Im Verein Historische Kleinkälte Scharfenstein haben wir uns in den vergangenen zwei Jahren mit der Geschichte der Kältemittel befasst und einen neuen Ausstellungskomplex unter dem Gesichtspunkt der Wechselbeziehungen zwischen Kältemittel und Umwelt geschaffen. Die Arbeit dazu war eine durchaus spannende Sache, wurde doch von Anfang an erkannt, welchen wesentlichen Einfluss die jeweils verfügbaren Kältemittel auf die kältetechnische Maschinen- und Anlagenentwicklung hatten. Nachdem J. Perkins 1834 die erste Kompressionskältemaschine mit dem Kältemittel Diethylether geschaffen hatte, blieb der technische Fortschritt zunächst wegen der Brennbarkeit und der Explosionsneigung dieses Stoffes sehr begrenzt. Weitere wesentliche Entwicklungen folgten mit Ammoniak, Kohlenstoff- und Schwefeldioxid. Dichlorethan (1919, Carrier) und Methylchlorid als erste chlorhaltige Kältemittel leiteten den Sündenfall der Kältetechnik ein, der sich mit der massenhaften Produktion der Freone seit 1930 mehr und mehr ausweitete. Die Wende begann 1974 mit der Hypothese von Rowland und Molina, dass die Chlorfluorkohlenwasserstoffe die Ozonschicht angreifen und gipfelte im Montrealer-Protokoll von 1987. Dann wird 1997 mit dem Kyoto-Protokoll auch versucht, die klimaschädliche Wirkung der HFKW einzudämmen.
Mit diesen beiden Regulierungen wurde uns Kältetechnikern ein großer Teil unserer Arbeitsstoffe entzogen bzw. deren Handhabung streng vorgeschrieben. Eine Reduzierung der Verwendung der noch erlaubten Stoffe steht an. Neue Lösungen ohne diese Stoffe sind gefragt. Der Einsatz von Ammoniak ist mit wenigen Ausnahmen auf die Großkälte beschränkt. Kohlenstoffdioxid (R 744) hat seit den späten 1980er Jahren eine Renaissance erlebt und ist als Kaskadenkältemittel sowohl in der Großkälte als auch in Supermarktanwendungen etabliert. In dieser Anwendung steht auch Propan vor einem Erfolg.
Die R 744-Anwendung als Ersatzkältemittel für die Kraftfahrzeugklimatisierung wurde 15 Jahre lang vorbereitet, bis die Kältemittelindustrie einen neuen umweltverträglichen synthetischen Stoff entwickelte, das Tetrafluorpropen HFO1234yf, der aber brennbar ist und dessen Verbrennungsprodukte nicht ungefährlich sind. Seit diese Lösungsvariante öffentlich wurde, entwickelte sich ein Glaubensstreit um das Für und Wider von R 744 und Tetrafluorpropen, der schließlich mit der Festlegung der deutschen Automobilindustrie für den synthetischen Stoff entschieden, aber nicht beendet ist. Ableitungen von Stoffen für stationäre Anwendungen sind in Erprobung bzw. in Entwicklung.
Rückblickend können wir feststellen, dass die Umwälzungen auf dem Kältemittelgebiet in der jeweiligen Periode zu neuen technischen Lösungen geführt haben, die sich auch wirtschaftlich durchsetzen konnten. Das wird so weitergehen und momentan stehen wir mittendrin in so einer Periode. Die KK-Fachtagung am 26. Oktober 2011 sollte als Wegweiser dabei fungieren und konnte diese Erwartungen in weiten Teilen erfüllen. Lesen Sie dazu den Beitrag auf Seite 46 in dieser Ausgabe.
Ihr
Ulrich Adolph