LIK: Sabrina, du hast eine Ausbildung zur Mechatronikerin für Kältetechnik gemacht. Wie hast du von diesem relativ unbekannten Beruf erfahren und warum hast du dich dafür entschieden?
Sabrina Fünkner: Ich bin gewissermaßen erblich vorbelastet. Ich kenne den Beruf schon von Kindesbeinen an, weil meine Eltern einen Kälte-Klima-Fachbetrieb im hessischen Hanau führen. Trotzdem war für mich nicht gleich klar, dass ich in ihre Fußstapfen treten will. Eigentlich wollte ich Pilotin bei der Lufthansa werden. Das hatte zu dem Zeitpunkt aber nicht funktioniert. Nach dem Abi habe ich dann erst einmal ein Praktikum im elterlichen Betrieb gemacht. Und gleich am ersten Tag habe ich gemerkt: Das ist etwas für mich. Der Job macht Spaß, ist abwechslungsreich, man hat mit unterschiedlichsten Kunden und Anwendungen zu tun.
LIK: War es schwierig für dich, die eigenen Eltern als Chefs zu haben?
Sabrina Fünkner: Wir haben zwar ein sehr gutes Verhältnis und in dem Praktikum bei ihnen gab es auch keine Probleme. Für die Ausbildung habe ich mich dann aber doch entschieden, in einen anderen Kälte-Klima-Fachbetrieb zu gehen. Das würde ich auch allen empfehlen, die die Möglichkeit hätten, in der Firma ihrer Eltern zu arbeiten. Erst mal anderswo flügge werden, über den Tellerrand hinausschauen und sich beweisen müssen – ohne den Sonderstatus als Tochter. Das hat gutgetan.
LIK: War es schwierig für dich, einen passenden Betrieb für die Ausbildung zu finden?
Sabrina Fünkner: Ich hatte es mir tatsächlich einfacher vorgestellt, einen Ausbildungsplatz zu finden. Ich habe anfangs einige Absagen auf meine Bewerbungen bekommen. Bei manchen Inhabern gab es offensichtlich Vorbehalte, eine junge Frau einzustellen, weil sie fürchteten, dass ich als Frau rein körperlich nicht dazu in der Lage wäre, den Job auszuüben. Das sehe ich – und zum Glück viele Inhaber heutzutage gleichermaßen – aber anders. Bei den allermeisten Tätigkeiten im Kälteanlagenbauerhandwerk ist es völlig egal, ob man Muskeln hat oder nicht – Grips zu haben ist viel wichtiger. Wer körperlich halbwegs fit ist als Mädchen und keine Scheu davor hat, auch mal richtig anzupacken, ist „in der Kälte“ bestens aufgehoben. Ein „Handwerk“ im wahrsten Sinne des Wortes ist es natürlich trotzdem. Ich war aber als Jugendliche schon Meisterin im IKEA-Schrank-Aufbauen – das waren wohl beste Voraussetzungen (lacht).
LIK: Wie bist du in der Ausbildung mit den Lerninhalten klargekommen? Warst du durch die Schule gut auf eine technisch geprägte Lehre vorbereitet?
Sabrina Fünkner: Ich hatte anfangs tatsächlich etwas Angst, ob ich das packe. Auf der Realschule hatte ich zwar in Mathe und Physik eine 2 auf dem Zeugnis, nach dem Wechsel in die Oberstufe war ich aber nicht mehr die Beste in Mathe; und Physik und Chemie hatte ich sogar schon früh abgewählt. Letztlich war es in der Lehre aber kein Problem und ich habe einen sehr guten Abschluss gemacht. Den Jungs habe ich sogar Nachhilfe gegeben. MINT-Vorkenntnisse sind sicher hilfreich, aber ich habe es ja selbst erlebt, dass man es auch so packt, wenn man sich etwas anstrengt. Durch die große Praxisnähe in der Ausbildung machen Mathe und Physik auch viel mehr Spaß als in der Schule und man versteht die Zusammenhänge viel besser.
LIK: Wie ging es nach der Lehre für dich weiter?
