Die Kältebranche unterliegt einem spürbaren Wandel: Höhere Anforderungen an die Effizienz von Kühlmaschinen, modernere, teillastfähige Komponenten sowie innovative Regelungstechnik sorgen für ein Umdenken bei verantwortlichen Herstellern und Betreibern. In diesem Zusammenhang spielt auch die aktuelle Kältemittelsituation eine wichtige Rolle. Denn die F-Gase-Verordnung (EU-Verordnung 517/2014) hinterlässt deutliche Spuren im Kältemittelmarkt. Das eingeführte Quotensystem bewirkt, dass sich die Beschaffung bestimmter Kältemittel wie R410A immer schwieriger gestaltet. Durch die Kältemittelknappheit steigen nicht nur die Preise für vorhandene Kontingente, auch die nötigen Nachfüllmengen für Wartung und Reparaturen werden knapp.
Vor dem Hintergrund der Umsetzung der EU-Klimaziele zielt die F-Gase-Verordnung vor allem darauf ab, die Emissionen von fluorierten Treibhausgasen (F-Gase) bis 2030 schrittweise auf ein Fünftel (ausgehend von der Menge der F-Gase von 2015) zu reduzieren (Phase Down). Als Maßeinheit zur einheitlichen Klassifikation von Kältemitteln dient das Treibhauspotenzial (GWP) bzw. CO2-Äquivalent. Je höher das GWP ist, desto klimaschädlicher ist das Kältemittel. Außerdem schränken rechtliche Vorgaben die Verwendung von Hoch-GWP-Kältemitteln immer mehr ein: Ab 2020 gilt ein europaweites Verbot für stationäre Neuanlagen, die Kältemittel mit einem GWP größer als 2500 enthalten – zudem tritt 2021 die nächste Stufe der F-Gase-Verordnung in Kraft.
Anlagenbetreiber möchten auch hinsichtlich der Kältemittelverwendung auf der sicheren Seite bleiben und eine langjährige Funktionstüchtigkeit ihrer Anlagen gewährleisten. Eine Alternative ist dabei das Kältemittel R32, das bereits seit vielen Jahren in Mischkältemitteln wie R407 und dem weit verbreiteten R410A zum Einsatz kommt. Vor allem die Erfahrungswerte mit letzterem Kältemittel führten dazu, dass R32 seit 2012 in Split-Klimaanlagen auch standardmäßig in Reinform verwendet wird.
Was spricht für den Einsatz von R32?
Was in der Vergangenheit lediglich eine Alternative für den Komfortklimabereich darstellte, sieht nun auch vielversprechend für die Industriekühlung aus. Das Thema Brennbarkeit ruft dennoch Ängste hervor. Anlagenbetreiber fragen sich, wie gefährlich die Verwendung von Neuanlagen mit R32 tatsächlich ist, und inwiefern das Kältemittel zukunftsfähig für die Prozesskühlung ist. Um etwaige Vorbehalte gegen Neuanlagen mit R32 aus dem Weg zu räumen, sind umfassende Informationen notwendig. Grundsätzlich werden Kältemittel nach den Kriterien Effizienz, Kosten, Umweltverträglichkeit, Sicherheit, Verfügbarkeit sowie Handhabung beurteilt.
R32 gehört zur Gruppe der teilfluorierten Kältemittel (HFKW-Kältemittel) und besitzt einige Eigenschaften, die entscheidend für den Anlagenbetrieb sind. So liegt das GWP bei 675 und damit deutlich unter dem Wert 2088 des gängigen Kältemittels R410A. Verglichen mit anderen Kältemitteln ist bei R32 aufgrund des niedrigen GWP-Werts daher in den kommenden Jahren die Verfügbarkeit gewährleistet. Ein weiterer bedeutender Aspekt für die Praxis sind die thermodynamischen Eigenschaften, bei denen R32 ebenfalls punkten kann. Dank der besonders hohen Verdampfungsenthalpie – also der Energie, die das Kältemittel transportieren kann – ist die volumetrische Kälteleistung sehr hoch. R32 bietet die gleiche Kälteleistung wie R410A, benötigt dafür aber 20 bis 30 Prozent weniger Füllmenge.
Darüber hinaus ist das Verhalten von R32 auch bei der Verdichtung energetisch günstig. Zusammen mit dem geringen Massenstrom bietet das Kältemittel damit gute Voraussetzungen für energieeffiziente Kühlmaschinen. Dennoch gibt es durchaus sicherheitsrelevante Faktoren, die Betreiber dringend beachten sollten.
Welche Sicherheitsbestimmungen sind zu beachten?
