Für die Kältetechnik auf europäischer Ebene ist allen voran die F-Gase-Verordnung 517/2014 maßgeblich. Seit 2015 gilt diese Verordnung zur Regelung der Emission von fluorierten Treibhausgasen und beschreibt Anwendungsverbote für Stoffe, teilweise abhängig vom jeweiligen GWP-Wert. Auf Basis eines Phase-Down-Szenarios wurde dabei eine gestufte Begrenzung der Gesamtemissionsmenge in Kohlendioxid-Äquivalenten bis 2030 festgelegt. Eine Revision wird noch in diesem Jahr erwartet (Bild 1). Der Entwurf der Kommission, der im April 2022 veröffentlicht wurde, will die zulässigen Emissionsmengen noch stärker senken. Hersteller und Betreiber können davon ausgehen, dass neues oder recyceltes Kältemittel für Wartungen und Reparaturen an bestehenden Kälteanlagen noch ein paar Jahre verfügbar sein werden. Der Gegenvorschlag, den das Europäische Parlament Ende März 2023 verabschiedet hat, fordert noch einmal niedrigere Emissionsmengen und praktisch ein Verbot fluorierter Kältemittel für Neuanlagen. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt ist es deswegen wichtig, Kälteanlagen und Wärmepumpen mit Kältemitteln zu entwickeln und zu bauen, die langfristig sicher verfügbar sein werden. „Wir können in der EU von einer mindestens siebenstelligen Zahl an Kälte- und Klimaanlagen sowie Wärmepumpen ausgehen, die betroffen sein werden. Und die allermeisten davon sind nicht so konstruiert, dass sie sich auf langfristig verfügbare Kältemittel umstellen lassen“, erklärt Bitzer-Experte Dr. Heinz Jürgensen.
Die Zukunft liegt in CO2-, Propan- und Ammoniak-Lösungen
Die F-Gase- Verordnung gilt auf EU-Basis, aber wie sieht es weltweit aus? „Die umliegenden Länder, Staaten und Regionen beobachten gespannt, was in der EU vor sich geht und lernen dann hoffentlich daraus“, sagt Dr. Jürgensen. „Umweltregularien wie das Kigali Amendment des Montreal Protokolls sehen weltweit eine drastische Reduktion von Emissionen vor und sagen Kältemitteln mit einem hohen Treibhauspotenzial den Kampf an. Wenn man sich heute fragen würde, was an Kältemitteln in 15 oder 20 Jahren noch verfügbar ist, um die Anlage weiter zu warten und zu betreiben, würde die Nachfrage nach CO₂-, Propan- oder Ammoniak-Lösungen als Kältemittel sicherlich steigen“, so Dr. Heinz Jürgensen.
Emissionsarme, zukunftssichere Kälteanlagen
Es geht nun darum, eine Kälteanlage anwendungsspezifisch und mit einem zukunftssicheren Kältemittel so auszulegen, dass in Summe über die Nutzungsdauer so wenig Emissionen wie möglich verursacht werden. Dabei wird aber zu keinem Zeitpunkt ein natürliches Kältemittel alle Anwendungsbereiche abdecken können.
So ist Propan (R290) als Kältemittel gut für die Gewerbekälte geeignet. Es siedet bei – 42 °C und kann Verdampfungstemperaturen von – 40 °C und höher abdecken. Der Stoff kann beim Verdichten große Temperaturhübe problemlos abdecken. Da der Kohlenwasserstoff jedoch äußerst leicht entzündlich ist, erfordert er eine Erweiterung der Gefährdungsbeurteilung sowie die Umsetzung entsprechender Maßnahmen. Insbesondere bei Wartung und Reparatur ist eine aufmerksame und strenge Handhabung der Sicherheitsregeln erforderlich. In Bitzer-Hubkolbenverdichtern ist Propan beispielsweise seit vielen Jahren im Einsatz. Vom 2-Zylinder- bis hin zum 8-Zylinder-Verdichter kann die gesamte Leistungspalette abgedeckt werden. Auch Kompaktschraubenverdichter für den Klimabereich oder die Prozesskühlung sowie halbhermetische Schraubenverdichter für Verbundanlagen funktionieren mit Propan und dem ähnlichen Kältemittel Propen.
Kohlendioxid (R744) als Kältemittel ist in der Branche bereits recht verbreitet. Es ist nicht brennbar, hat dafür aber eine deutlich höherer Drucklage. Gegendrücke von 90 bis 130 bar sind möglich. Das bedeutet, dass hier die gesamte Anlagenkonstruktion aber auch die Regelung und Wartung anders ist. In diese Art der Anlagenkonstruktion ist zunächst eine umfassende Einarbeitung notwendig. Auch für den Transport- und Wärmepumpenbereich sowie für industrielle Anwendungen steigt die Nachfrage. Ammoniak kommt in Großkälteanlagen mit über 100 kW Leistung als Kältemittel zum Einsatz, in der Regel jedoch nicht bei Publikumsverkehr. Die bewährte Anlagentechnik für Ammoniak mit Stahlrohren, überfluteten Verdampfern und nicht löslichen Ölen lässt sich nicht als Lösung für typische Gewerbekälteanwendungen übertragen. Außerdem sind auch hier in Bezug auf die Sicherheit einige Besonderheiten zu beachten.
Fit werden für den Umstieg
Der Umstieg auf alternative Kältemittel bietet im Zusammenhang mit neuen Verdichtern und Komponenten insofern auch ein hohes Maß an Energieeffizienz und Kosteneinsparpotenziale. Entscheidend für die Praxis ist es, den aktuellen Handlungsbedarf zu erkennen und sich fundiertes Fachwissen über den Umgang mit natürlichen Kältemitteln anzueignen.