um die Betriebskosten möglichst gering zu halten und Energie einzusparen. Besonders Warmwasserwärmepumpen mit CO2 als Kältemittel sind von speziellem Interesse, weiß Thomas ­Spänich. Die Charakteristik des überkritischen Kältemittelprozesses kann hier voll ausgeschöpft werden. Aufgrund der optimalen Anpassung an den Aufwärmprozess werden große Leistungszahlen und mit bis zu + 90 °C hohe Wasseraustrittstemperaturen erreicht, erklärt der eurammon-Vorstand weiter. In Deutschland wird diese Lösung bislang nur vereinzelt eingesetzt. In Japan subventionierte die Regierung dagegen den Erwerb von CO2-Wärmepumpen mit dem Ergebnis, dass bereits Ende 2009 landesweit rund 2 Mio. Einheiten verkauft wurden. Bis zum Jahr 2020 sollen es 10 Mio. sein. -

https://www.eurammon.com/

1 https://www.opec.org/opec_web/static_files_project/media/downloads/publications/WOO_2011.pdf

2 COPhc: Energie zur Erzeugung von + 60 °C heißem ­Wasser abzüglich der benötigten Energie, um der Kühllast die Wärme bei gegebenen Auslegungsbedingungen zu entziehen.

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