KK: Der Einsatz von R 22 zu Wartungs- Reparaturzwecken wird zwar ab dem 1. Ja-nuar 2015 verboten, aber dennoch sind noch einige mit R 22 betriebene Anlagen in Verwendung. Wie viele R 22-Anlagen gibt es Ihrer Meinung nach noch in Deutschland? Welches Kältemittel würden Sie als nächsten Ersatz für diese R 22-Anlagen vorschlagen? Wie viel kostet der Betrieb einer ursprünglich für R 22 konzipierten Anlage mit einem neuen Kältemittel? Wie umfangreich wird R 22 weltweit noch verwendet?
Amrhein: Wir können die Gesamtzahl der R 22-Anlagen nicht schätzen, haben aber bereits ein Angebot zum Ersatz dieses Mittels: R 407 F oder Genetron Performax LT entspricht R 22 in mehreren Aspekten. Der Vorteil von R 407 F liegt klar auf der Hand – es entspricht den Anforderungen der F-Gase-Verordnung und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, die für R 22 konzipierte Anlagentechnik zu verwenden. Somit halten sich die Gesamtinvestitionen für die Umrüstung im Rahmen.
KK: Mit dem Trend hin zur Suche nach Ersatz für R 404 A entsteht auch die Nachfrage nach alternativen Kältemitteln. Was hat Honeywell hierfür zu bieten (z. B. R 407 F)?
Amrhein: Das hängt vom Einsatzbereich ab: Wir glauben, dass Honeywells Genetron Performax LT für die Umrüstung von Supermärkten die beste Alternative ist. So können die Nutzer die F-Gase-Verordnung einhalten, ihre Stromkosten senken, mehr Effizienz erzielen und bewährte, sichere Produkte verwenden. Bei fluorierten Kältemitteln zu bleiben, ist sehr empfehlenswert – Mitarbeiter müssen nicht extra geschult werden, die Technik muss nicht komplett getauscht werden, wodurch der Umstieg über Nacht und ohne Unterbrechung des Geschäftsbetriebs erfolgen kann – somit handelt es sich quasi um einen 1:1-Ersatz.
Für Kaskadensysteme oder Lösungen, die sich nur für gemäßigte Temperaturen eignen, haben wir andere Mischungen, etwa Solstice N13, das wir derzeit auf den Markt bringen und das einen erheblich geringeren GWP-Wert aufweist als aktuelle Lösungen mit 134 a. Es sind aber noch weitere Alternativen mit geringerem GWP-Wert in Entwicklung, die ersatzweise für R 404 A eingesetzt werden können. Diese werden jedoch vorrangig in anderen Marktsektoren zum Einsatz kommen.
KK: Wenn Sie einen Blick in die Kristallkugel werfen: Es werden künftig weniger chemische Elemente für den praktischen Einsatz zur Kombination mit wirksamen Kältemitteln zur Auswahl stehen. Welche Optionen gibt es somit noch für die Entwicklung eines unbrennbaren und ungiftigen Kältemittels?
Amrhein: Die F-Gase-Bestimmung schreibt langfristig vor – d. h. ab 2022 – Kältemittel einzusetzen, die einen GWP-Wert von maximal 150 aufweisen. Es gibt neben Um-welt- und Sicherheitsaspekten eine Reihe von Kriterien, die erfüllt werden müssen, etwa Leistung, Kompatibilität und Effizienz. Bei unserer Solstice-Reihe haben wir Schlüsselmoleküle mit einem GWP von 1 oder weniger entwickelt. Die Eigenschaften dieser Moleküle gehen weit über die geforderten Umweltanforderungenhinaus, und sie sind zudem sicher und ungiftig. Weiterhin ermöglichen sie uns die zukünftige Entwicklung neuer Mischungen, die andere branchenspezifische Anforderungen erfüllen können.
