Auch wenn moderne energietechnologische Lösungen mit einem hohen Effizienz-Level schon lange auf dem Markt verfügbar sind, so bleibt ihr theoretisches Potenzial in der Praxis noch immer vielfach unerschlossen oder wird im Betrieb schlicht verschenkt. Das Problem: Häufig treffen hochentwickelte Technologien auf Rahmenbedingungen, die einen optimalen Versorgungsprozess gar nicht erst zulassen - marode Anlagen und Infrastrukturen im Bestand etwa, die in der Regel nicht über leistungsfähige Übergabe-, Speicher- und Verteilsysteme verfügen. Derartige bau- und ausrüstungsseitige Missstände gilt es so schnell wie möglich in den Griff zu bekommen, wollen Klinik- und Pflegebetriebe ihrer Verantwortung gegenüber Patienten, der Umwelt und dem eigenen Personal in Zukunft hinlänglich gerecht werden.
Bei der energetischen Bewirtschaftung von Kliniken und der präventiven Anpassung der thermischen Versorgung steht die Kälteseite aus mehreren Gründen besonders im Fokus. Die steigende Erderwärmung ist in unseren Breiten mit häufig wiederkehrenden Extremwetterereignissen und Hitzeperioden verbunden, auf die das Gros des Gebäudebestands bislang nicht vorbereitet ist. Gleichzeitig erfordern zahlreiche zentrale Funktionsbereiche eines Klinikbetriebs ausfallsichere, komfortable und wirtschaftlich tragfähige Klimatisierungslösungen – und dies permanent. Besonders problematisch ist diese Bedarfslage mit Blick auf die Umweltverträglichkeit der aktuell noch dominierenden Kälteerzeugungssysteme: Zum Einsatz kommen verbreitet nach wie vor (veraltete) elektrisch betriebene Kompressionskältemaschinen, die einen extrem hohen Stromverbrauch und eine schlechte Treibhausgas-Bilanz aufweisen.
CO2-reduzierte Kälteversorgung
Bei der Umrüstung auf eine CO2-arme Kühlung ist einerseits die Erzeugerseite auf deren Effizienz hin zu überprüfen und zu optimieren bzw. umweltunverträgliche Systeme sind vollständig gegen klimafreundliche Lösungen auszutauschen. Parallel dazu – und dieser Anschlussprozess wird vielfach übersehen – müssen nachgelagerte Sammel-, Speicher- und Verteilvorgänge mit höchster Präzision erfolgen, damit verfügbare Effizienzpotentiale (etwa von regenerativen Kältequellen) vollumfänglich nutzbar gemacht werden können.
Ein Planungspartner, der sich auf die Entwicklung effizienzoptimierter Energieversorgungskonzepte spezialisiert hat, ist das Ingenieurbüro Royal HaskoningDHV. Sein Hauptsitz liegt in Amersfoort, Niederlande, mit Dependancen in 30 Ländern weltweit. 2015 wurde eine von Royal HaskoningDHV neu aufgesetzte Energielösung im Akademischen Krankenhaus Maastricht umgesetzt. Das „Academisch Ziekenhuis Maastricht“ ist eine von insgesamt acht Universitätskliniken in den Niederlanden und betreibt insgesamt 26 Operationssäle. Größe und Komplexität des Gebäudes sowie der hohe Präzisionsanspruch an die Kälteversorgung markierten die Rahmenbedingungen für eine anspruchsvolle Großanlage, die heute eine Gesamtleistung von 13,5 MW plus weiteren 1,5 MW Reserve aufweist.
