Ein zentrales Versandzentrum mit 51 Andockrampen statt neun Außenlager und Versandstellen – allein diese Zusammenführung spart jedes Jahr über 500 000 gefahrene LKW-Kilometer ein. Nach dem Wachstum der letzten Jahre hat ebm-papst im baden-württembergischen Mulfingen-Hollenbach in direkter Nachbarschaft zum Produktionswerk über 40 Millionen Euro in ein zentrales Cross-Docking-Logistik-Konzept mit einer Energie- und Wärmezentrale investiert. Auf einer Fläche von 38 000 m² befinden sich ein 35 Meter hohes Hochregallager mit 19 000 Paletten-Stellplätzen, ein manuell bedienbares Regallager für Paletten mit Sondermaßen, ein separater Luftfrachtbereich, ein Verpackungslager, der Messebau und die Büroräume für Logistik und IT. Täglich verlassen rund 120 LKW sowie 10 bis 15 Seecontainer mit insgesamt über 300 Tonnen Ladung auf etwa 2 200 Paletten das Lager in Richtung Kunden.
Cross-Docking-Konzept
Nahezu sämtliche auftragsbezogenen Produkte aus 13 Produktionsstätten von ebm-papst werden dem Verteilzentrum in Hollenbach zugeführt, für den Versand konsolidiert und bereitgestellt. Beim hier umgesetzten Cross-Docking-Konzept schleust Paletten-Fördertechnik die angelieferten Packstücke direkt zu den automatisierten Verpackungslinien durch, um die Produkte anschließend nach Zielorten sortiert verladen zu können. Auf diese Weise wird vermieden, dass versandfertige Ware unnötig zwischengelagert wird. Ergänzende Bereitstellungs- und Blocklagerflächen fangen Spitzenlasten auf. Knapp 200 Logistik-Mitarbeiter sorgen seit dem 2. Januar 2017 im Versandzentrum dafür, dass die bestellte Ware pünktlich bei den Kunden ankommt.
Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungsprozess
Doch nicht nur die Logistik ist in Hollenbach auf dem neuesten Stand der Technik, sondern in besonderem Maße auch die Energie- und Wärme- bzw. Kälteversorgung, die vom Ingenieurbüro Pfähler+Rühl aus Heilbronn geplant wurde. Zwei Blockheizkraftwerke und Solaranlagen mit hohem Eigenstromanteil sowie zwei Absorptionskältemaschinen (150 kW + 250 kW) sind die zentralen Komponenten der Energiezentrale (ein drittes Blockheizkraftwerk ist als Erweiterung möglich). Die erdgasbefeuerten BHKW erzeugen im Dauerbetrieb die Grundlast an Strom und Wärme (2 × 240 kW Pel und 2 × 374 kW Qth). Vier 10 000-Liter-Tanks dienen als (Warm)wasser-Pufferspeicher (ca. 90 °C). Ein Gaskessel kann im Spitzenlastbetrieb zusätzlich 1 900 kW QH bereitstellen, er ist aber nicht an die Warmwasser-Pufferspeicher angeschlossen.
Absorptionskälte für die Kältegrundlast
Die ausgekoppelte Wärme dient der kompletten Standortversorgung für Heiz- und RLT-Zwecke in der Energiezentrale, im Verpackungslager und im Versandzentrum sowie für das Bestands-Produktionsgebäude. Außerdem wird die Wärme in der Produktion ganzjährig für Reinigungsanlagen sowie für die 150-kW-Absorptionskältemaschine zur Kühlung des Rechenzentrums eingesetzt. Im Sommer dagegen, wenn der Kältebedarf steigt und die Wärmenetze durch die schwache Wärmeabnahme nur gering ausgelastet sind, wird die BHKW-Wärme vorrangig ausgekoppelt, um die Absorptionskältemaschinen zu versorgen. Die Absorptionskältemaschine für das Versandzentrum stellt wiederum die Kältegrundlast bereit (Q0 = 250 kW nutzbare Verdampfungswärme, Qth = 333 kW Austreiberwärme). Mit der Auskopplung der Wärme zur Gewinnung von Kälte (Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungsprozess) wird die Wirtschaftlichkeit der BHKW deutlich erhöht. Für Kälte-Spitzenlasten steht ein klassischer Kältekompressor mit einer
Q0 = 500 kW bereit, der mit dem Kältemittel R134a arbeitet.
Die abzuführende Wärme einer Absorptionskälteanlage übersteigt die Kälteleistung etwa um das 2,7- bis 2,25-fache, der Kühlwasserstrom ist fast doppelt so groß wie bei einem luftgekühlten Kältekompressor. Daher muss eine Rückkühlanlage im Verhältnis zur Kühlleistung wesentlich größer ausfallen als bei einem Kältekompressor. In Hollenbach kommt ein Hybrider Trockenkühler HTK von Jaeggi mit einer Qth = 580 kW Kälte zum Einsatz. Um auch bei Frost bis – 16 °C einen sicheren Betrieb zu gewährleisten, kommt im Kühlkreislauf eine 30-prozentige Ethylenglykol-Lösung zum Einsatz. Im Hybriden Trockenkühler sind EC-Axialventilatoren mit AxiTop Diffusor von ebm-papst verbaut, die mit 54 dB (A) besonders leise arbeiten und über das Güntner Motor Management gesteuert werden.
Einsparung von 380 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr
Der Kaltwassersatz für den Spitzenlastbetrieb wird dagegen konventionell mit einem luftgekühlten Güntner Verflüssiger V-SHAPE Vario gekühlt. Hier kommt bereits die neue und hocheffiziente Axialventilatorgeneration AxiBlade zum Einsatz. Der Verflüssiger wird ebenfalls mit dem Güntner Motor Management gesteuert und ist über Profibus mit der Gebäudeleittechnik verbunden. Das Kaltwasser (+ 6 °C) wird in einen 5 000-Liter-Pufferspeicher gepumpt. Von dort aus kann, je nach aktuellem Lastfall der einzelnen Verbraucherkreise, ein variabler Volumenstrom aus dem Kaltwasserspeicher bzw. dem Kältekreis der Absorptionskältemaschine entnommen werden.
Gegenüber einer konventionellen Lösung, bei der der Heiz- und Kältekreis konsequent getrennt wären in Gasbrennwertkessel und monovalenten Kältekompressor (einzige Kältequelle), werden bei der gewerkeübergreifenden Lösung in Hollenbach jährlich rund 380 Tonnen CO2-Äquivalente eingespart und insgesamt rund 2 580 MWh an elektrischer Energie. Diese setzten sich zusammen aus 2 160 MWh im BHKW produziertem Strom, 280 MWh durch die Bereitstellung von Kälte mittels Absorptionskältemaschine (kein Betrieb eines elektrisch betriebenen Kältekompressors) sowie 142 MWh, die durch die Umstellung der Reinigungsanlagen (zur Reinigung von Kühlschmierstoffanhaftungen nach der Drehbearbeitung) von elektrischer Heizung auf technische Wärme eingespart werden. Bei ebm-papst ist man zuversichtlich, dass sich die getätigte Investition in weniger als fünf Jahren amortisiert haben wird.