Im Rahmen der hier vorgestellten Untersuchung wurden Versuche an Servicegeräten in brennbarer Atmosphäre (R290/Luft) bei höchst zündwilliger Konzentration durchgeführt. Die getesteten Servicegeräte waren Absaugstation, Vakuumpumpe, Füllwaage und eine Monteurhilfe des Herstellers CPS. Ziel der Untersuchung war, festzustellen, ob eine Gefährdung und hier insbesondere eine Zündwirkung durch den Betrieb der Servicegeräte bei Fehlbenutzung ausgeschlossen werden kann. Als Fehlbenutzung wird hierbei das Erzeugen oder das Vorhandensein einer fehlerhaft herbeigeführten brennbaren Atmosphäre verstanden.
Die Prüfungen, die mit einem extra für diesen Einsatzzweck von ref-tech programmierten Bedien-Roboter in einer speziellen Prüfkammer bei der PTB durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass die untersuchten Servicegeräte im Hinblick auf fehlerhaften Umgang mit R 290 keine wirksame Zündquelle darstellen.
Einleitung in die Sachlage
Sicherer Umgang bei Servicetätigkeiten
Die bestimmungsgemäße Verwendung der hier betrachteten Servicegeräte beinhaltet ausschließlich die Handhabung von dafür zugelassenem Kältemittel und schließt die Vermeidung von Kältemittelfreisetzung mit ein. Eine absichtliche Freisetzung von fluoriertem Kältemittel ist nach geltendem Recht nicht zulässig und wäre damit als grob fahrlässig einzustufen. Weiterhin kann eine Vermeidung von Kältemittelfreisetzung als fachlich anerkanntes Vorgehen beim Service erwartet werden. Diese typische und fachgerechte Vorgehensweise kann auch beim Umgang mit brennbaren Kältemitteln erwartet werden, bzw. ist aufgrund der chemischen Eigenschaft Brennbarkeit noch wichtiger. Eine brennbare Atmosphäre entsteht durch die Handhabung des Kältemittels bei bestimmungsgemäßer Verwendung von Servicegeräten also nicht, weder in der Umgebung der Geräte noch in einer Zuleitung. Folglich ergibt sich für bestimmungsgemäße Verwendung als erstes Ergebnis einer Risikobeurteilung, dass keine Minderung des Risikos nötig ist, wobei die Dichtheit von Geräten wie Vakuumpumpen oder Absauggeräten vorausgesetzt ist.
Ganz besonders ist aber auf die bestimmungsgemäße Installation und Anordnung des Abgasschlauches zu achten. Die Vakuumpumpe saugt eine nicht unerhebliche Menge an Gas, zum Beispiel R 290 aus einer Kälteanlage ab, welches in geschlossenen und nicht gut belüfteten Räumen zu einer Akkumulation und zur Bildung einer brennbaren Atmosphäre führen kann. Dieser Vorgang entspräche der oben bereits beschriebenen Fehlbenutzung.
Risikobeurteilung nach Maschinenrichtlinie
Nach den Grundsätzen der Maschinen-Richtlinie, die zum Beispiel für Vakuumpumpen und Absauggeräte anzuwenden ist, gilt, dass eine
Risikobeurteilung einer Maschine „ihre bestimmungsgemäße Verwendung und jede vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung einschließt“. Die Durchführung der von der Maschinen-Richtlinie geforderten Risikobeurteilung kann nach der EN ISO 12100:2010 erfolgen, die als harmonisierte Norm zur Maschinenrichtlinie benannt ist.
Eine zu berücksichtigende vorhersehbare Fehlanwendung ist, dass Kältemittel durch fehlerhaftes Verhalten der Service-Fachkraft während der Handhabung freigesetzt wird und dann auch die Möglichkeit besteht, dass brennbare Atmosphäre entsteht.
Grundsätzlich sollte dieses Risiko (menschliche Fehler) durch verhaltensändernde Maßnahmen minimiert werden, da dadurch die Entstehung brennbarer Atmosphäre wirkungsvoll verhindert werden kann. Festzuhalten ist aber auch, dass die Häufigkeiten von menschlichen Fehlern reduziert, aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Als „technische Schutzmaßnahme“ ist eine Zwangsbelüftung der Arbeitsumgebung (mobiler Ventilator) zur Verhinderung der Entstehung einer brennbaren Atmosphäre möglich. Beide Maßnahmen sind, abgesehen von Warnhinweisen und der Bereitstellung entsprechender „Benutzerinformation“, nicht im direkten Einflussbereich des Herstellers von Servicegeräten.
