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Interview beim Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin

Jahresarbeitszahlvereinbarung nur mit Beratung

Schmitt: Wie kam es zur Ausarbeitung der Checkliste und der Vereinbarung für eine Mindestjahresarbeitszahl? Was war die Initi­alzündung?

Krawinkel: Einerseits ging es um eine Standortbestimmung zum Thema Wärmepumpe. Hier werden von den Beratern und den Verbraucherzentralen die verschiedensten Standpunkte vertreten. Nun kommen aber Ratsuchende oft mit Angeboten in der Hand und wollen wissen, welches Angebot das beste ist. „Was soll ich nehmen?“ Andererseits kommen aber auch die unzufriedenen Kunden, wenn die Anlage eingebaut ist und nicht richtig funktioniert. Es bestand also einfach der Wunsch, die Jahresarbeitszahl mehr in den Fokus zu rücken.

Gerade Luft-Wärmepumpen werden noch und nöcher feilgeboten. So kommen die Kunden mit den verschiedenen Ver­trägen zur Verbraucherberatung und fragen, ob das o.k. ist, ob die Anlage mit den entsprechenden Parametern funktioniert. Das war der entscheidende Punkt, warum wir dieses Papier entworfen haben. Wir wollen nicht gegen Wärmepumpen argumentieren, sondern die Effizienz von Wärmepumpenanlagen beleuchten und erklären, um die einzelnen Faktoren auf­zugreifen, die eine Anlage gut oder schlecht machen sowohl bei der Installation als auch im Betrieb.

Schmitt: Es ist aber schon ein wenig erstaunlich, dass dies der einzige Sektor im Gebäudebereich ist, in dem es eine Art Leistungsgarantie gibt. Für Brennwertkessel z.B. kennt man das nicht.

Krawinkel: Das ist richtig, aber auch das ist ein schönes Thema und wir sind da dran. Wir werden als nächstes Projekt etwas zu Brennwertgeräten machen und dort den Kondensatablauf ermitteln, um zu sehen, wie es mit der Brennwertnutzung steht. Die Geräte sind jedoch für Ratsuchende einfacher zu verstehen, während eine Wärmepumpe Vielen auf den ersten Blick nicht so zugänglich erscheint und deshalb mehr Beratungsbedarf besteht es können auch deutlich mehr Fehler bei der Installation gemacht werden.

Vorländer: Eine Untersuchung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bezog sich auf unlautere Werbeversprechen. Ist das parallel gelaufen oder war dies Teil der Erkenntnisgewinnung?

Materne: Das waren drei Punkte unserer Wärmepumpenkampagne. Punkt 1 war die Preisrecherche, die von mir durchgeführt wurde. Dabei wurden Wärmepumpenangebote einfach in Bestandteile zerlegt und die Preise gemittelt, um zu sehen, welche Durchschnitts­preise sich z.B. für Luft-Wärme­pumpen usw. ergeben. Als Zweites kam die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen mit der Untersuchung über unlautere Werbeaussagen mit dem Ziel, die Technik vor Misskredit zu schützen, der durch falsche Behauptungen entstehen kann. Der 3. Schritt war schließlich die Vereinbarung für die Jahresarbeitszahl plus unsere Checkliste für die Wärmepumpe, die man bei uns von der Internetseite herunterladen kann. Allerdings kann man die Vereinbarung nicht herunterladen, weil dazu eine Beratung stattfinden sollte. Die ist also nur mit einer Energieberatung erhältlich.

Schmitt: Sicher tut es der gesamten Branche nicht gut, wenn den Kunden in Hochglanzprospekten das Blaue vom Himmel versprochen wird und hinterher nur die Hälfte stimmt. Rein thermodynamisch gesehen ist jedoch der kritische Punkt der, dass die Jahresarbeitszahl nun einmal sehr stark auch vom Nutzerverhalten abhängt2). Die gesamte Beweislast auf den Installateur abzuwälzen, ist dabei sicher auch nicht die richtige Lösung.

