Auch die Betreiber von Eisbahnen sowie von Bob- und Rodelbahnen müssen sich den Herausforderungen mit kühlem Kopf stellen. Wie kann das „perfekte Eis" geschaffen werden? Wie können Umweltauflagen erfüllt und das Ziel der Klimaneutralität im Gesamtbetrieb der eisigen Hochgeschwindigkeitsanlage erreicht werden?
Der von den Betreibern in Winterberg aufgezeigte Weg zu einer klimaneutralen Anlage war ein Kriterium für die Entscheidung des Internationalen Bob- und Skeletonverbandes (IBSF), die Weltmeisterschaften 2024 nach Winterberg zu vergeben. Drei GEA Kompressoren mit einer Kälteleistung von je 315 kW und ein Ammoniak-Trockner (NH3 -Trockner) sorgen für konstante Eis- und Wettkampfbedingungen auf der Hochgeschwindigkeitsbahn. Ammoniak trägt nicht zum Ozonabbau oder zur globalen Erwärmung bei - das so genannte Global Warming Potential (GWP) ist Null. Die TEWI-Bilanz (Total Equivalent Warming Impact) ist aufgrund der hohen Effizienz (COP) von Ammoniakanlagen günstig.
Langlebige Kälteaggregate
Betriebsleiter Stefan Knipschild erläutert die Kälteanlage im Herzen der Bobbahn Winterberg, dem Kälteanlagenraum im unteren Teil der Bahn direkt an der Zielkurve. Die drei GEA-Schraubenverdichter der Baureihe GEA Grasso LT mit einer Leistung von je 250 kW ermöglichen es, auch bei Außentemperaturen von bis zu +20°C genügend Kälte zu erzeugen, um die Betonröhre der Bahn zu vereisen. Zwei große Sammeltanks fassen jeweils 20.000 Liter Ammoniak. Zum Vergleich: Die Kapazität der Kältemaschinen entspricht der von rund 15.000 Kühlschränken.
Die Verdichter der GEA Grasso LT-Serie haben aufgrund der kombinierten Gleit- und Wälzlagerung der Rotoren eine lange Lebensdauer und einen niedrigen Geräusch- und Vibrationspegel. Alle Komponenten sind für eine lange Betriebsdauer, hohe Verfügbarkeit und einfache Wartung ausgelegt. GEA-Schraubenverdichter können nach den Normen API 619 und ISO 10440 bereitgestellt werden.
Der Sommer entscheidet den guten Saisonstart
Der Start in die Eissaison Anfang Oktober ist jedes Jahr eine spannende Herausforderung für Stefan Knipschild, Eismeister Ingo Götze und rund ein Dutzend Helferinnen und Helfer. Das ganze Jahr über hat das Team der Winterberger EisArena alle Geräte und Maschinen gewartet und die Bahn und Gebäude nach Bedarf repariert. Angesichts der langen Wettkampfpause im Frühjahr und Sommer klingt das entspannt - ist es aber nicht.
Die Bahn ist insgesamt 1609 m lang, wovon 1315 m die Wettkampfbahn sind. Der Rest ist der Start- und Auslaufbereich. 15 Kurven machen die Strecke sehr anspruchsvoll. Rund 140 km/h können erreicht werden.
Da die Eisarena vom Anfang bis zum Ende einen Höhenunterschied von 110 m aufweist, ist das Leitungssystem in 43 Segmente unterteilt. Jedes Segment kann einzeln vom Betriebsraum aus gesteuert werden. Außerdem gibt es 23 Funktions-, Büro- und Technikgebäude für die Mannschaft, deren technischer Zustand ebenfalls das ganze Jahr über kontrolliert werden muss.
„Sicher, nach der Saison gibt es ab Mitte Februar eine etwas ruhigere Phase. Aber wir können die Arbeit an und auf der Strecke und im Maschinenraum nicht einfach über die vielen Monate bis September oder Oktober ruhen lassen", sagt Stefan Knipschild. „Denn nur mit regelmäßigen Checks können wir dann im Oktober wieder "eiskalt" starten“. Nur optimal gewartet bleibt die Winterberger Bobbahn eine der schnellsten und bei allen Sportlern weltweit beliebtesten Bahnen.
