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ASERCOM-Leitfaden für Kältemittel mit Temperaturgleit

Auswirkungen auf die Kompressorleistung richtig beurteilen

Einhergehend mit der Verordnung (EU) Nr. 517 / 2014 (F-Gase-Verordnung) wird es sich bei künftigen synthetischen Kältemitteln mit einem geringen Treibhauspotenzial weitgehend um nicht azeotrope Gemische mit einem erheblichen Temperaturgleit von rund 6 K handeln. Der Terminus Gleit“ wird häufig verwendet, um die Temperaturänderung während des Verdampfungs- und Verflüssigungsprozesses zu beschreiben.

Umfang und Zweck

Der Leitfaden gibt einen Überblick über die Beziehung zwischen Taupunkt- und Mitteltemperatur für nicht azeotrope Gemische. Zudem sollen die Leistungsunterschiede hervorgehoben und eine Empfehlung gegeben werden, wie die Leistung eines Verdichters (durch bestehende Normen reguliert, EN 12900 : 2013) in eine Leistung umgewandelt werden kann, deren Bezugsgröße die Mitteltemperatur ist. So können Missverständnisse und Fehlinterpretationen der Ergebnisse vermieden werden.

Bei nicht azeotropen Kältemittelgemischen verändert sich während des Verdampfungs- und Verflüssigungsprozesses bei konstantem Druck die Temperatur. Es wurden viele Studien veröffentlicht, die die Leistung der verschiedenen Kältemittel vergleichen und sich auf eine Mitteltemperatur beziehen. Es kann allerdings keine klare Korrelation zwischen Mitteltemperatur und Druck bestimmt werden.

Klassifizierung der Kältemittelgemische

Kältemittelgemische bestehen aus zwei (binär) oder mehreren reinen Kältemitteln. Es werden folgende Arten von Kältemittelgemischen unterschieden:

Azeotrope Kältemittelgemische

Nahezu azeotrope Kältemittelgemische

Nicht azeotrope Kältemittelgemische, auch bekannt als zeotrope Kältemittelgemische

Bei nahezu azeotropen Gemischen erfolgt beim Phasenwechsel nur eine geringe Temperaturänderung. Zudem verändert sich im Gleichgewichtszustand die Zusammensetzung der Gas- und Flüssigphase nur leicht. Die häufig verwendeten Kältemittel R 404 A und R 410 A gehören zu dieser Gruppe.

Azeotrope Gemische

Bei azeotropen (Kältemittel-)Gemischen handelt es sich in der Regel um Zwei-Komponenten-Gemische, die sich wie ein Reinstoff verhalten. Das heißt, dass sie bei konstantem Druck kondensieren und bei konstanter Temperatur verdampfen. Die Zusammensetzung der Gas- und Flüssigphase wird als gleich erachtet. In einem Kältekreislauf, wie im p-h-Diagramm dargestellt (Bild 1), erhöht der Verdichter den Druck von Verdampfungsdruck auf Verflüssigungsdruck. Während des Prozesswechsels erfolgen das Verdampfen und Verflüssigen bei konstantem Druck und im Nassdampfgebiet bei konstanter Temperatur. Eine einzelne Temperatur definiert entweder den Verdampfungs- oder den Verflüssigungsdruck.

Nicht azeotrope Gemische

Bei nicht azeotropen (Kältemittel-)Gemischen, auch bekannt als zeotrope Gemische, erfolgt beim Phasenwechsel mit konstantem Druck (Verflüssigung und Verdampfung) eine signifikante Temperaturänderung. Die Isotherme auf der Taupunktlinie hat bei konstantem Druck einen um das Temperaturgleit höheren Wert als auf der Siedelinie. Zudem haben Gas- und Flüssigphase im Gleichgewichtszustand eine unterschiedliche Zusammensetzung. Der Terminus Gleit“ wird häufig verwendet, um die Temperaturänderung während des Verdampfungs- und Verflüssigungsprozesses zu beschreiben.

