Bei der Entwicklung der Simple Flex ließen sich die Spezialisten bei Jakob Antriebstechnik von der Natur inspirieren: Bambus ist über die Stablänge äußerst flexibel und lässt große Biegeauslenkungen ohne Bruch zu. Gleichzeitig weist Bambus ein geringes Verhältnis von Masse und Durchmesser des Stammes auf. Diese Eigenschaften wollten die Ingenieure auch auf das Kupplungsrohr übertragen.
Auch nach der Testphase konnte kein Verschleiß oder Korrosion an der Kupplung festgestellt werden.
Die neue Distanzkupplung der Baureihe Simple Flex (Bild 1) leiten absolut spielfrei Drehmomente über lange Distanzen hinweg. Die Entwicklung konzentriert sich auf das wesentliche. Sie besteht aus zwei Naben und einem distanzüberbrückenden Rohr dazwischen.
Der Clou dabei ist das Rohr, welches aus carbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK) besteht. Dieses weist bei hoher Torsionssteifigkeit auslegungsabhängig eine Biegeflexibilität auf, um auch bei sehr hohen Betriebsdrehzahlen und großen Drehmomenten einen zulässigen Wellenversatz ausgleichen zu können. Der Einsatz weiterer Ausgleichselemente für Axial-, Radial- und Winkelversatz an den Naben von An- und Abtrieb wie Stahllamellen oder Wellenbälge entfällt dadurch.
„Bei der Auslegung haben wir mit Finite Element Simulation gearbeitet, um die ganzen Lastfälle und Eigenfrequenzen zu berechnen“, erklärt Dr.-Ing. Arno Wörn, Leiter der Entwicklung bei Jakob Antriebstechnik, ergänzt: „Die Ergebnisse wurden in Prototypen-Versuchen auf Prüfständen überprüft.“ Alle Testergebnisse flossen fortlaufend in den Entwicklungsprozess ein z. B. wurde der Faserwinkel des Werkstoffs optimiert, um eine ideale Biege-/Torsionssteifigkeit bei dünner Wellendicke zu ermöglichen. Entstanden ist letztendlich ein adaptierbares Rohr, dessen optimale Wanddicke, Wickelwinkel und Festigkeit vorgegeben ist.
„Aufgrund des Funktionsleichtbaus und damit einhergehenden Gewichtsersparnis und niedrigem Massenträgheitsmoment können Eigenfrequenzen der Distanzkupplung in höhere Drehzahlbereiche verschoben werden. Dadurch sind höhere Nenn-Drehzahlen bei gleichzeitig hoher Laufruhe erreichbar. Größere Torsionsmomente können übertragen werden als mit konventioneller Bauweise bei kleineren Rohrdurchmessern. Die Dämpfung des Composite-Rohrs reduziert Schwingungsamplituden durch Vibration im Antriebsstrang“, fasst Dr. Wörn die Vorteile des CFK-Rohrs zusammen. „Kleinere Rohrdurchmesser und geringere Rohrmassen bei größeren Baulängen ohne Zusatzlager-Abstützung sind möglich.“
Darüber hinaus weist das Carbonrohr nur eine sehr geringe Wärmedehnung aus, ist korrosionsbeständig und kann in Kombination mit Naben aus rostfreiem Edelstahl auch unter korrosiven Umgebungsbedingungen eingesetzt werden. Bis zu sechs Meter Rohrlänge können fertigungstechnisch hergestellt und mit der neuen Distanzkupplung überbrückt werden. „Mit Simple Flex verschieben wir die technischen Einsatzlimits konventioneller Distanzkupplungen deutlich hin zu den physikalischen Einsatzgrenzen“ resümiert Dr. Wörn seine Entwicklung.
Eine interessante Anwendung für die Simple Flex Kupplung stellen dabei beispielsweise sogenannte Zellkühltürme dar. Zellkühltürme werden zur Kondensation großer Wassermengen in Kraftwerken z. B. Gas-, Biomasse und Geothermie Kraftwerken sowie in Industrieanlagen eingesetzt.
