Der Markt für Klimatechnik ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Dies hat mehrere Gründe. So sind die Ansprüche an Komfort ebenso gestiegen wie die Außentemperaturen und die Anzahl der Wärmequellen innerhalb von Gebäuden, wozu unter anderem elektrische Geräte und Computer gehören. Die Klimatisierung von Gebäuden insbesondere im Sommer führt zu steigendemEnergiebedarf, der heute noch zum größten Teil klassisch durch Strom gedeckt wird.
Allein in Deutschland werden mehr als 100 Mio. Kälteanlagen betrieben, die nach einer Berechnung des Instituts für Luft- und Kältetechnik (ILK) in Dresden zusammen etwa 14 Prozent des Energieaufkommens Deutschlands verbrauchen. In südlichen Ländern liegt der Energiebedarf für Klimatisierung in etwa so hoch wie der in Deutschland anfallende Bedarf für die Gebäudeheizung. In der Mittagszeit der Sommermonate ist dadurch häufig die ausreichende Versorgung mit elektrischem Strom gefährdet. Ein Teil der konventionell elektrisch betriebenen Kleinklimaanlagen ist nicht nur ineffizient, sondern wird auch mit synthetischen Kältemitteln betrieben. Diese verstärken den Treibhauseffekt und die Ozonzerstörung und wirken damit umweltschädigend.
Ein Optimum für Geldbeutel und Umwelt
Wärme aus Solarthermieanlagen kann nicht nur zur Erwärmung von Brauchwasser und zu Heizzwecken, sondern auch intelligent zur Kühlung von Gebäuden und Prozessen genutzt werden. Der Einsatz der sogenannten solaren Kühlung, also die Verwendung ungenutzter Abwärme einer Solarthermieanlage im sommerlichenBetrieb zur Erzeugung von Kälte, hilft dabei, den weltweiten Energiebedarf für die Raumklimatisierung zu reduzieren und hat deshalb weltweit ein großes Marktpotenzial. Denn in Jahreszeiten mit hohem Klimatisierungsbedarf gibt es durch die Sonne meist Wärme im Überfluss.
Gegenüber konventionellen Kälteaggregaten kann durch den Einsatz sogenannter Adsorptionskältemaschinen bis zu 80 Prozent des Stroms eingespart werden. Zudem nutzen die Adsorptionsaggregate von SorTech keine klimaschädlichen Kältemittel, sondern reines Wasser als Kältemittel. Das verringert nicht nur die Betriebskosten, sondern schont auch die Umwelt. Durch die Einsparung des Stroms und den Verzicht auf synthetische Kältemittel wird ein Beitrag zur Erreichung der weltweiten Klimaschutzziele geleistet.
Zudem werden die Komponenten der Solaranlage, wie Speicher und Kollektoren, dadurch auch im Sommer besser ausgelastet und vor Überhitzung und Überlastung geschützt. Und das verlängert die Lebensdauer der Anlage und erhöht deren Wirtschaftlichkeit. Auch aufgrund der Vielzahl dieser positiven Effekte wird die solare Kühlung vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA, http://www.bafa.de ) staatlichgefördert. So werden Solarthermieanlagen auf Bestandsgebäuden (im Bereich der Innovationsförderung auch auf Neubauten), die zur Raumheizung, Warmwasserbereitung oder zur solaren Kälteerzeugung eingesetzt werden, bezuschusst mit bis zu 50 Prozent der Kosten der Solarthermieanlage.
Adsorption ein cooles Verfahren
Schon in der Vergangenheit wurden thermische Kälteanlagen eingesetzt, die anstatt Strom Wärmeenergie nutzten, um Kälte zu erzeugen. Doch bisher ergaben sich wirtschaftliche Einsatzmöglichkeiten in der Regel nur bei hohen Antriebstemperaturenvon über 90 °C und hohen Kälteleistungen von mehr als 50 kW. Dabei arbeiteten die Aggregate im Absorptionsverfahren meist mit Lithiumbromid oder Ammoniak als synthetischem Kältemittel. Mit Absorptionskälteaggregaten waren jedoch weder eine Nutzung von Niedertemperaturwärme noch der Einsatz für geringe Kälteleistungen möglich.
Die SorTech AG mit Sitz in Halle/Saale, die 2002 aus dem Fraunhofer ISE ausgegründet worden war, entwickelte erstmals Aggregate, die zur Kälteerzeugung das Adsorptions- statt dem Absorptionsverfahren einsetzen. Dabei werden nicht Strom, sondern überschüssige Wärme im Temperaturbereich von 55 bis 95 °C sowie reines Wasser als Kältemittel genutzt und das mit hervorragenden Leistungsdaten. So lassen sich die Betriebskosten sowie der CO2-Ausstoß im Vergleich zu strombetriebenen Kältean-lagen um durchschnittlich bis zu 80 Prozent reduzieren.