Bild 2 zeigt ein p-h-Diagramm für einen Kältekreislauf mit einem nicht azeotropen Gemisch. Der Verdampfungsdruck p1 und der Verflüssigungsdruck p2 werden während des gesamten Phasenwechsel-Prozesses als konstant angenommen. Die Isothermen (Linien gleicher Temperatur) verlaufen nach unten (siehe Bild 2). Die Temperatur, bei der die Verflüssigung beginnt, wird Taupunkt genannt. Sie wird im Diagramm mit t2d bezeichnet. Wenn die Verflüssigung vollständig abgeschlossen ist, fällt die Temperatur auf t2f (Siedepunkt). Während des Verdampfungsprozesses verändert sich die Temperatur t1e (Eintrittstemperatur des Verdampfers) zu t1d (Taupunkttemperatur). Nachdem die Verdampfung beendet ist, tritt eine Überhitzung auf. Diese erhöht die Temperatur auf t1 (Saugtemperatur am Verdichtereintritt). Die Leistung von Verdichtern ergibt sich aus dem Produkt des geförderten Kältemittel-Massenstroms und der spezifischen Enthalpiedifferenz zwischen den Punkten 1 und 2 im Diagramm. Die Verdampfungs- und Verflüssigungsdrücke werden dabei als Taupunkttemperaturen ausgedrückt.

Es stellt sich die Frage, welche Temperatur bei dem jeweiligen Phasenwechsel-Prozess verwendet werden soll, um die Verdampfungs- und Verflüssigungstemperaturen zu definieren. Für Analysezwecke kann eine Mitteltemperatur definiert werden, damit die tatsächliche Systemleistung angegeben oder Kältemittelgemische mit reinen Kältemitteln verglichen werden können. Normen in Bezug auf Verdichter schreiben die Verwendung von Taupunkttemperaturen vor, da diese eine eindeutige Korrelation zwischen Drücken und Temperaturen ermöglichen.

Möglichkeiten der Leistungsangabe – Taupunktprotokoll

Die Verdampfungs- und Verflüssigungstemperaturen werden, wie Bild 2 zeigt, als Taupunkttemperaturen t1d und t2d definiert. Nun definiert eine einzige Temperatur den Druck am Verdichtereintritt (Verdampfungsdruck). Sie ist unabhängig vom Verflüssigungsprozess. Die Überhitzung kann einfach berechnet werden, da sie definiert ist als die Differenz zwischen der Sauggastemperatur des Verdichters und der Verdampfungstemperatur. Die Unterkühlung der Flüssigkeit wird immer in Bezug auf den Siedepunkt errechnet.

Mittelwertprotokoll

Die Verflüssigungstemperatur kann definiert werden als arithmetisches Mittel der Taupunkttemperatur t2d und der Siedetemperatur t2f. Die Verdampfungstemperatur kann gleichermaßen definiert werden als arithmetisches Mittel der Eintrittstemperatur des Verdampfers t1e und der Taupunkttemperatur t1d. Bei der Verflüssigung sind die Taupunkttemperatur t2d und die Siedetemperatur t2f bei einem gegebenen Verdichtungsenddruck konstant. Aus diesem Grund ist die Mitteltemperatur lediglich vom Druck abhängig. Die Formel für die Mitteltemperatur kann demnach einfach aufgestellt werden: t2m = (t2f + t2d) / 2.

Die mittlere Verdampfungstemperaturt1m ist die Mitteltemperatur zwischen der Eintrittstemperatur des Verdampfers t1e und der Sättigungstemperatur t1d: t1m = (t1e + t1d) / 2.

Die Eintrittstemperatur des Verdampfers und somit die mittlere Verdampfungstemperatur ist wie in Bild 3 gezeigt vom Verflüssigungsdruck abhängig. Die mittlere Verdampfungstemperatur ist außerdem abhängig vom Ausmaß der Unterkühlung. Demnach ist eine Messung des Verdampfungsdrucks nicht länger ausreichend, um die mittlere Verdampfungstemperatur zu bestimmen. t1e wird als Funktion des Verdampfungsdrucks, des Verflüssigungsdrucks und der Unterkühlung definiert: t1e = f (p1, p2, Unterkühlung). Durch das Verwenden von Mittelwertdaten kann die Definition der Überhitzung falsch interpretiert werden. Die Überhitzung ist die Differenz zwischen der Temperatur am Saugeintritt des Verdichters t1 und der (Taupunkt-)Temperatur am Ende des Verdampfungsprozesses t1d. Wenn die Verdampfungstemperatur als Mittelwert definiert wird, muss zur Bestimmung der Überhitzung zuerst die Taupunkttemperatur berechnet werden: t1d = t1e + 2 (t1m – t1e). Es ist offensichtlich, dass die nicht vorhandene Korrelation zwischen der Verdampfungstemperatur und dem Verdampfungsdruck diesem Ansatz im Wege steht.