Der Zellkühlturm (Bild 2) arbeitet dabei als Verdunstungskühlturm im Gegenstromprinzip. Diese Konstruktion zeichnet sich dadurch aus, dass das zu kühlende Fluid und die Kühlluft gegenläufig durch den Kühlturm geführt werden. Dabei kommen Wasser und Kühlluft direkt miteinander in Kontakt. Die Kühlung erfolgt durch Verdunstungswärme eines kleinen Teils des Wassers. Das Wasser kondensiert und wird dem Flüssigkeitskreislauf wieder zugeführt. Die Kühlluft wird mit einem saugend angeordneten Axialventilator am Lufteintritt angesaugt und durch den Kühlturm gefördert. Die Kühlluft verlässt den Luftaustritt des Ventilators als wasserdampfgesättigte Luft.
Die Antriebseinheit besteht aus Antriebsmotor, Distanzkupplung, Winkelgetriebe und Axialventilator mit Flügeln. Der Antriebsmotor befindet sich bei dieser Bauweise außerhalb des Turms. Die Distanzkupplung läuft dabei in dem durch das Gehäuse umschlossenen Bereich mit wasserdampfgesättigter Luft.
Ein solcher Kühlturm befindet sich u. a. bei der Firma „Eins Heiz“ in einem Biomasse-Kraftwerk in Eberwalde, welche vom Betriebsleiter Herr Malinowski betreut wird. Die gesamte Anlage erzeugt 20 MW elektrische und 70 MW thermische Leistung für die Holz-Pellets Produktion.
Für den Antriebsstrang wurde seitens des Betreibers eine Alternative zur Bestandskupplung gesucht. Die bis dato eingesetzte Kupplung hatten sich durch Korrosion in der feuchten Umgebung auf der Welle „festgefressen“. In der Folge ließen sich die Naben nur mit Erwärmung abziehen, was zu erheblicher Brandgefahr der Holzkonstruktion des Turmes führte. Dabei musste auch der Antriebsmotor demontiert werden, was jeweils eine erneute Ausrichtung der Wellenflucht bei der jährlichen Revision erforderlich machte. Der Vorgang dauerte mehrere Tage und musste von Fachleuten durchgeführt werden.
Die Anforderung an die Distanzkupplung lag darin, den Montageaufwand deutlich zu reduzieren, ein geringes Eigengewicht der Kupplung von kleiner 14 kg für größtmögliche Montageergonomie in großer Turmhöhe aufzuweisen, korrosionsfrei und versatzausgleichend im Antriebsstrang wirksam zu sein. Weiterhin musste die neue Kupplung bei einer Länge von 2,7 m ein Nenn-Drehmoment von 580 Nm bei einem maximalen Anlauf-Drehmoment (Trägheits-Drehmoment) von 1.740 Nm übertragen können. Die Drehungszahl liegt im Bereich 1.500 min-1 und die Temperaturdifferenz von bis zu 100 Grad Celsius.
Der Clou dabei ist das Rohr, welches aus carbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK) besteht.
Nach gründlicher Analyse der Anforderungen wurde schließlich eine maßgeschneiderter Simple Flex Distanzkupplung von der Firma Jakob für die Applikation Zellkühlturm entwickelt und bei „Eins Heiz“ im Zellkühlturm eingebaut und erfolgreich getestet (Bild 3).
Die angepasste Simple Flex Distanzkupplungslösung zeichnet sich durch ihre korrosionsfreie Edelstahl-Halbschalenkonstruktion aus, die den Ein- und Ausbau im Kühlturm maßgeblich erleichtert. Der Einsatz der Simple Flex hat die Wartungs- und Instandhaltungskosten der Kühlturmanlage gesenkt. Auch nach der Testphase konnte kein Verschleiß oder Korrosion an der Kupplung festgestellt werden. Weitere Umrüstungen von Kühltürmen mit der Simple Flex Distanzkupplung sind seitens des Anlagenbetreibers bereits in Planung.■