Im direkten Einflussbereich des Herstellers ist aber die Gestaltung der Servicegeräte zu sehen, und hier insbesondere die Überprüfung der Zündwirksamkeit und ggf. die entsprechende Designanpassung.
Beispiele für Fehlanwendungen und der Risiken
Diese Fehlverhalten resultieren möglicherweise aus fehlendem Wissen der Servicekraft, mangelnder Sorgfalt bei der Durchführung der Servicearbeiten oder bei der Instandhaltung der Service-Geräte. Fehlverhalten im Zusammenhang mit Schläuchen oder einer Vakuumpumpe kann dazu führen, dass eine Akkumulation von Kältemittel in geschlossenen und schlecht belüfteten Räumen stattfinden kann. Wird dabei eine Konzentration oberhalb der unteren Explosionsgrenze (UEG von R 290: 38 g/m³) erreicht, kann durch eine vorhandene wirksame Zündquelle (zum Beispiel ein Servicegerät) eine Entzündung mit unterschiedlichen Folgen ausgelöst werden.
Untersuchungsziel
Es ist aus den vorherigen Erläuterungen und Schlussfolgerungen daher sinnvoll und berechtigt, eine Untersuchung der Zündwirksamkeit von Servicegeräten in einer brennbaren Atmosphäre durchzuführen. Ziel der durchgeführten Versuche war, für ausgewählte Servicegeräte festzustellen, ob diese, bzw. Bauteile innerhalb dieser Geräte, bei typischen Schaltvorgängen und Bedienprozessen des Servicemonteurs im Normalbetrieb bei bestimmungsgemäßer Bedienung nach Bedienungsanleitung und, darüber hinaus, bei nicht bestimmungsgemäßem Betrieb bei Fehlbedienung und Fehlverhalten in einer entflammbaren R 290/Luft-Atmosphäre zündwirksam sein können. Als entflammbare Atmosphäre sollte ein zündwilligstes Gemisch mit der Konzentration von 5,2 vol.% R 290 in Luft verwendet werden.
Beschreibung der Versuche, Aufbau und Bedienung
Alle untersuchten Geräte wurden von Fa. CPS für die Versuche zur Verfügung gestellt. Die Geräte waren zu diesem Zeitpunkt teilweise für die Verwendung mit R 290, aber kein Gerät für den Betrieb in explosionsgefährdeter Atmosphäre zugelassen. Die untersuchten Geräte waren eine Waage, eine Monteurhilfe, eine Vakuumpumpe und eine Absaugstation. Für alle Geräte wurde anhand der zugehörigen und mitgelieferten Bedienungsanleitung jeweils ein typischer Bedienungsablauf bestimmt und beschrieben, der in den Versuchen ausgeführt werden sollte. Diese Bedienungsabläufe enthielten alle Bedienungsschritte, die während einer regulären Benutzung im vorgesehenen Normalbetrieb auftreten würden. Alle untersuchten Geräte weisen unterschiedliche Bedienvorgänge auf.
Insgesamt wurden sieben Versuche durchgeführt.
Roboter-Steuerung
Die Bedienung der Servicegeräte in der gewählten Prüfkammer erfolgte durch einen Desktop-Roboter. Bei der Auswahl des Roboters wurde darauf geachtet, dass dieser selbst keine wirksame Zündquelle darstellt und dies auch im Vorfeld der eigentlichen Versuche mit den Servicegeräten in der Versuchskammer in einer Atmosphäre mit 5,2 vol.% Propan in Luft überprüft und bestätigt. Der Roboter wurde in der Vorbereitung der Versuche durch ref-tech mit geeigneten Bedienungsvorsätzen versehen und zusammen mit den jeweiligen zu untersuchenden Servicegeräten zu einem reproduzierbaren Versuchsaufbau kombiniert. Dann wurden alle vorgesehenen Bedienungsabläufe der Servicegeräte durch ref-tech programmiert und anschließend ausführlich getestet. Es war erforderlich, den Bedienroboter im Vorfeld ausführlich zu testen und zu erproben, um später alle Versuchsabläufe in der Prüfkammer zuverlässig anfahren zu können. Die Programmier-, Test-, und Erprobungsphase wurde in einem internen Labor von ref-tech durchgeführt und der Versuchsaufbau anschließend zum Prüffeld und in die Prüfkammer der PTB geliefert und dort wieder aufgebaut.
