KK: In der modernen Gebäudeauslegung wird neben einer möglichst energieeffizienten Beheizung seit einiger Zeit auch die Planung eines aktiven Kühlsystems immer bedeutender. Worin liegen die Gründe für diese spürbare Steigerung der Tragweite des Themas Kühlung?
Michael Himmelsbach: Neben den insgesamt gestiegenen Anforderungen an den Raum-klimakomfort liegt dies vor allem in der modernen Bauweise und den heutigen Nutzungsprofilen der Gebäude begründet. Ein großer Anteil von Glasfassaden hat – trotz Verschattungen und Spezialgläsern – eine starke Erwärmung durch Sonneneinstrahlung zur Folge. Dazu kommen enorme innere Wärmelasten durch viele Elektrogeräte in den Büros und hohe Dämmstandards. Das führt dazu, dass eine aktive Kühlung unumgänglich ist – oft nicht nur im Sommer, sondern bereits bei relativ kalten Außentemperaturen. Ohne ein schlüssiges Kühlkonzept sind heute in vielen Geschäftsimmobilien die Empfehlungen der Arbeitsstättenrichtlinie bezüglich der Maximaltemperaturen am Arbeitsplatz gar nicht mehr einzuhalten.
KK: Häufig wird ja mittlerweile bei der Kühllastberechnung schon in der Planungsphase festgestellt, dass eine aktive Kühlung notwendig ist. Welche Systemvarianten bietet der Markt hierfür an? Worin bestehen die Vor- und Nachteile dieser jeweiligen Kühlsysteme?
Michael Himmelsbach: Prinzipiell kann man zwischen konvektiven Systemen und Strahlungssystemen unterscheiden. Konvektive Systeme führen dem Raum kalte Luft zu und transportieren gleichzeitig warme Luft ab. Ein Strahlungssystem basiert auf dem Prinzip, dass die überschüssige Wärme der Personen und des Raumes selbst als Infrarotstrahlung und somit ohne Luftbewegung an die kühlere Decke abgegeben wird. Diese Art der Wärmeübertragung ist für den Menschen sehr behaglich, da diese eben zu keiner wesentlichen Luftbewegung im Raum führt und damit keine unangenehmen Zugerscheinungen entstehen, wie wir diese von den konvektiven Systemen kennen. Auch in Sachen Energiebereitstellung bietet ein Strahlungssystem klare Vorteile. Die Vorlauftemperaturen einer Kühldecke liegen bei ca. 16 °C, die des Kühlregisters eines konvektiven Systems bei ca. 6 °C. Diese Temperaturdifferenz spart ganz wesentlich Energiekosten. Eine Kühldecke kombiniert also gleich zwei Vorzüge: optimale Behaglichkeit bei minimalen Betriebskosten.
KK: Wie genau funktionieren Heiz- und Kühldecken-Systeme? Worin liegt die hohe Energieeffizienz und Behaglichkeit dieser Systeme begründet? Und wie funktioniert die Frischluftversorgung der Räume?
