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Kälteerzeugung durch (Ab-)Sorptionsprozesse

Aufsaugende Schlürfer

Ende des 18. Jahrhunderts beobachtete Scheele[1], dass bestimmte zerstäubte Salzlösungen spürbare Trocknungseffekte erzielen- sie „saugen“ Wasserdampf aus der Luft.

Etwa 100 Jahre später begann man Apparate zu bauen, in denen definierte Sorptionsvorgänge ablaufen. Der Begriff „Sorption“ kommt übrigens aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie „schlürfen, verschlucken…In sich aufnehmen, aufsaugen…“

Beispielsweise zieht Kochsalz im Salzstreuer Wasser(dampf) an und Wasser nimmt in großen Mengen Ammoniak auf.

Bei Sorptionsprozessen haben wir es meist mit einem Stoffpaar zu tun:

  • Lösungsmittel (flüssig oder fest)
  • Kältemittel
  • Bild 1 Vergleich Absorption- Adsorption

    Bild: NKF/Kuchling

    Bild 1 Vergleich Absorption- Adsorption

    Einerseits wird ein großes Volumen verdampften Kältemittels (≈p0) von einer kleinen Menge Lösungsmittel aufgesaugt (absorbiert). Andererseits gibt das Lösungsmittel bei hohem Druck (etwa pC) und unter Wärmezufuhr den Kältemitteldampf wieder ab (Austreibung).

    Der „Trick“ der Sorption besteht darin, dass das Kältemittel zwischen Sorption und Austreibung ein sehr kleines Volumen einnimmt. Ein Liter Wasser kann bis zu 1,5m³ Ammoniakdampf binden! Man spricht davon, dass das Kältemittel in das Lösungsmittel hinein kondensiert. Somit entsteht unter Wärmeabgabe eine Lösung (reiche Lösung) mit einer gewissen Konzentration des Kältemittels.

    Hierbei unterscheiden wir zunächst zwischen zwei Sorptionsprozessen, wie sie in Bild 1 gezeigt werden.

    Die allgemeine Auffassung, dass Absorption nur für Flüssigkeiten und Adsorption für Feststoffe als Lösungsmittel steht ist nicht korrekt. Auch hygroskopische Feststoffe –meist Salze- eignen sich für die Absorptionskälte.

    Ausschlaggebend für die Feststoff-Absorption ist, dass Lösungsmittel und Kältemittel zwischenzeitlich eine „lockere“ chemische Bindung eingehen. Allerdings ist der kontinuierliche (Kreislauf-) Betrieb bislang nur Absorptionsanlagen mit flüssigem Lösungsmittel vorbehalten.

    Zunächst einmal jedoch ist der Unterschied zwischen Sorptions- und Kompressionskälte von Interesse (siehe Bild 2):

    Bild 2 Physikalischer Vergleich Kompressions- und Absorptionskälte

    Bild: NKF/Kuchling

    Bild 2 Physikalischer Vergleich Kompressions- und Absorptionskälte

    Während Kompressionsmaschinen mechanisch angetrieben werden, dient bei Sorptionsanlagen Wärme als „Antriebsenergie“, zugeführt im Austreiber- oft als Kocher bezeichnet (Bild 3).

    Kontinuierliche Absorber sind wie in Bild 3 gezeigt zur Druckerhöhung mit einer Lösungsmittel- Pumpe ausgestattet. Deren Energieaufnahme ist jedoch gering –als Richtwert kann etwa drei Prozent der Kälteleistung (Ammoniakanlagen) angenommen werden. Die geringe Pumpenleistung rührt daher, dass die Lösung wie vorhin beschrieben ein sehr kleines Volumen einnimmt. Die Entspannung auf Absorptions-/Verdampfungsdruck geschieht über das Lösungsventil- ähnlich dem E-Ventil.

    Sofern Adsorber oder Feststoff-Absorber zum Einsatz kommen, ist nur ein periodischer Betrieb möglich, da sich Festkörper schlecht auf Hochdruck pumpen lassen. Bis in die 1950er Jahre wurden noch ca. 30 Prozent der Flüssigkeits-Absorptions- Anlagen periodisch gebaut (Vergleich siehe Bild 4).

