Wissenschaftler der TFH Wildau (Brandenburg) entwickeln gemeinsam mit Forschungsingenieuren des ortsansässigen Wärmeübertrager-Spezialisten La Mont-Kessel einen multifunktionalen Rohrbündelkondensator, der sich inzwischen als Superkondensator erweist. Nach Angaben des Entwicklerteams soll die für Kraftwerks- und Industrieanwendungen konzipierte Kondensatorfamilie gegenüber herkömmlichen Systemen mit Glattrohr eine mehrfach höhere Wärmeübertragungsleistung bei halbiertem Anlagenvolumen haben. Auch die unerwünschte Materialablagerung in oder an den Rohren, die sogenannte Foulingneigung, soll um rund 80 Prozent sinken. Damit verlängern sich die Wartungsintervalle erheblich.
Ermöglicht wird dieser Effizienzsprung durch Verwendung sogenannter industrial power tubes (ip tube) Strukturrohre mit differenziert ausleg- bzw. strukturierbarer Oberfläche. Nach patentierten Verfahren werden dazu Halbzeuge mit Durchmessern von acht bis 60 Millimetern aus Stahl, Edelstahl oder Kupfer durch gleichmäßige Prägungen unterschiedlicher Tiefe und Gestalt umgeformt und mit bedarfsangepassten kristallinen Kupfer- oder Nickelstrukturen bestückt.
Die Wandverformung erzwingt in durchströmenden Medien wie Wasserdampf oder organischen Substanzen Turbulenzen. So lässt sich die Intensität der Wärmeübertragung gegenüber geradlinig, laminar strömenden Stoffen um den Faktor drei bis fünf erhöhen, wie realitätsnahe Tests unter Beweis gestellt haben. Das gestattet drastisch geringere Abmessungen und einen erheblich reduzierten Materialeinsatz in der Produktion. Mikrostrukturen wirkten dagegen nach anderen physikalischen Prinzipien; sie verbesserten massiv und nachhaltig Tempo sowie Intensität der Dampfkondensation. Die besten Ergebnisse seien durch Kombination beider Technologien zu erzielen. So umgesetzt steige die Siedeleistung von ip tube-Material mit Makro- und Mikrostrukturierung um den Faktor sechs. Ein Vergleichstest mit Zementschlamm habe zudem ein deutlich überlegenes Anti-Foulingverhalten der Strukturrohe gezeigt: Während ein Glattrohr bereits nach einer Woche weitgehend zugesetzt und unbrauchbar war, wiesen ip tube-Vergleichsstücke keine bzw. nur minimale Ablagerungen auf.
Die Entwicklung des multifunktionalen Hochleistungskondensators wird vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert. Seit Mitte 2011 erfolgen die ersten Produktauslieferungen. Einsatzfelder für die Neuentwicklung mit einem Leistungsvermögen bis zu mehreren Megawatt finden sich überall dort, wo in vertikaler oder horizontaler Anwendung Temperaturdifferenzen effizienter bzw. unter beengten Raumverhältnissen genutzt werden sollen.
Partnerfirmen setzen bereits auf ip tubes
Partnerfirmen setzen bereits auf die vorteilhaften Eigenschaften der strukturierten Rohre. Die Bleher Klimatechnik GmbH & Co. KG in Pliezhausen (Baden-Württemberg) beispielsweise hat in den letzten zwei Jahren mehrere Versuchsanlagen mit dem Material gebaut, umfangreiche Tests zu seinem Dehnungsverhalten durchgeführt und jetzt ein eigenes System entwickelt. Wir können bei unseren Edelstahl-Wärmeübertragern mit den ip tubes deutlich längere Bautiefen erzielen, erläutert Firmenchef Werner Bleher. Bei konstantem Rohrdurchmesser erhöhten sich Heizfläche und Leistung, das Einbauvolumen sinke gegenüber Glattrohr-Lösungen erheblich. Obendrein werde gravierend weniger Material für die Sekundärheizflächen benötigt, einige Schweißnähte entfielen und die Systeme erwiesen sich zudem als wesentlich schwingungsresistenter.