Effizienzschub durch CleanTech-Ansatz und Hydraulik-Optimierung
Generiert werden die thermischen Kapazitäten nach dem Multivalenz-Prinzip, bei dem eine umweltschonende Absorptionskältemaschine in Vorrangstellung steht. Die hier gewählte Absorptionstechnik (sorptionsgestützte Klimatisierung) zeigt eine zukunftsfähige CleanTech-Alternative zur hoch verbrauchs- und emissionsintensiven Kompressionstechnik auf: Sowohl das Kältemittel Wasser mit einem Global Warming Potential (GWP) von null, als auch die Antriebsenergie der AKM, die im Sommer durch die Abwärme eines Blockheizkraftwerks bereitgestellt wird, sind ökologisch wie ökonomisch überzeugend.
Die zweite Energiesäule bilden neben der Absorptionskältemaschine mit 1500 kW zwei Wärmepumpen mit einer Leistung von jeweils ebenfalls 1500 kW. Zusätzliche Kältemaschinen werden ausschließlich im Bedarfsfall zur Spitzenlastabdeckung zugeschaltet. Insbesondere die thermische Versorgung der Operationssäle erfordert Präzision. Temperaturschwankungen und Ausfallrisiken müssen in Umgebungen Kritischer Infrastrukturen wie die eines Krankenhausbetriebs sicher ausgeschlossen werden können. Eine entscheidende Vorbedingung für die Leistungsausschöpfung der Erzeuger und die Aufrechterhaltung von Stabilität und Exaktheit in den Erzeuger-Verbraucher-Kreisläufen beruht auf der Qualität der Systemhydraulik.
Optimale Arbeitstemperaturen, eine funktionierende Regulierung bei häufigen und hohen Lastwechseln sowie die präzise Einbindung unter schiedlicher Temperaturniveaus sind die Voraussetzung dafür, dass moderne Effizienztechnologien überhaupt ihr volles Potential in der Praxis ausspielen können.
Der österreichische Gebäudetechnik-Spezialist Zortea entwickelte mit dem Zortström eine Koordinationsschnittstelle, die ihre Effektivität mit zunehmender Komplexität des Energiemarktes und seiner Technologien heute unter Beweis stellen kann.
Schnittstelle in komplexen Versorgungsumgebungen
Für das Akademische Krankenhaus in Maastricht gab das Planungsbüro Royal HaskoningDHV einen Zortström Multi-K mit drei Temperaturstufen in Auftrag. Die Anlage besteht aus einem zylindrischen, 2,8 Meter hohen Behälter mit einem Inhalt von rund 8,5 Kubikmetern und einen Durchmesser von 2,2 Metern. In ihm laufen sämtliche Heiz- und Kühlströme der Erzeuger- und Abnehmeranschlüsse zusammen; dabei kombiniert sie parallel die Funktionen einer Sammeleinheit und eines Verteilers.
Über den Zortström lässt sich thermische Energie mit maximaler Präzision bewegen und regulieren, indem alle Volumenströme zunächst vollständig voneinander entkoppelt und danach mit exakter Temperaturtrennung in beliebig viele Temperaturstufen eingespeist werden. Dieser Vorgang erfolgt sowohl mit den Vor- als auch mit den Rückläufen der verschiedenen Heiz- und Kühlkreise und unabhängig davon, ob konventionelle oder regenerative Kälteerzeuger eingebunden werden. Auf der Abnehmerseite stehen die Operationssäle in hydraulischem Vorrang. Technisch wird dies durch eine spezielle Schaltung ermöglicht, die eine gleichmäßige Versorgung der Operationssäle mit der dort benötigten Kälte sichert. Die Präzision der Versorgungstemperaturen wirkt ich dabei nicht nur positiv auf den COP des Gesamtsystems aus, sondern leistet auch einen Beitrag zur Verbesserung der Raumluftwerte.
Durch den Einsatz der Schnittstelle lassen sich die zentralen Ziele der Effizienzsteigerung, der Betriebssicherheit, der komfortorientierten energetischen Bedarfsdeckung und der ökologischen Wirksamkeit dauerhaft realisieren – auch und insbesondere im Bereich der zunehmend dominierenden Kälteversorgung im Gebäudesektor.