Daher liegt es nahe, dass eine Leistung, deren Bezugsgröße die Mitteltemperatur ist, zu Missverständnissen führen kann, wenn nur unzureichende Informationen vorliegen.

Bei Anwendung einer Economizer-Schaltung (Bild 4), hängt die Mitteltemperatur t´ 1m von der Austrittstemperatur des Economizers t10 ab. Somit verändert sich die Mitteltemperatur mit der Unterkühlung bei gleichem Verdampfungs- und Verflüssigungsdruck. Aus diesem Grund stellt der Bezug auf die Mitteltemperatur eine weitere Schwierigkeit für die Anwendung eines Economizers dar.

Verdichterleistung

Die Leistungsdaten für Verdichter werden in Europa und Nordamerika gemäß den Normen DIN EN 12900 bzw. ARI 540 reguliert. Die Leistungsangabe soll entsprechend dieser Normen die Kälteleistung oder den Massenstrom und die Leistungsaufnahme bei Verdampfungs- und Verflüssigungstemperatur an den Taupunkten umfassen. Die unten stehende Polynomgleichung wird in den Normen DIN EN 12900 und ARI 540 verwendet, um die Leistung der Verdichter zu berechnen:

X = C1 + C2 · (S) + C3 · D + C4 · (S2) + C5 · (S · D) + C6 · (D2) + C7 · (S3) + C8 · (D · S2) + C9 · (S · D2) + C10 · (D3)

Wobei gilt:

X ist die Kälteleistung (nur DIN EN 12900), die Leistungsaufnahme, der Massenstrom oder Strom.

S ist die Verdampfungstemperatur am saugseitigen Taupunkt.

D ist die Verflüssigungstemperatur am druckseitigen Taupunkt.

C ist ein Koeffizient.

Leistungsvergleich

Bild 5 zeigt für das Kältemittel R 407 C beispielhaft die Differenz zwischen Mittel- und Taupunkttemperatur. Damit wird nachgewiesen, wie die Verflüssigungstemperatur die mittlere Verdampfungstemperatur beeinflusst. Die beiden Linien gelten für eine konstante Verdampfungstemperatur am Taupunkt. Bild 6.1 und 6.2 zeigt die Leistungsunterschiede, die beim Verwenden der beiden unterschiedlichen Ansätze entstehen, für einen typischen Hubkolben- oder Scrollverdichterbei einer Verdampfungstemperatur von –10 °C und einer Verflüssigungstemperatur von 45 °C. Es ist ersichtlich, dass die Leistung, deren Bezugsgröße die Taupunkttemperatur ist, ca. 5 Prozent geringer ist. Es tritt jedoch kein nennenswerter Unterschied bei der Leistungszahl (COP) auf. Der Systemplaner wird die Daten durch die entsprechende Definition korrekt interpretieren. Ein Laie könnte jedoch daraus schließen, dass der Verdichter weniger Leistung liefert, wenn Taupunkttemperaturen angegeben sind – dies ist jedoch nicht der Fall.

Empfehlung für das Verwenden der Mitteltemperatur

Es wird empfohlen, die nachfolgende Methode anzuwenden, um die Taupunkttemperaturen in Mitteltemperaturen umzuwandeln. So können Leistungsdaten der Verdichter für verschiedene Kältemittel verglichen werden.

Mittlere Verflüssigungstemperatur: t2m = (t2f + t2d) / 2

Unterkühlung: Dtsub = t2f  – t5

Mittlere Verdampfungstemperatur: t1m = (t1e + t1d) / 2

Gasüberhitzung am Verdichtereintritt: tsh = (t1 – t1d)

Die obigen Temperaturumwandlungen bieten mehr als einen groben Vergleich der Verdichter-Leistungsdaten.

www.asercom.org

Fußnoten

DIN EN 12900: 2013: Kältemittel-Verdichter – Nennbedingungen, Toleranzen und Darstellung von Leistungsdaten des Herstellers

DIN EN 13771-1: 2003: Kältemittel-Verdichter und Verflüssigungssätze für die Kälteanwendung – Leistungsprüfung und Prüfverfahren – Teil 1: Kältemittel-Verdichter

ARI 540-2004: Performance Rating of Positive Displacement Refrigerant Compressors and Compressor Units (Leistungsbewertung von Verdrängerverdichtern (Kältemittel-Verdichter) und Verflüssigungssätzen)

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