Sabrina Fünkner: Nach der erfolgreichen Ausbildung bin ich im Sommer 2018 zurück in den elterlichen Betrieb gegangen, wo ich seit Anfang 2024 mittlerweile auch als Geschäftsführerin tätig bin. Und dort wurde ich auch gleich ins kalte Wasser geworfen, denn außer meinen Eltern gab es keine anderen Angestellten. Da musste ich also richtig ran und entsprechend früh Verantwortung übernehmen. Dadurch habe ich aber viel gelernt. Im Januar 2019 habe ich meine Meisterausbildung – in Teilzeit neben der Arbeit im Betrieb – an der Bundesfachschule Kälte-Klima-Technik in Maintal bei Frankfurt angefangen und im November 2020 erfolgreich die Prüfung abgelegt. Durch meinen sehr guten Abschluss in der Lehre wurde ich in dieser Zeit durch ein Weiterbildungsstipendium aus dem Förderprogramm der Bundesregierung „Begabtenförderung berufliche Bildung“ unterstützt. Im Meisterkurs war ich zwar die einzige Frau, was mich aber nicht gestört hat – ich wurde behandelt wie alle anderen auch und habe in Maintal viele Freunde (und sogar meinen Partner) fürs Leben gefunden. Ein Dozent hat mir übrigens erzählt, dass er den Eindruck hatte, dass es das Lernklima gefördert habe, dass ich im Meisterkurs war. Die Männer hätten sich in Anwesenheit einer Frau deutlich zivilisierter verhalten.
LIK: Der Beruf des Kälteanlagenbauers ist nach wie vor eine Männerdomäne und am Bau herrscht sicher ein etwas derberer Umgangston. Wie bist du als junge Frau damit klargekommen bzw. umgegangen?
Sabrina Fünkner: Es stimmt leider, dass sich viel zu wenige Frauen für meinen Beruf interessieren. In meinem Jahrgang gab es an der Berufsschule nur noch zwei andere Frauen – dieses Interview hilft hoffentlich, dass sich das ändert, denn es gibt absolut keinen Grund, warum man im Kälteanlagebauerhandwerk nicht auch als Frau bestens klarkommen sollte. Einen zu derben Umgangston habe ich auf Baustellen nicht feststellen können. Klar gibt es auch entsprechende Blicke, wenn man als junge Frau auf einer Baustelle erscheint – die gibt es aber (leider) überall. Aber blöde Sprüche unter der Gürtellinie habe ich keine erlebt. Ganz im Gegenteil: Ich habe die meisten Männer als echte „Kavaliere am Bau“ kennengelernt, die mir manchmal fast zu viel helfen wollten. Mit einer guten Portion Selbstbewusstsein und einem manchmal etwas dickeren Fell, einer gewissen Schlagfertigkeit und Humor schlägt man sich als Frau unter Männern hervorragend.
LIK: Welche Tipps würdest du Mädchen gerne noch mitgeben, die sich für die Ausbildung zur Mechatronikerin für Kältetechnik interessieren?
Sabrina Fünkner: Handwerklich begabt sollte man schon sein und auch bereit sein, viel unterwegs zu sein und sich ständig auf neue Kunden und technische Herausforderungen einzulassen. Es ist ein komplexer, aber hochspannender und absolut krisensicherer Beruf. Ich rate allen, vor einer Ausbildung ein Praktikum zu machen, um zu sehen, ob einem die Tätigkeiten Spaß machen – am besten im möglichen Ausbildungsbetrieb, denn dann sieht man gleich auch, ob auch die zwischenmenschliche Beziehung zum Chef und/oder zum Ausbilder stimmt. Mein Appell an alle Schülerinnen: Traut euch was zu und zeigt es den Jungs, dass wir uns als Frauen auch in vermeintlichen Männerberuf bestens behaupten können!■
Das von Christoph Brauneis (Landesinnung Hessen-Thüringen/Baden-Württemberg) geführte Interview ist zusammen mit einer Beschreibung des Berufsbilds „Mechatroniker/in für Kältetechnik“ auch in der Broschüre „missING - Junge Frauen in MINT“ anlässlich des „Girls’Day“ am 25. April 2024 erschienen. Die Broschüre wird an Schülerinnen von Abschlussklassen verbreitet und liegt in Berufsinformationszentren aus. Mit der Broschüre sollen junge Frauen auf Berufe im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich aufmerksam gemacht werden. Die Vorstellung von weiblichen Rollenvorbildern soll dazu dienen, dass sich mehr Mädchen für „männerlastige“ Berufe interessieren.