    Bild 3 Kompressions- und Absorptionskreislauf

    Bild: NKF/Kuchling

    Bild 3 Kompressions- und Absorptionskreislauf
    Bild 4 Vergleich periodischer und kontinuierlicher Prozess

    Bild: NKF/Kuchling

    Bild 4 Vergleich periodischer und kontinuierlicher Prozess
    Bild 5 Schema der periodischen Sorptionsanlage

    Bild: NKF/Kuchling

    Bild 5 Schema der periodischen Sorptionsanlage
    Bild 6 Vergleich NH3- und LiBr- Anlage

    Bild: NKF/Kuchling

    Bild 6 Vergleich NH3- und LiBr- Anlage

    Der periodische Betrieb hat den Vorteil, dass man auf die Lösungsmittel- Pumpe verzichten kann. Dazu kommt, dass theoretisch jeweils nur eine Komponente für die Funktionen Verdampfer-Verflüssiger und Absorber-Austreiber eingesetzt wird.

    Das ist jedoch mit dem Nachteil verknüpft, dass die Verdampfungs- und Verflüssigungsdrücke aufgrund des Perioden- Verlaufes stark schwanken. Ein „leeres“ Lösungsmittel hat eine stärkere Sorptionswirkung als ein nahezu gesättigtes.

    Durch das Umschalten von Kälteerzeugung auf Austreibung steht die Kühlfunktion nur zeitlich begrenzt zur Verfügung.

    Die Druckerhöhung erfolgt durch Beheizen des Kochers. Bild 5 zeigt ein Schema der periodischen Sorptionsanlage.

    Die zum Kochen benötigte Temperatur hängt einerseits von der Paarung Lösungsmittel- Kältemittel ab. Andererseits wird heute oft der Aufbau der Anlage davon abhängig gemacht, welche Temperatur des Heizmittels zur Verfügung steht.

    Bei Lihtium- Bromid- Anlagen können Heiztemperaturen bis minimal ca. 80°C (Vorlauf) sinnvoll sein. Bis etwa zum Beginn des zweiten Weltkrieges beheizte man Sorptions-Anlagen direkt mit Primärenergie – Kohle, Öl und Gas.

    Seitdem der Abwärme- Nutzung immer größere Bedeutung zukommt, hat sich die Bestimmung dieser Kälteerzeugung verändert. Eine große Rolle spielen Blockheizkraftwerke (BHKW), bei denen im Sommer oft keine/nur geringe Nutzung der Abwärme erfolgt. Hierbei spielt es eine Rolle, ob Temperaturen z.B. im Klima- oder Minus- Bereich erreicht werden sollen. Dementsprechend erfolgt die Auswahl der Technik (siehe Bild 6).

    Unter Rektifikation versteht man, dass zwischen Kocher und Verflüssiger eine Gemisch-Trennung erfolgt. Beim Austreiben strömt neben dem NH3- auch Wasserdampf in Richtung des Verflüssigers. Ohne ausreichende Trennung der beiden Dämpfe würde sich schnell die Kondensator- Leistung verschlechtern (Wasser-Anlagerung). Bei der Rektifikation kondensiert das Wasser und fließt mit der s.g. armen Lösung zum Absorber zurück. Bei der Wasser-LiBr- Paarung ist dies nicht nötig, da man hier Wasser aus der wässrigen Salzlösung austreibt.

    Man muss sich hierbei vor Augen führen, dass das Verhältnis aus Kälteleistung und zugeführter Leistung weit unter dem von Kompressions- Anlagen liegt. Bei „guten“ einstufigen Sorptions-Anlagen erreicht man knapp 1 kW Kälteleistung / kW Kocherleistung. Bei speziellen Austreiber- Konstruktionen oder mehrstufige Anlagen wird dieses Verhältnis bedeutend besser. Jedoch darf man bei der Betrachtung nicht außer Acht lassen, dass Strom im Gegensatz zur Wärme eine „hochwertige“ Energiequelle ist.