Nach Fertigstellung einer neuen Produktionshalle wolle seine Firmengruppe mit knapp 80 Mitarbeitern deshalb spätestens im Herbst die Produktion mit größeren Stückzahlen starten. Hersteller von Lackieranlagen für den Automobilbau, die Kfz-Reparaturbranche ebenso wie von Pulverbeschichtungsanlagen oder Trocknern für Steine, Beton und Lebensmittel könnten damit deutliche Effizienzvorteile erzielen, ist sich der erfahrene Anlagenbauer sicher. Er war von Unternehmerkollegen auf die Neuentwicklung aus Berlin aufmerksam gemacht worden.
La Mont-Kessel ist seit 80 Jahren auf Energietechnik spezialisiert. Die technologische Überlegenheit seiner ip tube zeigt sich bereits seit 2003 in Industrieanwendungen verschiedener Branchen. Die modifizierten Rohre bewähren sich in Wärmeübertragern für die dezentrale Energieversorgung eines süddeutschen Industriegebiets, im Bereich der thermischen Nachverbrennung in Chemieindustrie und Automobilbau, in Verdampfern der Lebensmittelindustrie sowie bei der Bauteilkühlung. -
Kältemittelvolumen von Wärmeübertragern mit runden Kupferrohren kleineren Durchmessers geringer als bei flachen extrudierten Rohren
Laut Internationalem Verband der Kupferindustrie (ICA) kommen Wärmeübertrager mit MicroGroove-Technologie mit weniger Kältemittel aus als vergleichbare Geräte mit extrudierten Mehrkanal-Aluminiumrohren. Der Unterschied besteht darin, dass luftbeaufschlagte Wärmeübertrager mit runden Rohren kein großes Sammlervolumen erfordern, wie dies bei flachen Rohren der Fall ist. Die Verringerung des Kältemittelvolumens ist ein entscheidendes Konstruktions-Kriterium auf einem zunehmend umweltbewussten Markt.
Ein direkter Vergleich dreier Wärmeübertrager-Typen wurde von einer Forschungsgruppe der LU-VE S. p. A. in Uboldo, Italien, durchgeführt. LU-VE ist einer der führenden Hersteller von Wärmeübertragern und Produkten für die Klima- und Kälteindustrie. Stefano Filippini von LU-VE stellte die Untersuchungsergebnisse unter anderem in einem IIR-Workshop vor. Die drei luftgekühlten Kondensatoren haben vergleichbare Kühlleistungen sowie identische Anströmflächen und Ventilatoren. Die betrachteten Wärmeübertrager verfügen über drei unterschiedliche Rohrsysteme:
- runde innenberippte Kupferrohre mit Durchmessern von 3/8 Zoll bzw. 9,52 mm (konventionelle Technologie)
- spezielle innenberippte Kupferrohre mit Durchmesser von 5 mm (MicroGroove-Technologie)
- spezielle Mehrkanal-Aluminiumrohre der Abmessung 30 mm x 2 mm
Die Rohrvolumina wurden sowohl bei den Kupferrohren mit kleineren Durchmessern als auch bei den Mehrkanal-Rohren deutlich reduziert, und zwar von 5,15 dm3 auf 2,41 dm3 beziehungsweise 2,81 dm3. Das Sammlervolumen beträgt bei den Mehrkanal-Rohren jedoch fertigungsbedingt 0,91 dm3 im Vergleich zu nur 0,36 dm3 bei den anderen beiden Kondensatoren. Das Gesamtvolumen war demnach bei den 5-mm-Kupferrohren am kleinsten (Hinweis: 1 dm3 oder ein Kubikdezimeter entspricht dem Volumen von einem Liter.).
„Diese Studie verdeutlicht den entscheidenden Vorteil der MicroGrooveTechnologie“, meint Nigel Cotton, OEM Team-Leiter des ICA. „MicroGroove setzt einfache und bekannte Techniken ein, mit denen die Hersteller vertraut sind. Der Prozess ist flexibel und vielseitig, es sind keine Investitionen in komplexe Lötöfen erforderlich, um erstklassige Produkte zu fertigen.“ Weitere Informationen zu dieser Studie oder zur MicroGroove-Technologie unter https://www.microgroove.net/
Prof. Dr.-Ing. Udo Hellwig
Geschäftsführer La Mont-Kessel GmbH & Co. KG, Wildau/Brandenburg