KK: Herr Kühl, Ihr Beitrag zum Performanceanalyser PA-Pro von ClimaCheck bringt sehr optimistisch zum Ausdruck, dass die Ermittlung der Gütegradparameter von Kälteanlagen mit diesem Gerät leicht möglich sei. Entspricht das wirklich der Realität und wie ist die Vorgehensweise im Einzelnen?
Kühl: Die COP-Ermittlung erfolgt genauso, wie es der Techniker bisher auch schon macht, aber es gehören einige Voraussetzungen dazu: Drücke und Temperaturen werden gemessen, allein dies benötigt ein enormes Fachwissen, thermische Entkopplung der Drucktransmitter und natürlich sehr gute Drucktransmitter, exaktes Anlegen der Temperaturfühler sowie eine kenntnisreiche Platzierung der Fühler. Mit den so gewonnenen Messwerten ermittelt der Techniker die zugehörigen Enthalpien. Aus den Enthalpiewerten lässt sich der COP leicht berechnen. Dies erfolgt aber oft zu einem späteren Zeitpunkt. Einer der besonderen Vorteile des Systems liegt darin, dass alle Werte sofort errechnet werden und die Berechnung mit sehr genauen Berechnungsformeln erfolgt.
KK: Für den COP benötigt man aber die innere Enthalpie des Verdichters oder den isentropen Gesamtgütegrad. Messen kann man aber nur die äußere Enthalpiedifferenz des Verdichters. Wie löst man dieses Problem?
Kühl: Das erfolgt über die thermischen Verluste des Verdichters. Die Energiebilanz ist in meinem KK-Beitrag genannt: Kälteleistung plus Antriebsleistung minus thermische Verluste ergibt die Verflüssigerleistung. In dieser Gleichung sind einzig die thermischen Verluste nicht direkt messbar. Diethermischen Verluste des Verdichters können in der Tat sehr unterschiedlich sein. Wird der Verdichter zusätzlich mit Luft, Wasser, Kältemittel oder Öl gekühlt, muss dies berücksichtigt werden. Deswegen wird hinter dem System natürlich noch ein Fachmann benötigt, der gewisse Dinge evaluiert und das Gerät für die Messung feinjustiert. Mit Erfahrung kann man die thermischen Verluste ausreichend genau abschätzen.
KK: Können Sie bitte noch einen Hinweis zur richtigen Ermittlung des thermischen Verlusts geben?
Kühl: Um die thermischen Verluste unter Praxisbedingungen zu ermitteln, kann man den Verdichter kurzzeitig isolieren, so dass der Verdichter theoretisch keine thermischen Verluste hat. Selbstverständlich müssen die zulässigen Einsatzgrenzen des Verdichters beachtet werden. In den Softwareeinstellungen wird der thermische Wirkungsgrad auf z. B. 98 % gesetzt. Softwareeinstellung und tatsächliche thermische Verluste stimmen jetzt näherungsweise überein. Es steigt die Verdichtungsendtemperatur, da die auf das Kältemittel übertragene Energie ansteigt. Die Software ermittelt die entsprechenden Werte. Nachdem die zusätzliche Verdichterkühlung wieder zugeschaltet wurde, korrigiert man in den Softwareeinstellungen den Faktor für den thermischen Gütegrad des Verdichters so, dass der isentrope Gütegrad mit Kühlung dem ohne Kühlung entspricht.
KK: Herr Kühl, vielen Dank für diese ergänzenden Ausführungen. Bei der Verdichterentwicklung muss man aber viel tiefer in die Verlustbestimmung einsteigen. Da benötigt man die vielen Einzelverluste und kommt um eine Massenstrommessung nicht herum. Sehen Sie das auch so?
Kühl: Ich sehe den Haupteinsatz nicht im Labor, wo Messwerte produziert werden sollen, die über jeden Zweifel erhaben sind. Solche Daten werden unter Laborbedingungen generiert, bei denen hochqualifizierte Prüfingenieure intensiv unter besten Laborbedingungen mit bester technischer Ausstattung in vielen Versuchsreihen Messwerte erfassen und nach allen Regeln der Kunst kritikfest berechnen und auswerten.
Ich sehe die Hauptanwendung in der beruflichen Praxis, im mobilen Einsatz bzw. im fest verbauten Zustand zur ständigen Anlagenüberwachung. Ich sehe den erfahrenen Kältemonteur und Servicetechniker, Kältemeister bzw. Kälteingenieur, der mit Monteurhilfe, Multimeter und Temperaturmessgeräten loszieht und Kälteanlagen repariert, Inbetriebnahmen macht, Anlagen für die Kältemittelumstellung beurteilt oder für Energieeffizienzverbesserungsmaßnahmen untersucht. Diese haben jahrelange und wertvolle Erfahrungen gesammelt. Mit diesem Gerät steht diesen Spezialisten eine neuartige Entscheidungsgrundlage zur Verfügung, die ihnen ganz andere Gedankengänge und Schlussfolgerungen ermöglicht. Ich bin überzeugt, dass dieses Messgerät vielen Kältefachleuten zu neuen Erkenntnissen und Erfahrungen verhilft. -