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ICe-Klimatechnik versagt den Dienst

Bis zum Kollaps

KK: Herr Dr. Adolph, unter welchen Voraussetzungen wurden die Klimaanlagen für die 2. ICE-Generation entwickelt? Was sollten die Anlagen maximal leisten können?

Adolph: Bei den Klimaanlagen für die ICE-2-Züge handelt es sich um Splitklima­anlagen mit dem Verdichter-Verflüssiger-Satz unter dem Wagen und dem Luftbehandler im Dach. Als technische Bedingung für die Auslegungstemperatur lag die Vorschrift des Internationalen Eisenbahnverbandes UIC Nr. 553 zugrunde, die für Mittel­europa mit 32 °C festgelegt war. Ende der 90er-Jahre wurde der Wert auf 35 °C ge­ändert, das wurde aber erst beim ICE 3 in der Ent­wicklung wirksam. Diese Temperatur bedeutet aber nicht, dass die Anlagen über 32 °C bzw. 35 °C nicht mehr funktionieren, sondern dass dann eine Leistungsabnahme eintritt. Die funktionelle Grenztemperatur liegt bei über 40 °C, als tatsächliche Grenze gilt der Schaltpunkt des Hochdruck­wächters. Wichtig ist noch, dass die Klimaanlagen jedes Wagens autonom arbeiten und nur insgesamt im ganzen Zug ausfallen, wenn die Energieversorgung insgesamt ausfällt.

KK: Welche Sicherungs-/Sicherheits-Features waren eingebaut, um im Notfall/Nichtfunktionsfall schnell und für das Wohlbefinden von Fahrgästen und Personal ad­äquat reagieren zu können?

Adolph: Bei den Problemen mit der Klimaanlage im ICE 2 mit der fast komplett ­kollabierten Schulklasse hat offensichtlich die Zufuhr der Zuluft nicht mehr funktioniert. Man kann annehmen, dass der Ventilatorantrieb ausgefallen ist. Das kann von der Steuerungselektronik über den Antriebs­motor bis zum mechanischen Teil des Ventilators alles Mögliche sein. Dann wird die vorgesehene Außenluftmenge von 20 m3/h und Person nicht mehr gefördert. In der Folge geht der Verdampfer in die Saugdruckabschaltung und das Klimagerät ar­beitet nicht mehr. Es fehlt also die Kühlung und die Luft­er­neuerung. Normalerweise tritt dann eine Notbelüftung über die Energieversorgung aus der Batterie mit einem verminderten Luftstrom für eine begrenzte Zeit ein. Aber das geht nur, wenn der Antrieb des Lüfters noch intakt ist. Wenn dieser Schaden eintritt, ist als Erstes vorgesehen, die Fahrgäste in einen anderen Wagen des Zuges zu eva­kuieren. Im Fall der Schulklasse ist das offenbar nicht geschehen. Zum technischen Problem kommt also noch menschliches Versagen des Zugpersonals hinzu. Die Fehler, die während der Fahrt mittels des ­Diagnosesystems erkannt oder vom Per­sonal eingegeben werden, meldet das System über Funk an das Depot, das den Zug ­während der Nacht wartet. Das Wartungspersonal weiß also beim Eintreffen des Zuges, an welchen Stellen gehandelt werden muss.

KK: Offenbar haben die (wartungs-)technischen Möglichkeiten im Ernstfall nicht gewirkt. Wie sollte die Bahn das Problem angehen?

Adolph: Seit dem Vorfall mit der Schulklasse werden laufend weitere Ausfälle aus allen IC- und ICE-Zügen bekannt, und es werden auch Erinnerungen an ähnliche Ausfälle aus der Vergangenheit publik. Ich denke, es wird anerkannt, dass ein hochbelastetes und komplexes System nicht die hundertprozentige Sicherheit des Funktionierens bietet. Es kommt aber darauf an, mit den Fehlern richtig umzugehen. In diesem Falle müsste bei einer Fehlerhäufung eine vorbeugende Wartung mit evtl. Austausch des kritischen Bauteils oder der Baugruppe erfolgen. Auch verschärfte Testläufe bei den extremen Bedingungen wären angebracht.

KK: Was lehren uns diese Ausfälle bei der Bahn? Gibt es Tipps Ihrerseits für das Kälte-Klima-Anlagenbauer-Handwerk?

Adolph: Es ist in unserer Branche bekannt, dass bei hohen Außentemperaturen die Betriebe der Kälte- und Klimatechnik nicht über Auftragsmangel klagen können. Es ist sozusagen eine ähnliche Situation wie bei den ICE-Zügen. Da treten dann verstärkt die Fehler auf, die ohnehin schon da waren, aber wegen der geringeren Last bei Normaltemperaturen noch nicht zum Vorschein gekommen sind. Das können verschmutzte Filter, verstopfte Wasserabläufe, Kältemittelmangel, verstellte Druckschalter oder ähnliche Sachen sein. Ich weiß, wie um Verträge für vorbeugende Wartung gefeilscht wird. Viele Betreiber verzichten aus Kostengründen auf eine fachgerechte vorbeugende Wartung und lassen nur die Havariereparaturen erledigen, dies aber möglichst sofort. Die Firmen unserer Branche sollten aber nicht nachlassen, um Verträge für vorbeugende Betreuung der Anlagen zu ringen. Andererseits muss die Wartung aber auch wirklich gründlich durchgeführt werden. SI / U. A. -

SI / U. A.

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