Was das Brennbarkeitspotenzial angeht, ist nicht nur das Kältemittel relevant, sondern auch das System an sich. In letzter Zeit gab es eine Reihe von Vorfällen, bei denen sogenannte natürlicheKältemittel aufgrund des extrem hohen Drucks, unter dem sie betrieben werden, Probleme bereitet haben. Daher ist nicht nur die Brennbarkeit maßgeblich. Die Branche steht an einem Wendepunkt: Um den künftig strengen Anforderungen zu entsprechen, haben wir uns nun auf die Kältemittelkategorie A2L ausgerichtet. A2L steht für relativ geringe Entflammbarkeit und birgt ein deutlich geringeres Risiko als die derzeit verwendeten Kohlenwasserstoffe (beispielsweise R 290), die ebenfalls bereits in Supermärkten zum Einsatz kommen.
KK: Gibt es, abgesehen von den gängigen Kältemitteln, völlig neue Stoffe, die sich für Kältemittel eignen? Wie sieht der derzeitige Forschungsstand hinsichtlich neuer chemischer Elemente zur Entwicklung effizienter Kältemittel aus? Wie sieht die Zukunft von Fluor aus?
Amrhein: Honeywell hat erheblich in F & E investiert und wird dies auch weiterhin tun, um stets die besten Lösungen für die Branche zu bieten. Ein Ergebnis dieser Bemühungen, das sich bereits heute zeigt, ist die neue Solstice-Produktreihe, die nächste Generation umweltfreundlicher Kältemittel.Natürlich optimieren wir ständig unser Portfolio, um die Anforderungen des Marktes, der Gesetzgebung und der Kunden zu erfüllen. Wir sind davon überzeugt, dass wir mit den derzeit entwickelten Produkten entsprechende Lösungen bieten können.
Kurzfristig muss mit einer extremen Einschränkung der Verfügbarkeit von R 404 A gerechnet werden.“
Die Zukunft der Fluor-Chemie ist, wie wir es bei der 4. Produktgeneration sehen, eine neue Klasse von Kälte- und Treibmitteln, die sogenannten Hydrofluorolefine, HFO, mit extrem niedrigem GWP-Wert. Diese Produkte unserer Solstice-Produktfamilie stellen eine einzigartige Kombination aus Effizienz, Umweltfreundlichkeit, Kosten und Sicherheit dar.
Wir können nur davor warnen, wie es derzeit geschieht, den Empfehlungen zu folgen, die Systeme weiterhin mit 404 A zu betreiben und später auf eine Komplettumrüstung der Supermärkte zu setzen. Dies bringt nicht nur extrem hohe Kosten bei der späteren Umrüstung mit sich, aber auch kurzfristig muss damit gerechnet werden, dass die Verfügbarkeit von 404 A extrem eingeschränkt und daher teuer werden wird.
KK: Welche sind die Vor- und Nachteile von R 407 F, wenn man es mit anderen natürlichen Kältemitteln vergleicht?
Amrhein: Mehrere Fallstudien zeigen, dass R 407 F (Genetron Performax LT) bis zu 15 Prozent energieeffizienter ist als R 404 A, zudem kann es die Kohlendioxid-Emissionen um bis zu 40 Prozent verringern. Sein Treibhauspotenzial (GWP) beträgt 1,824, was um rund 53 Prozent weniger ist als jenes des marktgängigen R 404 A (GWP von 3,922), aber auch weniger als bei jeder anderen HFC-Alternative, die in der gewerblichen Kälte zum Einsatz kommt. Im Vergleich mit transkritischen CO2-Systemen, ist R 407 F nicht nur energieeffizienter und einfacher in der Handhabung, sondern es erfordert auch deutlich geringere finanzielle Investitionen, vor allem bei einer umgerüsteten Anlage.
Kälteanlagen müssen nicht ausgetauscht werden, um Performax LT zu verwenden. Es reichen geringfügige Anpassungen, um R 407 F problemlos bei bestehenden Systemen zu verwenden. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass R 407 F die Leistung des Systems um mehr als 4 Prozent verbessert, was bedeutet, dass Kompressoren mit weniger Aufwand dieselbe Kühlwirkung erzielen und somit die Lebensdauer verlängert wird. Was besonders wichtig ist: R 407 F wurde von bedeutenden Herstellern von Kompressoren, Ventilen und sonstigen Bauteilen zugelassen, und die Handhabung bleibt für herkömmliche Techniker und Auftragnehmer praktisch gleich, wodurch eine sichere Handhabung bei nur geringfügigen Änderungen möglich ist.