Weltweit sind über 500 energiesparendeund umweltfreundliche Adsorptionskälteaggregate von SorTech für den kleinen und mittleren Kühlbedarf im Einsatz. Dabei legt man großen Wert auf die enge Zusammenarbeit mit Planern, Installateuren und Fachbetrieben für Heizung, Kälte und Klima, um Kundenanforderungen individuell und passgenau erfüllen und eine reibungslose Integration ermöglichen zu können. Ein Aggregat ist kein Produkt von der Stange, sondern kann individuell angepasst und mit ergänzenden Komponentenzu einer bedarfsoptimalen Gesamtlösung kombiniert werden. Unser Ziel ist es, unseren Partnern dabei zu helfen, mit unserer Technik ihre eigenen Lösungen besonders effizient umzusetzen, ohne die eigene Wertschöpfung zu reduzieren. So bieten wir individuelle Anpassungen und maßgeschneiderte Lösungen an und ermöglichen unseren Partnern damit eine maximale Flexibilität, erklärt Walter Mittelbach, Vorstand der SorTech AG, die Unternehmensstrategie.
Kälteaggregate von SorTech eignen sich nicht nur in Kombination mit solarthermischen Anlagen, sondern auch mit Nah- und Fernwärmenetzen, Brennstoffzellen, Blockheizkraftwerken (BHKW) und industrieller Abwärme zur betriebskostenoptimierten und umweltfreundlichen Kühlung von Ein- und Mehrfamilienhäusern, Büro- und Gewerbeeinheiten sowie industrieller Prozesse.
Referenzprojekt Städtische Wohnungsbau GmbH Sangerhausen (SWG)
Ein Beispiel für den umweltfreundlichen und kostengünstigen Einsatz einer Klimatisierung in Kombination mit einer thermischen Solaranlage befindet sich in Sachsen-Anhalt. Im Zuge der Sanierung der Bergmannssiedlung in Sangerhausen wurden auf den Südwestseiten von drei Wohnblockeinheiten jeweils thermische Solardachflächen zwischen 165 m2 und 320 m2 Größe installiert, und zwar direkt als Dachhaut. Diese Solarthermiedächer stellen zu einem gro-ßen Teil die Wärme für Heizung und Warmwasser der Wohnanlage zur Verfügung.
Alle Wohnungen wurden bei der Sanierung mit Fußbodenheizungen, Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung sowie mit Warmwasseranschlüssen für Waschmaschinen und Geschirrspülmaschinen ausgerüstet, um die vorhandene Solarenergie möglichst effizient zu nutzen. Trotzdem konnte im Sommer nicht die komplette zur Verfügung stehende Wärme genutzt werden, weil dann in der Regel nicht geheizt wird und auch der Bedarf an Warmwasser geringer ist. Bei der Suche nach einer Möglichkeit, die überschüssige Wärme aus der Solarthermieanlage sinnvoll zu nutzen, stießen die Betreiber auf das Konzept der solaren Kühlung. Damit kann die solarthermische Anlage nun auch im Sommer effizient betrieben werden. Zudem wird keine konventionelle Energie zur Klimatisierung benötigt, was Kosten einspart.
Im dritten Bauabschnitt kamen daher Adsorptionskälteaggregate von SorTech zum Einsatz. Zwei Aggregate ACS15 kühlen im Wohngebäude Am Bergmann 16Wohneinheiten mit einer durchschnittlichen Grundfläche von 70 m2 auf angenehme Temperaturen. Selbst im Hochsommer kann die Temperatur in den Wohnungen relativ konstant auf 22 °C bis 23 °C gehalten werden im konkreten Fall bei einer Vorlauftemperatur von minimal 19 °C. Niedrigere Vorlauftemperaturen von bis zu 6 °C sind mit den Aggregaten des Herstellers und entsprechenden Kälteverteilsystemen jedoch ebenfalls umsetzbar.
Die Vorzüge aus Sicht eines Solar-Fachbetriebs
Vorteil der Adsorptionskälteaggregate von SorTech ist nicht nur ihre kompakte Bauweise, sondern auch die geringe Vorlauftemperatur, die die Solaranlage leisten muss, um den Kühlprozess aufrechtzuhalten und ein Höchstmaß der Solarwärme zu nutzen.
Was uns an dem Konzept besonders überzeugt hat, waren neben der innovativen Technik die Zusammenarbeit bei der Konzeption einer möglichst optimalen Gesamtlösung für die SWG. Zudem kann man mit den Kältemaschinen nicht nur kühlen, sondern diese in der Heizperiode auch als Wärmepumpen verwenden. Mit dieser Variante kann auch aus geringen Solarkollektortemperaturen noch nutzbare Heizwärme generiert werden. So beschreibt Steffen Froehlich, Inhaber von Sonnen-Froehlich Solar und alternative Energiesysteme aus Dessau, das realisierte Projekt. -
Und das wollte die KK-Redaktion zusätzlch von André Weiß erfahren
KK: Ab welcher Kälteleistung lässt sich eine solche Lösung rationell einsetzen?