    Betrachten wir Kompressions- Kältemaschinen, so erreicht man bei Frigen-, Propan- oder NH3-Anlagen praktisch Werte von 2,5 bis 5 kW Kälteleistung / kW Antriebsleistung (oder darüber).

    Anders gesagt – Sorptionskälte macht Sinn, wenn man Wärme geschenkt bekommt.

    Kürzlich durften wir eine Anlage ansehen, die „ganzheitlich“ funktioniert. Die Betreiber einer Obstplantage füttern eine Biogasanlage mit geeigneten Abfällen. Mit dem Gas laufen zwei Verbrennungsmotoren zur Stromerzeugung. Die Motorwärme treibt einen NH3 –Absorber an, der die Obstlager über Kaltwasser kühlt.

    Allerdings hat man bei der Sorptionskälte die Diskussion über natürliche Kältemittel ad akter gelegt- man verwendet überwiegend Wasser oder Ammoniak.

    Bild 7 Anlagerung des Kältemittels im sorptiven Stoff

    Bild: NKF/Kuchling

    Bild 7 Anlagerung des Kältemittels im sorptiven Stoff

    Adsorption

    Immer öfter gibt es Hersteller, die Adsorptionsanlagen anbieten. Die Wirkung beruht darauf, dass kapillar-poröse Stoffe wie Zeolith oder Silicagel (theoretisch ist hier auch Aktivkohle verwendbar) Dämpfe- oft Wasserdampf durch ihre Kapillarkräfte aufsaugen (Bild 7). Diese Anlagen laufen grundsätzlich nur periodisch. Um kältetechnisch eine permanente Wirkung zu erzielen arbeitet man oft mit zwei oder drei Teilanlagen. Dies erfordert eine große Oberfläche zur Lagerung der sorptiven Masse.

    Neben den hier beschriebenen Anlagen kennen wir noch kleine Absorber, wie sie in Kühlschränken vorkommen. Dabei handelt es sich um das Prinzip mit Druck ausgleichendem Gas (nach Platen- Munters). Interessant ist, dass diese Kühlschränke mit ihrem kontinuierlichen Kreislauf nahezu lautlos sind, da sie ohne mechanisch bewegte Teile auskommen. Der Nachteil besteht darin, dass die Leistungsbilanz –selbst gegenüber „normalen“ Absorbern schlecht ist. In Wohnwagen ist oft ein bivalenter Betrieb (Gas / Strom) möglich.

    Erzeugung von Temperaturen für den TK- Bereich

    Der Normalsiedepunkt von NH3 liegt bei ca. -33°C. Selbst ein Verdampfen des NH3 im Vakuum stellt technisch kein großes Problem dar, infolge der Wärmeentwicklung im Absorber friert das Lösungsmittel Wasser nicht ein.

    Nutzung von Sonnen- Energie

    Derzeit sind bereits mit Solarthermie betriebene Sorptionsalagen- für Klimazwecke verfügbar (Informationen hierzu sind z.B. bei Absorptionsmaschine.de erhältlich). Rechnet man den technischen Aufwand, dann sind PV- Anlagen, gekoppelt mit Kompressionskälte eher im Vorteil. Besitzt man jedoch eine Solar- Warmwasser- Erzeugung die im Sommer wenig genutzt wird, kann Sorption allerdings monetär sehr interessant werden. Dies ist der Fall, wenn PV und Solarthermie installiert sind.

    Weiter gehende Informationen

    Sehr umfassende Literatur- insbesondere zur NH3 – Absorptionskälte erhält man mit u.a. mit dem Buch „Sorptions-Kältemaschinen“ von W. Niebergall (Springer-Verlag). Dieses Buch wurde zwar in den 1950er Jahren geschrieben, ist aber mit den meisten Aussagen heute noch gültig. Als E-Book ist es noch erhältlich. Weiterhin sind auf den WEB- Seiten der Hersteller aktuelle, insbesondere energetisch wichtige Daten abrufbar. So gibt auch der Green Chiller Verband für Sorptionskälte e.V Auskunft.

    Dipl.-Ing. Kay Kuchling
    Dozent NKF Springe, Fachkraft für Arbeitssicherheit

    Bild: NKF/Kuchling

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