Das Kältemittel R32 wird der Sicherheitsgruppe A2L (schwer entflammbar, nicht giftig) zugeordnet. Viele hegen daher Bedenken, ob sie R32 benutzen sollten. Bei fachgerechter Handhabung besteht im Allgemeinen jedoch kein Grund zur Sorge: Erst wenn in der Umgebung eine bestimmte Menge an Sauerstoff, eine Sättigung von R32 von mindestens 13,5 Volumenprozent und ein Zündfunke vorhanden sind, kann überhaupt ein Feuer entstehen. Dass die drei genannten Bedingungen gleichzeitig auftreten, ist allerdings sehr unwahrscheinlich. Darüber hinaus breitet sich entflammtes R32 mit einer Geschwindigkeit von 1,9 km/h aus – damit ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit nur etwa halb so hoch wie normales Schritttempo.
Beim R32-Einsatz müssen aber in jedem Fall auch bestimmte Sicherheitsmaßnahmen realisiert werden, die in der Norm DIN EN 378 definiert sind. Zum Beispiel dürfen bei der Installation der Kühlanlage keine Fremdstoffe wie Luft in den Kältemittelkreislauf gelangen. Ansonsten wird der Druck zu hoch, sodass die Anlage schlimmstenfalls bersten kann. Außerdem gelten für R32 spezifische Füllmengenbeschränkungen. Das bedeutet, dass zusätzliche Vorkehrungen erforderlich werden, wenn die maximal zulässige Füllmenge des Kältemittels für den jeweiligen Raum überschritten wird. Für die Anlagensicherheit ist zudem die regelmäßige Wartung wichtig. Hierzu schreibt die F-Gase-Verordnung unter anderem eine regelmäßige Dichtheitskontrolle vor, um die unbeabsichtigte Freisetzung der F-Gase (Leckage) zu verhindern. Wie häufig Bestandsanlagen hinsichtlich ihrer Dichtheit geprüft werden müssen, hängt dabei von den Tonnen CO2-Äquivalent ab.
Nationale Rechtsvorschriften wie die Arbeitsstättenverordnung, die Gefahrenstoffverordnung und die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) liefern entsprechende Hinweise zu Vorkehrungen sowie dem fachgerechten Umgang mit Arbeitsmitteln. Die Räumlichkeiten müssen stets ausreichend belüftet werden, damit die R32-Konzentration im Fall einer Leckage nicht zu hoch wird. Mit einer molaren Masse von 52,02 g/mol ist R32 schwerer als Luft und sammelt sich am Boden an. In kleinen Räumen kann daher unter Umständen ein zündungsfähiges Gemisch aus R32 und Luft entstehen, was unbedingt vermieden werden muss. Weiterhin ist eine Gefährdungsbeurteilung vorgeschrieben: Sie ist insbesondere für Prozesse mit offenen Zündquellen – etwa elektrische Erodierverfahren oder Laserschneiden – unabdingbar. Bei einem ordnungsgemäßen und verantwortungsvollen Umgang profitieren Betreiber jedoch deutlich vom R32-Einsatz.
R32 als Bestandteil von Zukunftsstrategien
Die Kältebranche will sich möglichst unabhängig zur F-Gase-Verordnung machen. Mittelfristig sind Alternativen zu R410A erforderlich, weshalb die genannten Eigenschaften R32 auch interessant für die Industriekühlung machen. Um ihren Kunden nachhaltige Zukunftsstrategien bieten zu können, stehen für Hersteller Innovation bei der Produktentwicklung sowie zahlreiche Tests unterschiedlicher Kältemittel im Vordergrund. So hat beispielsweise auch HYFRA schon mögliche Lösungen erarbeitet. Aufgrund der geringen Dampfdichte (niedriger Druckabfall in Rohrleitungen) bietet R32 für die Anlagenplanung und -konstruktion entscheidende Vorteile. Darüber hinaus erfüllt R32 mit dem GWP-Wert von 675 schon jetzt die Anforderungen der F-Gase-Verordnung für 2025. Bei der Entwicklung setzt HYFRA daher auch auf R32 und plant für dieses Jahr die Markteinführung eines neuen Kühlers mit R32-Füllung. Mit seiner R32-Strategie und der Microchannel-Technologie zur Reduzierung des Kältemitteleinsatzes sorgt HYFRA somit für die Zukunftsfähigkeit seines Angebots.
Fazit
R32 ist auf dem Vormarsch und wird dank diverser Vorteile voraussichtlich auch in der Industriekühlung zu einem gängigen Kältemittel werden. Da es sich bei R32 um ein Reinmolekül-Kältemittel handelt, lässt es sich darüber hinaus weitaus einfacher recyceln als Kältemittelgemische. Vorteile des Recycelns sind Kosteneinsparungen im Vergleich zu Neukäufen, der Erhalt der Kältemitteleigenschaften über viele Jahre hinweg und das Herausfallen aus der Quote. Wenn Hersteller und Anlagenbetreiber also die Sicherheitsvorschriften beachten und sich mit den speziellen Anforderungen auseinandersetzen, die sich für Produktion und Service ergeben, steht dem Einsatz von R32 in der Zukunft nichts im Wege. ■