Materne: In einem Punkt haben Sie vollkommen recht, aber es sind zwei verschiedene Dinge. Zunächst einmal ist das ein Ansatz, um mehr Transparenz zu schaffen. Natürlich ist das Verbraucherverhalten wichtig, aber auch bestimmte andere Dinge wie der hydraulische Abgleich oder die Qualität der Sonde usw. Die ganze Anlage muss einfach ordentlich installiert sein. Wir haben nun klar gesagt, was der Handwerker von sich aus tun kann. Ebenso kann der Handwerker umgekehrt auch ganz deutlich sagen: „Ich kann diese konkrete Zahl zusichern, aber dann musst du, Kunde, auch bestimmte Dinge einhalten.“

Wir sind uns der Problematik durchaus bewusst, dass ein Download, wenn er nicht an eine Beratung gekoppelt ist, sich rasend schnell verbreitet und die Gefahr besteht, dass weder der Kunde noch der Handwerker wissen, was sie damit sinnvoll machen können. Wenn nun aber die Herausgabe der eigentlichen Vereinbarung mit einer Beratung gekoppelt ist, ist dem Kunden, der in die Beratung gekommen ist, zumindest klar, wie er die ganze Sache einzuschätzen hat. Also von daher ist das eine Vorsichtsmaßnahme gewesen, um der Kritik ein Stück weit vorzubeugen. Letztlich können die Kunden durch die Beratung viel fach­kundiger beurteilen, was da passiert. Wir wollen einfach beide sensibilisieren: den Handwerker und den Kunden.

Wärmepumpensysteme reagieren sehr viel sensibler auf bestimmte Fehler, auf Installationsfehler, aber natürlich auch auf das Nutzerverhalten. Deswegen muss man auch in zwei Richtungen Aufklärungsarbeit betreiben: Man muss einerseits sagen „Handwerker, du musst hier sorgfältig arbeiten, die Wärmepumpe ist nicht für jeden Einsatzfall wirklich geeignet, die kann man nicht überall einfach so einbauen.“ Und man muss dem Kunden auch klarmachen, „du hast hier eine wesentlich größere Streuung, wenn du dich so oder so verhältst.“

Vorländer: In einem Aktenvermerk, der uns vorliegt, werden Sie, Herr Dr. Krawinkel, mit der Aussage zitiert, Sie hätten das Gefühl, die bisherige Lösung sei nicht justiziabel. Das würde ja bedeuten, man muss da noch mal ran. Ist hier etwas in der Entwicklung?

Krawinkel: Ja, genau deshalb sprechen wir ja mit den Branchenverbänden. Sinnvoll ist, um juristische Unklarheiten zu vermeiden, dass die Jahresarbeitszahlvereinbarung ergänzt wird um eine Nutzervereinbarung. In dieser schließen Handwerker und Kunde vertraglich aus, dass eine falsche Nutzung der Wärmepumpe durch den Kunden zu einer Verringerung der Jahresarbeitszahl führt. Wir bieten den Verbänden an, bei einer solchen Nutzervereinbarung mitzuwirken.

Vorländer: Wie ist der Stand der Gespräche? Können Sie dazu schon etwas sagen?

Krawinkel: Bisher gab es einen Austausch von Unterlagen. Und der BWP ist wohl gerade dabei, die Checkliste, die bei uns heruntergeladen werden kann, zu bearbeiten und uns Ergänzungen zu schicken, die wir dann auch einarbeiten werden.

Schmitt: Da drängt sich natürlich die Frage auf, warum man die Gespräche erst jetzt führt und nicht vorher. Diese Checkliste ist ja nicht von einem Tag auf den anderen entstanden. Sie haben da ja viel Arbeit und viele Überlegungen hineingesteckt. Es gibt doch aber auch die Verbände und den BWP, die sich mit der Thematik auskennen. Warum hat man sie nicht gleich mit ins Boot genommen?