Wie Vereisung funktioniert
Im ersten Schritt wird die Bahn durch das GEA-Kältesystem mit den Schraubenverdichtern auf -9 bis -12 °C heruntergekühlt. Das kühlende flüssige Ammoniak wird durch das Ammoniakleitungssystem geführt und geht durch einen chemisch-physikalischen Prozess in den gasförmigen Zustand über und entzieht die Wärme.
Durch die Abkühlung der Bahn auf die erwähnte Temperatur bildet sich Raureif als Voraussetzung für die Vereisung. Alle 100 m werden Wasseranschlüsse installiert. Mit Schläuchen, die mit feinen Düsen versehen sind, wird Wassernebel aufgebracht. Das aufgebrachte Wasser wird entgast, da ansonsten das Leitungswasser und der darin enthaltene Sauerstoff und Kohlendioxid zu Einschlüssen im Eis führen würden, mit entsprechenden Nachteilen für die spätere Eisqualität. Der Raureif im Betonkanal nimmt das entgaste Wasser auf und gefriert zu Eis.
Drei Tage lang wird der feine Wassernebel mehrmals rund um die Uhr aufgetragen - aber immer nur so viel, dass das Wasser vom Raureif vollständig aufgesogen werden kann und somit gefriert und nicht in die Dachrinne läuft. Aus dem Reif bildet sich allmählich eine Eisschicht. Am Ende ist sie etwa 3 cm dick.
Kühles Wetter und viel Handarbeit
Auch das Wetter spielt bei diesem Prozess eine wichtige Rolle. Je wärmer es ist, desto mehr Frost bildet sich auf dem Eis. Dies muss während des Betriebs so weit wie möglich vermieden werden, denn Frost macht das Eis langsam. Je größer der Temperaturunterschied zwischen dem Eis und der Luft ist, desto mehr Reif bildet sich. Andererseits lässt warmes Wetter das „Eis weglaufen", wie Knipschild es nennt. „Da die Eisbahn aber weitgehend überdacht ist, haben wir praktisch einen geschlossenen Wetterschutz, um die nötige Kälte in der Eisbahn zu halten. Das Schlimmste wäre ein warmer Wind, der „tödlich“ für das Eis ist.
Ist die Eisschicht aufgebracht, beginnt eine Handarbeit, die viel Kraft, Geduld und Fingerspitzengefühl erfordert. Das Eis wird von Hand mit einem Hobel geglättet und profiliert - Stück für Stück, Zentimeter für Zentimeter. Vier Tage lang. Die gebogenen Profile sind eine besondere Herausforderung. Hier hilft die Iserlohner Eissporthalle, die nicht weit entfernt ist. Von hier aus holt ein Kleinlaster Schnee und Eis von der Eisfläche ab. Mit diesem Material werden dann mit Hilfe einer speziellen Schablone, die einer Kufe ähnelt, insbesondere die Kurvenein- und -ausgänge der Winterberger Bobbahn modelliert und eventuelle Löcher aufgefüllt. Nach etwa einer Woche ist das Eis fertig.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Vorbereitung der Eisbahn abgeschlossen ist. Von nun an muss die Eisbahn während der Saison jeden Tag mit Wassernebel und dann manuell vorbereitet werden. Nur so kann das perfekte Eis für alle Sportler erhalten werden.
Ammoniak-Trockner ergänzt die Kälteanlage
So wichtig wie das Anschieben im Bobsport ist, so entscheidend ist die GEA-Technik, wenn es darum geht, dem Betreiber einer Eishalle eine lange Lebensdauer und niedrige Betriebs- und Wartungskosten für das Kühlsystem zu sichern. Der Ammoniaktrockner entfernt während des Betriebs der Kälteanlage Wasser aus dem Kältemittelkreislauf und ist damit, wie Filter und Entlüfter, eine notwendige Ergänzung des Ammoniak-Kältesystems. Der Trockner hält den Kältemittelkreislauf trocken und sauber und sorgt für einen effizienten Betrieb des Gesamtsystems.
Fazit
Stefan Knipschild sieht die VELTINS EisArena auf einem guten Weg zur Klimaneutralität. Die GEA-Kälteanlage und der Ammoniaktrockner sind ein Baustein auf diesem Weg. Betrieben werden sie mit regenerativ erzeugtem regionalem Strom. Denn die Winterberger EisArena soll so CO2 -neutral wie möglich sein.