André Weiß: Kälteleistungen ab 4 bis 150 kW sind sinnvolle Größenordnungen für den Einsatz von Adsorptionsaggregaten. Bei Kälteleistungen über 150 kW eignen sich hingegen Absorptionsaggregate oft besser, sofern die Antriebstemperaturen der Wärmequelle hoch genug sind. Die kleinste wirtschaftliche (Verhältnis der Herstellkosten zur Kälteleistung) Adsorbergröße liegt bei ca. 4 kW.
KK: Wie groß ist die Kälteleistung beim SWG-Projekt?
André Weiß: Die Kaltwasser-Vorlauftemperatur in die Kälteverteilung beträgt 19 °C, wodurch bei Außentemperaturen von 32 °C noch eine Kälteleistung von 42 kW bereitgestellt wird. Bei niedrigeren Außentemperaturen steigt die Kälteleistung auf bis zu 46 kW. Bei Außentemperaturen von 40 °C wird eine Kälteleistung von 20 kW zur Verfügung gestellt. Aufgrund der thermischen Masse des Fußbodens, die durch die Fußbodenheizung aktiviert wird und durch die der Fußboden als Kältespeicher arbeitet, ist die Leistung der Adsorptionsaggregate selbst bei hohen Außentemperaturen noch mehr als ausreichend.
KK: Wie hoch waren die Kosten der Lösung beim SWG-Projekt in etwa?
André Weiß: Die Investitionssumme in die Kälteaggregate inkl. Pumpengruppen für die drei Wasserkreisläufe belief sich auf 45000 Euro. Die Investition in die notwendigen Rückkühler betrug etwa 10000 Euro. Lieferung, Installation, Montage und In-betriebnahme schlugen nochmals mit ca. 5000 Euro zu Buche. Der Gesamtinvest für die Kälteanlage lag somit bei 60000 Euro.
KK: Welche Laufzeiten der Adsorptionskältemaschinen sind aus Ihrer Sicht für einen wirtschaftlichen Betrieb erforderlich?
André Weiß: Bei einer Kühldauer ab 1 500 Jahresstunden wird das Projekt sinnvoll, mehr als 2500 Jahresstunden bewirken einen schnellen Return-on-Invest (ROI).
KK: Im Wohnungsbau liegen die Volllast-Kühlstunden in Mitteleuropa zum Teil unter 200 Stunden. Ist auch hier der Einsatz Ihrer Systeme noch sinnvoll?
André Weiß: Aus ökologischer und ergonomischer Sicht ist das der Fall. Denn es werden oft etwa 80 Prozent Strom und CO2 gespart und es wird der Wohnkomfort verbessert. Aus wirtschaftlicher Sicht rechnet sich ein solches System leider erst langfristig, denn selbst bei hohen Stromkosten würde es sich oft erst nach 15 Jahren amortisiert haben.
KK: Welche Lösungen haben Sie für den Fall, dass Kühlkapazität und Kühlbedarf nicht übereinstimmen?
André Weiß: In diesem Fall installiert man häufig Hybrid-Lösungen, bestehend aus Adsorptionsaggregaten und klassischen, stromangetriebenen Kälteaggregaten. Die Kombination thermisch/elektrisch kann als Kaskade oder als Anlagenverbund ausgeführt werden. Weiterhin kann man mit Heiß- oder Kaltwasserspeichern arbeiten, wenn ein zeitlicher Versatz zwischen Wärmegestehung und Kälteerzeugung vorliegt (Vorproduktion von Kaltwasser).
Da die Wärmequelle oft der limitierende Faktor für die Kälteleistung ist (COPth liegt im Durchschnitt zwischen 0,55 und 0,65), kann aufgrund fehlender Antriebswärme in vielen Projekten die Kältelast nicht gedeckt werden die Hybridlösungen sind daher sehr verbreitet. Weiterhin werden Adsorptionsaggregate aus wirtschaftlichen Gründen primär auf Laufzeit ausgelegt, also auf maximale Grundlastabdeckung hin. Die integrierten stromangetriebenen Kälteaggregate sorgen so für eine Differenzlastabdeckung, aber auch für eine Spitzenlastabdeckung, und können als Backup (Redundanz) zur Verfügung stehen, was das Gesamtsystem flexibler gestaltet.
Darüber hinaus kann man durch geschickt konzipierte Kälteverteilsysteme, die beispielsweise die thermische Masse eine Gebäudes aktivieren, Differenzen zwischen Kälteleistung und Kältelast gut abfangen.
KK: Wie groß sollte der solare Deckungsgrad für eine solare Kühlung sein?
André Weiß: Es sollte versucht werden, eine maximale Grundlast zu decken. Als sinnvoll haben sich oft 80 Prozent der Kältelast herausgestellt.
KK: Vielen Dank für das Gespräch!
André Weiß
Leiter Geschäftsfeldentwicklung der SorTech AG, Halle (Saale)