Prüfaufbau und -einrichtungen
Die Versuchsaufbauten mit den zu untersuchenden Geräten sowie dem Bedienungsroboter wurden in einer Prüfkammer der PTB aufgestellt, die die Durchführung der vorgesehenen Bedienungsabläufe in explosiver Luft/Propan-Atmosphäre erlaubte. Die Abläufe zur Bedienung und Befüllung der Prüfkammer wurden von der PTB sichergestellt. Die Geräte wurden in der Kammer mit allen nötigen Versorgungsleitungen (Spannungsversorgung, Schläuche) und der Bedienungsroboter mit Versorgungs- und Steuerleitung verbunden. Nach Abschluss der Aufbauten wurde jeweils durch einen Testlauf der Bedienvorgänge überprüft und sichergestellt, dass der vorgesehene Betrieb im Versuch wie geplant durch die Roboter-Steuerung umgesetzt wurde. Die Steuerung erfolgte über einen Computer, der außerhalb der Kammer aufgestellt war.
Nach erfolgreichem Test der Bedienvorgänge wurde für jeden Versuch die Kammer verschlossen und mit dem vorgesehenen Gemisch mit 5,2 vol.% Propan in Luft gefüllt. Die Genauigkeit der Bestimmung des Propangehaltes lag bei ± 0,3 vol. %.
Versuchsdurchführung und Bedienungsablauf
In der geschlossenen, mit dem Propan/Luft-Gemisch gefüllten Prüfkammer wurden der beabsichtigte Bedienungsablauf eines Gerätes bzw. die Abläufe mehrerer Geräte nacheinander gestartet. Jeder Bedienungsablauf wurde 10-mal pro Servicegerät bei gleichbleibender Atmosphäre in der Kammer durchgeführt (Versuchszyklus). Exemplarisch wird der Ablauf für die Absaugstation beschrieben, der im Rahmen der Untersuchung möglicher äußerer Zündquellen des Gerätes ausgeführt wurde. Die Absaugstation saugte dabei über einen Schlauch, der aus der Kammer herausgeführt wurde, Luft aus der Außenumgebung der Kammer (Halle) an und förderte diese in einen zweiten Schlauch, der ebenfalls aus der Kammer herausgeführt wurde. An diesem Schlauch befand sich ein Absperrventil, mit dem der Schlauch zur Auslösung und Freigabe der Hochdruckabschaltung manuell außerhalb der Kammer geschlossen und geöffnet werden konnte. Mit geschlossenem Absperrventil wurde die Absaugstation in der geschlossenen und mit dem zündfähigen Gemisch gefüllten Kammer vom Roboter eingeschaltet und diese dann laufen gelassen, bis der interne Druckschalter der Absaugstation abschaltete. Dann wurde das Ventil manuell geöffnet und der Druckschalter vom Roboter zurückgesetzt. Nach einer weiteren Laufzeit von fünf Sekunden schaltete der Roboter die Absaugstation aus und das Ventil wurde manuell wieder geschlossen. Ein Bedienungsablauf dauerte ca. 36 Sekunden und wurde im Versuchszyklus zehn mal ausgeführt. Die Bewegungen des Bedienungsroboters wurden mittels der Livebilder einer Hochgeschwindigkeitskamera verfolgt, die zur genauen Dokumentation eines möglichen Zündereignisses an der Kammer installiert war. Die Versuchsdurchführung wurde außerdem stichprobenartig durch Sichtgläser der Versuchskammer beobachtet. Der Betrieb der Vakuumpumpe und der Absaugstation konnte akustisch außerhalb der Versuchskammer wahrgenommen werden. Zur Dokumentation der erfolgten Realisierung der Bedienungsabläufe im Versuch gemäß der Planung erfolgten Videoaufzeichnungen in der Versuchskammer.
Video-Dokumentation
Bei allen Versuchen erfolgte eine Videoaufzeichnung innerhalb der Prüfkammer, um die erfolgreiche Realisierung der Bedienungsabläufe im Versuch gemäß der Planung zu dokumentieren. Diese Aufnahmen wurden auch zur Erstellung eines Gesamtvideos verwendet, das mit Erläuterungen zu den Hintergründen und Zielen der Versuche, mit den Aufzeichnungen der verschiedenen Versuchsdurchführungen in der Prüfkammer und mit der Darstellung des Ergebnisses einen vollständigen Eindruck von der Untersuchung vermittelt.
