Sicher gehört das Hartlöten in der Kältetechnik zu den grundlegenden Fertigkeiten, die jeder Anlagenmechatroniker lernen und beherrschen muss. Leider fehlt jedoch häufig die erforderliche Übung bei den Betrieben vor Ort, wie Jonas Heile, Fachlehrer bei der Norddeutschen Kälte-Fachschule (NKF), feststellt (Bild 1). Grund dürfte vor allem der Zeitdruck bei Projekten sein, die für solche Arbeiten den Einsatz eines erfahrenen Kälteanlagenbauers anstelle des Auszubildenden oft sinnvoller erscheinen lassen. Zum anderen werden die Betriebe den Einsatz unerfahrener Mitarbeiter für solche Arbeiten auch aus Sicherheitsüberlegungen scheuen, denn eventuelle Leckagen haben natürlich Aufwand und Kosten zur Folge.
Damit sich alle Auszubildenden dennoch eine entsprechende Qualifikation erarbeiten können, wird bereits im Grundlehrgang Kälte / Klima (GKK) im ersten Lehrjahr dieses Thema sowohl theoretisch als auch praktisch in der überbetrieblichen Ausbildung intensiv bearbeitet. Für die Gesellenprüfung Teil 1 (GP1), die etwa zwei Jahre nach dem Ausbildungsbeginn statt- findet und bereits 30 Prozent der Gesellenprüfung ausmacht, ist die Erstellung von kältetechnischen Bauteilen mit entsprechenden Lötvorgaben erforderlich. Direkt nach der GP1 erfolgt die Hartlöterprüfung – vorher wieder mit praktischen Übungen. Trotz der Vorbereitung in mehreren Ausbildungsteilen ist die Durchfallquote nicht zufriedenstellend, wie Schulleiter Kai-Uwe Prüß berichtet.
Die Schule überlegte sich deshalb, wie sie die Ausbildung verbessern kann. Ein wichtiges Problem ist die Prüfung der Lötverbindungen, denn nur ein qualifiziertes Feedback sorgt für einen optimalen Lerneffekt. Bislang erfolgte die Prüfung in der Lehrwerkstatt durch Aufsägen der Proben mit vier bis sechs Schnitten in Längsrichtung. Dieses Verfahren liefert nur Stichproben, ist zeitlich sehr aufwendig und zudem mit viel Schmutz verbunden. Bei der Hartlötprüfung durch die GSI SLV (Gesellschaft für Schweißtechnik International mbH – Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalten) kommt eine andere Prüfmethode zum Einsatz: Hier werden die Prüfungsstücke der Auszubildenden mit einem Röntgenverfahren analysiert und beurteilt.
Röntgenverfahren ist für den Schulalltag wenig geeignet
Die erste Überlegung der Schule war deshalb die Anschaffung eines solchen Röntgengeräts. Der Aufwand hierzu wäre aber unverhältnismäßig hoch geworden. Für den Betrieb solcher Anlagen sind separate Räume mit Abschirmung erforderlich und ein Strahlenschutzbeauftragter wäre ebenfalls zu bestimmen und auszubilden. Die Idee der Schule war deshalb, ein Ultraschallverfahren zu adaptieren, das zur Prüfung von Schweißnähten bereits etabliert ist. Mit Olympus hat die Schule einen geeigneten Industriepartner für die Entwicklung eines neuen Mess- und Prüfverfahrens gefunden.
Die Qualitätsmessung mit Ultraschall funktioniert nach dem Impuls-Echo-Verfahren. Innerhalb eines Ultraschallkopfes wird ein Schallimpuls über ein Piezoelement erzeugt. Dieser Impuls bewegt sich in fluiden Medien oder in Metallkörpern geradlinig mit der jeweiligen Schallgeschwindigkeit. Trifft er auf einen Phasenübergang, wird ein Teil der Schallwellen reflektiert, der andere dringt in den angrenzenden Stoff ein. Durch die Reflexion der Schallwellen am Phasenübergang entsteht ein Echo, das der Ultraschallkopf nach entsprechender Laufzeit misst.
Wird ein Ultraschallkopf auf ein massives Metallstück gesetzt, so registriert dieser nach sehr kurzer Zeit ein erstes Echo, das vom Eintritt in das Metallstück herrührt, das sogenannte Eingangsecho. Nach einer gewissen Zeit, und zwar nach der doppelten Laufzeit des Schalls durch das Metallstück, erkennt der Ultraschallkopf eine zweite, schwächere Schallwelle, das Rückwandecho. Weitere Echos folgen, weil der Schall innerhalb des Werkstücks mehrfach reflektiert wird, sich aber durch Streuung und den Transmissionsteil immer weiter abschwächt.
Ist in dem Werkstück nun ein Fehler in Form eines Lunkers oder Materialfehlers, so entsteht zwischen dem Eingangsecho und dem Rückwandecho ein weiteres Echo, das Fehlerecho (Bild 2). Bei der Prüfung einer hartgelöteten Rohrverbindung sollten bei einer guten Lötstelle keine Fehlerechos bei der Durchdringung von Muffe – Lot – Rohr auftreten. Ist die Lötstelle fehlerhaft, dann wird der Ultraschallkopf weitere Echos am nicht mit Lot verfüllten Spalt zwischen den Rohren feststellen.
Fehlerarten bei hartgelöteten Rohrverbindungen
Die Beurteilung der Qualität von Lötverbindungen erfolgt durch die statistische Auswertung vieler Einzelmessungen. Die Forderung lautet, dass mindestens 80 Prozent der gelöteten Fläche mit Lot ausgefüllt sein müssen. Darüber hinaus müssen auch Durchflussfehler ausgeschlossen werden. Das heißt, dass zwischen einem längeren Spalt und der Außenluft mindestens 2 mm der Rohrüberlappung mit Lot gefüllt sein müssen. Das sorgt für die Dichtigkeit der Verbindung. Die Festigkeit ist dabei durch die 80 Prozent Füllung insgesamt sichergestellt.