Krawinkel: Ich denke, das ist so ein klassisches Henne-Ei-Problem. Wir haben das eben jetzt so angefangen. Die Frage ist jedoch, ob die Vereinbarung ohne unsere Initiative nur zwei Seiten umfasst hätte und in der kurzen Zeit erstellt worden wäre.

Schmitt: Ich sehe durchaus die Vorteile, die sich aus Ihrem Vorpreschen ergeben. Die Frage ist jetzt nur, ob es nicht zu einer gewissen Verunsicherung der Verbraucher kommt, wenn es z.B. in einem Jahr eine überarbeitete Fassung gibt, in der in einigen Punkten etwas zurückgerudert wird.

Krawinkel: Das müssen wir jetzt abwägen. Wir sind auf die Branche zugegangen bzw. die Branche auf uns. Nun wollen wir hinterher auf jeden Fall eine für alle Seiten noch bessere Lösung haben. Eine Verunsicherung der Verbraucher wollen wir sicher auch nicht. Aber ich denke, damit werden wir alle so verantwortungsbewusst umgehen, dass dies möglichst vermieden wird. Die Vereinbarung muss schon kurz und knackig bleiben, um das klarzumachen. Ergänzen muss man z.B. die Frage des Nutzerverhaltens und dessen Einfluss. Das ist aber auch das, was wir von der Branche erwarten, und dann kann es meines Erachtens relativ schnell gehen, ohne dass es eine zusätzliche Verunsicherung geben muss.

Schmitt: Das Thema Wärmepumpen ist ja durchaus ein Querschnittsthema: Da sind die Kälteanlagenbauer, die SHK-Leute und die Elektroinstallateure, die sich alle der Wärmepumpe angenommen haben. Konnten Sie bisher bei der Ausführungsqualität branchenspezifische Unterschiede feststellen? Das ist doch sicherlich hinsichtlich der Ausbildung gerade auch in den Gesprächen mit den Verbänden ein interessanter Punkt.

Materne: Das ist eine gute Frage, aber ich kann Ihnen aktuell noch nicht sagen, ob die Anzahl der Rückläufer aus den Wärmepumpenberatungen und die praktischen Erfahrungen, die mit der Vereinbarung gemacht wurden, ausreichen, um schon eine belastbare Aussage zu machen. In einem Jahr wissen wir sicher mehr.

Vorländer: Wenn wir also in einem Jahr wieder kommen würden, was würden Sie uns dann berichten abgesehen von dem, was Sie eben angesprochen haben? Sagen Sie in einem Jahr „wir haben eine branchenabgestimmte Jahresarbeitszahl-Vereinbarung“ und „es hat sich etabliert“?

Krawinkel: Ja, davon gehe ich aus. Ich glaube, die Branche selbst hat großes Interesse daran, dass es gewisse Bereinigungen gibt, um die Marktchancen der Wärmepumpe in den Bereichen, wo sie sinnvollerweise eingesetzt werden kann, auch zum Vorteil des Verbrauchers zu erhöhen. Jede schlechte Nachricht, also jede schlecht installierte Wärmepumpe, die den Ruf der Technologie schädigt, ist im Prinzip eine zu viel. Und ich glaube, da haben wir einfach ein gemeinsames Interesse daran. Wir haben es schon einmal erlebt, dass Wärmepumpen in Misskredit geraten sind, und das wollen wir diesmal vermeiden. -

1) Das Gespräch führten Jochen Vorländer, Chefredakteur der Gentner Fachzeitschrift „TGA Fachplaner“, und Dr. Matthias Schmitt, Chefredakteur DIE KÄLTE + ­Klimatechnik am 17. März 2010 in Berlin.

2) Vgl. KK 3/2010, 30 ff.: „Wärmepumpen mit Flatrate?“

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