Michael Himmelsbach: Heiz- und Kühldecken werden von Wasser als Heiz- oder eben Kühlmedium durchströmt und basieren auf dem Strahlungsprinzip. Das heißt im Heizbetrieb trifft die Infrarotstrahlung der Deckenstrahlplatten auf den Körper und wandelt sich erst dort in Wärme um, im Kühlbetrieb absorbiert umgekehrt die Decke die Wärmeabstrahlung der Personen und Geräte im Raum. Diese Form der Temperierung wird als besonders natürlich und behaglich empfunden. Zudem handelt es sich um ein sehr energieeffizientes System, da in der Praxis eine Deckenstrahlplatte die Raumluft weniger aufwärmen oder abkühlen muss, um dieselbe gefühlte Temperatur zu schaffen wie ein luftbasiertes System. Bis zu 40 Prozent Energieeinsparung sind gegenüber anderen Systemen im Heizfall im Hallenbereich möglich. Im Kühlbetrieb kann man sogar oft ohne den Energieaufwand für eine Kältemaschine auskommen. Denn Grundwasser, das eine Temperatur von ca. 12 °C bei der Entnahme nicht überschreitet, reicht als Kühlmedium für das System aus. Die Kältebereitstellung, die sich bei anderen Systemen meist recht aufwendig gestaltet, kann bei einer Heiz- und Kühldecke also energie- und kostensparend realisiert werden. Überdies können Deckenelemente durch ihre sehr geringe Masse extrem schnell auf Temperaturveränderungen reagieren und lassen sich äußerst genau regeln. Zur Frischluftversorgung der Räume sei angemerkt, dass die Temperierung sinnvoll ausschließlich über die Heiz- und Kühldecke funktioniert, während die Lüftungsanlage nur einen geringen Mindestluftwechsel fährt. Dadurch müssen keine großen Luftmengen bewegt werden – mit den bekannten nachteiligen Auswirkungen wie lästige Zugerscheinungen und zusätzlicher Energieaufwand. Beide Systeme können bei dieser Konfiguration ihre Vorteile also voll ausspielen. Grundsätzlich harmonieren beide Systeme übrigens sehr gut miteinander. So integrieren sich beispielsweise die Auslasselemente der Lüftung perfekt in die Deckenelemente. Und die Anbindung der Lüftung wirkt sich je nach Auslass zusätzlich sogar noch leistungsfördernd auf das Heiz- und Kühldecken-System aus.
KK: Mit Carboline-Deckensystemen bietet Zehnder eine Produktlinie an Heiz- und Kühldecken, die noch effizienter arbeiten soll als andere Systeme dieser Art. Woran liegt das?
Michael Himmelsbach: Die Elemente bestehen aus dem Werkstoff Naturgrafit, in welchen Kupferrohre verpresst werden. Die Wärmeleitfähigkeit dieses Materials ermöglicht noch kürzere Ansprechzeiten der Deckenelemente und eine nochmals größere Regelgenauigkeit und gleichmäßigere Temperaturverteilung im Raum. Denn durch die besonders hohe und homogene Oberflächentemperatur dieser Heiz-/Kühldecken fällt der Strahlungsanteil deutlich höher aus als bei vergleichbaren Deckenstrahlsystemen. Das spart zusätzlich Energie.
KK: Wie steht es um die Integration von Heiz- und Kühldecken-Systemen in den Baukörper? Welche Möglichkeiten bezüglich Montage, individueller Auslegung und optischer Anpassung an den gewünschten Raumeindruck stehen zur Verfügung?
Michael Himmelsbach: Unsere Heiz- und Kühldecken-Systeme lassen sich an praktisch jeden Baubestand individuell anpassen: Abmessungen, farbliche Ausführung und Oberfläche wie auch die Aufhängung können individuell für jedes Projekt gestaltet werden. Das sorgt für eine optimale Integration in das Bauwerk bei geringem Montageaufwand. Dabei sind neben frei abgehängten Deckensegeln auch gesamte Deckensysteme in Form von Einlege-, Klemm- oder Einhängesystem sowie Bandrasterdecken möglich – natürlich können dabei Leuchten und andere Deckeneinbauten einfach integriert werden. Im Übrigen wird über diese Decken auch eine hervorragende Schallabsorption erreicht. Ein Novum dabei besteht darin, dass wir unsere Heiz- und Kühldecken auch als Komplettsysteme anbieten. Das bedeutet, wir bieten unseren Partnern eine individuelle Beratung und Betreuung, die weit über die Planung und die Produktion von individuellen Sonderlösungen hinausgeht. Zum Kundenservice gehört neben der Ausführung der kompletten Installation auch die Durchführung der Abnahmemessung. Dabei liegt die komplette Umsetzung des Projekts in der Hand eines Zehnder-Experten, der dem Kunden stets als persönlicher Ansprechpartner zur Seite steht. Unsere Fachleute verfügen dabei über jahrelange, weltweite Erfahrung, wodurch ein möglichst effizienter Einbau und Betrieb gewährleistet sind. Somit hat der Kunde jetzt die Möglichkeit, ein komplettes, optimal ausgelegtes Heiz- und Kühldecken-System nach persönlichen Wünschen in Auftrag zu geben, die ihm schlussendlich fertig abgenommen übergeben wird.
KK: Vielen Dank für das Gespräch!