Um eine schnelle und detaillierte Auswertung zu ermöglichen, hat die Schule die Anwendung eines Phased-Array-Systems für gelötete Rohrverbindungen geprüft (Bild 3). Dieses in der Medizin weit verbreitete Verfahren ermöglicht Querschnittsbilder von Organen auf der Grundlage von Ultraschallmessungen mit linear angeordneten Impuls- und Echoköpfen sowie einer komplexen Hard- und Software zur Aufbereitung der Daten. In der Industrie wird dieses Verfahren in der letzten Zeit ebenfalls immer häufiger für Schweißnahtprüfungen, die Risserkennung oder Haftprüfung sowie zur Erstellung von Dickenprofilen eingesetzt.
Für die Anwendung in der Werkstatt der Schule wird das zu untersuchende Rohr-stück in eine von der Schule speziell dafür konstruierte Prüfvorrichtung gelegt, die für ein kontinuierliches Weiterdrehen der Probe im Wasserbad während der Ultraschallmessungen sorgt (Bild 4). Das Ultraschallprüfgerät bereitet die Einzelmessungen grafisch auf, sodass die Auszubildenden unmittelbar nach den Messungen die Qualität ihrer Lötverbindung sehen und mit ihren Ausbildern beurteilen können. Laut Aussage von Jonas Heile dauert der Messvorgang bei einem Rohrdurchmesser von 35 mm ungefähr 10 Sekunden. Als Vorbereitung müssen von der Lötstelle lediglich Oxide und Flussmittelrückstände entfernt werden. Auch Unebenheiten durch Lotreste (Nasen) sind abzuschleifen, um eine gleichmäßige Oberfläche zu erhalten.
Damit ist dieses Verfahren so schnell, dass es für den Schulbetrieb einsetzbar wird. Weitere Vorteile sind die Visualisierung sowie die Möglichkeit der Positionsbestimmung der Fehler. Durch die zeitnahe Überprüfung der Objekte kann der Hartlöter auch gut Rückschlüsse auf eventuelle Handhabungsfehler ziehen.
Qualifizierte Fehleranalysen durch Ultraschallmessung
Bei der Ultraschallmessung der Norddeutschen Kälte-Fachschule entsteht ein vollständiges Bild der Lötqualität auf dem Display des Auswertegerätes (Bilder 5 bis 7). Das untere Feld zeigt die gesamte Rohroberfläche als Abwicklung. Die blauen Bereiche sind in Ordnung, fehlerhafte Bereiche sind gelb bis rot eingefärbt. Die 80 Prozent Füllungsgrad können durch rechnerische Auswertungen geprüft werden und lassen sich auch visuell gut erfassen. Ebenso lässt sich die 2-mm-Mindestbreite zwischen einem eventuellen Spalt und der Umgebung prüfen. Die oberen Felder stellen rechts die Echos einer Einzelmessung in axialer Richtung dar. Links oben sind einzelne Echo-Peaks für detaillierte Prüfungen dargestellt.
Der erste Screenshot des Auswertegeräts zeigt eine ordnungsgemäße Lötstelle. Im zweiten Screenshot ist ein Füllfehler dargestellt. Die roten/gelben Bereiche in der unteren Hälfte der Abwicklung stellen die Füllfehler innerhalb einer Seite der Muffe dar. Somit wurde eine Seite der Muffe ordnungsgemäß gelötet, während bei der anderen Seite die Wärmeführung bzw. Lotmenge nicht ausreichend war.
Die Schwierigkeit bei der Prüfung ist, dass jede Lötnaht gegen die Schwerkraft ausgeführt werden muss, wodurch kleine Fehler bei der Brennerhaltung und Vor-arbeit den Unterschied im Ergebnis ausmachen. Im dritten Screenshot ist schließlich ein Durchflussfehler darge-stellt. Bei der sonst guten Lötstelle verläuft ein Fehlerbereich fast durchgängig von unten nach oben. Das könnte darauf hinweisen, dass diese Stelle beim Löten auf der Rückseite des Schraubstocks gewesen ist, wo es schwieriger ist, mit dem Lot hinzukommen.
Die Beispiele zeigen, dass der Ausbilder vor allem systematische Ausführungsfehler beim Hartlöten problemlos erkennt. Entsprechend können die Auszubildenden ihre Arbeitsweise korrigieren. Schulleiter Kai-Uwe Prüß erwartet deshalb eine nachhaltige Verbesserung der Leistungen beim Hartlöten: In die Entwicklung des Prüfverfahrens haben wir einen mittleren fünfstelligen Betrag und ungefähr 10 Mannwochen an Arbeitszeit investiert. Ich denke aber, dass wir mit diesem Projekt unsere Investitionsmittel, die wir aus den Lehrgangsgebühren erwirtschaften, zur Verbesserung der Ausbildung sehr gut angelegt haben.“
Die Prüfanlage ist seit Juni 2017 nach knapp zwei Jahren Planungs- und Entwicklungsarbeit in Betrieb. Da sie auch für Inhouse-Ausbildungen der NKF eingesetzt werden soll, wurde bei dem Entwurf und der Entwicklung der Prüfvorrichtung auf einen kompakten Aufbau Wert gelegt. Die konstruktive Umsetzung mittels CAD-Programm und die Auswahl der notwendigen technischen Komponenten wurden durch den Dozenten Jörg Fischer mit großem Engagement erbracht.
Jonas Heile,
Dozent an der Norddeutschen Kälte-Fachschule, Springe
Uwe Bolz,
Redakteur bei idpool, Stuttgart