R 407 F zählt im Vergleich mit anderen Alternativen zu den Mitteln mit dem geringsten TEWI-Kennwert (Total Equivalent Warming Impact). Durch die Energieeinsparungen und den geringeren GWP trägt das Produkt in zweierlei Hinsicht zum Umweltschutz bei: Es verringert sowohl die direkten als auch die indirekten Emissionen. Die Erweiterung des Einsatzbereichs bestehender Geräte bewirkt Einsparungen beim Kauf und schont gleichzeitig die Umwelt, und durch seine Nicht-Brennbarkeit sowie den geringen Betriebsdruck ist R 407 F sicher. Dank dieser Einsparungen ist die Amortisationszeit bei Umrüstungen kurz. Dazu kommt, dass die Technologie vollständig von Honeywell, dem weltweit führenden Akteur im Bereich der Kältetechnologie, unterstützt wird.
KK: Aus welchen Kältemitteln setzt sich R 407 F zusammen und in welcher Zusammensetzung? Wie hoch ist der GWP- und ODP-Wert und welche Sicherheitsstufe wurde diesem Mittel zugeordnet?
Amrhein: Vielen Dank, dass Sie diese wichtige Frage aufwerfen. R 407 F ist ein Gemisch, welches die Ozonschicht nicht schädigt. Was die Sicherheit angeht, handelt es sich um eine nicht brennbare, ungiftige Mischung aus 30 Prozent R 32, 30 Prozent R 125 und 40 Prozent R 134 a. Der GWP von R 407 F liegt mit 1,824 um 53 Prozent unter jenem von R 404 A.
KK: Arbeitet Honeywell generell auch mit natürlichen Kältemitteln? Falls ja, welches ist hierbei das Kältemittel Ihrer Wahl?
Amrhein: Die sogenannten natürlichen Kältemittel weisen unter gewissen Bedingungen Einschränkungen auf, etwa hinsichtlich Toxizität (Ammoniak), Brennbarkeit (Kohlenwasserstoffe) oder auch verringerte Effizienz bei hohen Umgebungstemperaturen (R 744, oder CO2).
Wir sind uns dessen bewusst, dass natürliche Kältemittel in einigen Anwendungen gewisse Vorteile bieten, während viele der aktuellen HFCs mit hohem GWP-Wert eine wegen der F-Gase-Verordnung nur noch beschränkte Lebensdauer haben. Allerdings zeigen sich dort, wo Technologien schnell auf den Einsatz unserer Solstice-Produkte abgestimmt werden, dass geringere Gesamtkosten und weiterhin auch mehr Energieeffizienz möglich sind.
KK: Unter welchen Bedingungen sollte sich ein Unternehmen gegen ein natürliches Kältemittel entscheiden (vorgesehener Einsatzbereich usw.)?
Amrhein: Es gibt Anwendungen, bei denen sogenannte natürliche Kältemittel erfolgreich eingesetzt werden können, und zwar ohne Bedenken hinsichtlich Sicherheit, Effizienz, Komplexität oder Kosten. Auch der Standort ist ein wesentlicher Aspekt bei der Wahl eines Kältemittels. So können etwa Einsatzgebiete in der Öffentlichkeit und/oder hohe Umgebungstemperaturen Probleme hinsichtlich der Sicherheit und Effizienz bewirken. Der Großteil der heute marktüblichen Anwendungen eignen sich nach wie vor am besten für Produkte wie R 407 F, bei dem diesbezüglich kein Grund zur Sorge besteht.
Wir sind überzeugt, dass fluorierte Kälte-mittel wie Genetron Performax LT (R 407 F)und Solstice LGWP für den Kunden geringere Kosten, mehr Sicherheit und mehr Ener-gieeffizienz bedeuten und aufgrund ihrer geringeren technischen Komplexität einfacher in der Handhabung und Wartung sind.
KK: Vielen Dank für das Gespräch!