Ergebnisse und Diskussion
Alle durchgeführten Versuche waren ohne Zündereignis. Die Waage und die Monteurhilfe zeigten im Versuchszyklus mit 10 Bedienungsabläufen kein Zündverhalten im R 290 / Luft - Gemisch. Die Vakuumpumpe zeigte in zwei Versuchszyklen kein Zündverhalten, weder mit geschlossenem Einlass noch mit offenem Einlass und Absaugung von zündwilligstem Gemisch, also auch keine Innenzündung. Die untersuchte Absaugstation zeigte kein Zündverhalten im Versuchszyklus mit normalen Schaltvorgängen (einschließlich Überdruckabschaltung). Außerdem wurde in weiteren Versuchen festgestellt, dass auch bei Ansaugen von zündfähigem Gemisch keine Innenzündung (oder Außenzündung) erfolgte. Diese Versuche wurden mit Ansaugen eines Gemisches mit 5,2 vol.% und 10 vol.% Propan für einen Zeitraum von ca. 13 min bzw. ca. 20 min durchgeführt. Die Versuchsergebnisse belegen, dass für den Fall einer fehlerhaften Freisetzung von brennbarem Kältemittel und Bildung explosiver Atmosphäre in einer Servicesituation bzw. auch fehlerhafter Förderung von explosionsfähigem Gemisch keine Zündwirksamkeit von den untersuchten Geräten zu erwarten ist. Diese Aussage bezieht sich auf die Geräte im untersuchten ordnungsgemäßen Zustand. Die Aussage gilt nicht für mangelhaft gewartete, beschädigte oder fehlerhaft reparierte Geräte. Außerdem soll aus der Untersuchung nicht abgeleitet werden, dass ein Betrieb der Servicegeräte in explosiver Atmosphäre zulässig wäre. Auch sollten die Ergebnisse nicht zu unvorsichtigem Handeln beim Service an Kälteanlagen mit brennbarem Kältemittel verleiten. Die Vermeidung von Freisetzungen und damit die Verhinderung der Bildung explosiver Atmosphäre ist die wichtigste Maßnahme zur Vermeidung von Unfällen, zumal das Vorhandensein anderer wirksamer Zündquellen nicht ausgeschlossen werden kann.
Zusammenfassung
Es konnten bei keinem der getesteten Geräte Zündereignisse festgestellt oder beobachtet werden. Auch bei Absaugung von zündwilligstem Gemisch durch die Absaugstation bzw. Förderung durch die Vakuumpumpe konnte keine Innen- oder Außenzündung festgestellt werden. Es wurde eine Videodokumentation über alle Versuche mit Darstellung der Aufbauten, Durchführungen und Ergebnisse erstellt.
Diese Untersuchung stellt fest, dass die CPS Geräte damit über die erforderliche Sicherheitsanforderung, die auch in der Betriebsanleitung dokumentiert ist, hinausgehen, da der vorgesehene Gebrauch die Verwendung in brennbarer Atmosphäre ausschließt. Die Ergebnisse sind geeignet aufzuzeigen, dass, auch wenn bei fehlerhaftem Betrieb oder durch Fehlverhalten des Bedieners eine brennbare Atmosphäre auftritt, keine Entzündung durch den Betrieb der CPS Geräte zu erwarten ist. Unter fehlerhaftem Betrieb sind auch fehlerhaft verlegte oder verschraubte Schlauchverbindungen zu nennen und zum Beispiel ein fehlerhaftes Verlegen des Abgasschlauches anzuführen. Die Vakuumpumpe VPS6DEV von CPS wurde durch die neue Serie Vakuumpumpen mit den Bezeichnungen VPB4D, VPB6D sowie VPB12D ersetzt. Für diese Serie konnte durch einem Vergleich der elektrischen Komponenten zwischen der vorigen und der neuen Serie festgestellt werden, dass davon ausgegangen werden kann, das die gleichen Zündeigenschaften vorzufinden sind. Damit kann auch für die aktuellen Geräte geschlossen werden dass keine Zündereignisse bei Fehlbenutzung zu erwarten sind.